
Misereor ruft zu verstärkten Anstrengungen auf, um UN-Nachhaltigkeitsziel näher zu kommen
(Aachen, 23. Januar 2025) Vor dem morgigen Internationalen Tag der Bildung hat Misereor zu verstärkten Anstrengungen aufgerufen, um mehr Menschen hochwertige Schulabschlüsse und zukunftsgerichtete berufliche Qualifikationen zu ermöglichen. „Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten global beachtliche Erfolge bei der Bildungsförderung erzielt worden sind, gilt es nun, Rückschläge aus der Zeit der Corona-Pandemie wettzumachen und weiter bestehende Missstände zu beseitigen“, fordert Misereor-Geschäftsführer Bernd Bornhorst. Letzteres habe die Weltgemeinschaft 2015 bei der Verabschiedung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG) bis zum Jahr 2030 zugesagt. SDG-Ziel 4sieht vor, eine „inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung zu gewährleisten und Möglichkeiten für lebenslanges Lernen für alle zu fördern“.
Nach Angaben von Thorsten Nilges, Fachreferent für berufliche Bildung und Kleingewerbeförderung in der Afrika-Abteilung von Misereor, gibt es zwar auf dem afrikanischen Kontinent einen bemerkenswerten Fortschritt bei der Zahl der Schulabschlüsse. Dennoch werde oft vergessen, dass viele der ärmsten Länder solche Daten kaum erheben können und daher kein eindeutiges Bild der Gesamtlage vorliegt.
Rückschläge durch Covid 19
Nicht zuletzt durch Covid-19 drehte der positive Trend in einigen Bereichen wieder ins Negative: 107 Millionen Kinder und Jugendliche gingen in Afrika zuletzt nicht in eine Schule. Aus einem Bericht, der unter anderen von der UNESCO und der Afrikanischen Union vorgelegt wurde, geht hervor, dass Afrika zur Erreichung des SDG-Ziels 4 jährlich 77 Milliarden Euro fehlen. Zahlreiche Staaten des Kontinents können diese Lücke auch deshalb nicht schließen, weil ihre Haushalte durch die Rückzahlung hoher Schuldenstände zu wenige Spielräume bieten. Bornhorst ruft vor diesem Hintergrund staatliche und private Gläubiger zu mehr Entgegenkommen auf. Es müsse deutlich stärker in die Qualität von Schulbildung investiert werden. Gleichzeitig gelte es, der Mangel- und Unterernährung zu begegnen, durch deren Folgen Kinder und Jugendliche häufig nicht in der Lage seien, normal zu lernen und einen Schulabschluss zu schaffen. Besonders südlich der Sahara ist der Bildungsmangel eklatant: Fast 87 Prozent der dort lebenden Kinder im Alter von zehn Jahren haben massive Lerndefizite und können zum Beispiel einfache Texte nicht hinreichend lesen oder verstehen.
„Dieser Mangel hat erhebliche Auswirkungen“, betont Nilges. „Wer nicht gut lesen, schreiben oder rechnen kann, hat keine Chance auf ein selbstständiges Leben, ihm droht Bevormundung. Investitionen in Bildung sind auch deshalb so wichtig, weil sie Wege aus der Armut ebnen und Grundlage sind nicht nur für genügend Einkommen zum Leben, sondern auch für politische Teilhabe und das Wissen über die eigenen Rechte.“
Auf Erfolgen nicht ausruhen
Die Bedeutung des letztgenannten Punktes unterstreicht Kira Häring, Misereor-Bildungs-Beraterin in Südafrika: „Ohne ein solches geschärftes politisches Bewusstsein wären die Jugend-Proteste Mitte 2024 in einem Land wie Kenia nicht denkbar gewesen.“ Hier hatte der massive Widerstand gegen die Politik der Staatsregierung dazu geführt, dass die Bedürfnisse junger Menschen von der Regierung und der internationalen Politik stärker in den Blick genommen wurden.
„Das Nachhaltigkeitsziel 4 der Vereinten Nationen wird in Afrika nur erreicht werden, wenn die internationale Gemeinschaft sich nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruht“, mahnt Bornhorst. „Die Zahl der Kinder mit abgeschlossener Grundschulausbildung ist zum Beispiel seit dem Jahr 2000 von 52 auf 69 Prozent angestiegen. Es ist empirisch belegt, dass dies ein Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft ist, welche in den 1990ern und 2000er Jahren explizit Bildungsmaßnahmen gefördert hat. Hieran gilt es anzuknüpfen.“