Im Laufe der Geschichte der Missionare von Mariannhill gab es immer wieder Männer mit herausragenden Talenten
Pater Konrad Atzwanger (1893 - 1987) Von Südtirol nach Südrhodesien
Pater Konrad AtzwangerVon 94 Lebensjahren hatte er 64 in Afrika verbracht, genauer gesagt in Simbabwe, das zu der Zeit, als er es erstmals betrat, noch Südrhodesien hieß.
Pater Konrad wurde am 30. Januar 1893 in Brixen geboren, damals noch Teil der k. u. k. Monarchie Österreich. Der Vater war Finanzbeamter; die Familie musste öfters umziehen; so verbrachte Konrad, das siebte Kind in der Familie, seine Kinder- und Jugendjahre an verschiedenen Orten, unter anderem auch in Rankweil, Feldkirch/Vorarlberg und Hall/Tirol.
An die Jahre daheim in der Familie erinnerte sich Pater Konrad auch noch nach Jahrzehnten sehr gerne: "Im Winter spielten wir Theater; im Fasching wurde eine Familienzeitung angefertigt; doch am allerliebsten waren für uns Kinder Spaziergänge und Bergtouren. Dabei wurden Käfer, Schmetterlinge, Pflanzen und Mineralien gesammelt … Zusammen mit meinem anderthalb Jahre älteren Bruder unternahm ich auch längere Fußtouren durch Tirol und Italien."
Der ältere Bruder studierte Theologie; beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig zur Armee und fiel in Galizien (Russland). Zwei Schwestern traten Ordensgemeinschaften bei, eine bei den Englischen Fräulein, eine bei den Mariannhiller Missionarinnen. Konrad selbst folgte dem Beispiel seines Bruders, studierte in Innsbruck Theologie und wurde am 26. Juni 1917 im Brixener Dom zum Priester geweiht. Seine erste Anstellung als Kooperator war in Prettau im Ahrntal, 1470 Meter hoch gelegen.
Von Missionszeitschriften angeregt
Der Gedanke, in die Mission zu gehen, war bei Konrad Atzwanger schon sehr früh vorhanden; wahrscheinlich hatte ihn der ältere Bruder schon angeregt. Da in der Familie mehrere Missionszeitschriften gelesen wurden, wurde auch Pater Konrad schon sehr früh für diese Idee gewonnen. 1921 meldete er sich bei seinem Bischof und bat um Erlaubnis, einem Missionsorden beitreten zu dürfen. Er hatte es im Konvikt schon vorgehabt, doch man riet ihm, den Krieg abzuwarten. Im Priesterseminar hatte er sich schon als Mitgründer eines lokalen "Missionsvereins" betätigt. Die Lektüre der Mariannhiller Zeitschriften und der "Katholischen Missionen" (Zeitschrift der deutschen Jesuiten) war es dann, die die Richtung wies. Der jugendliche Kooperator meldete sich 1922 zum Noviziat bei den Mariannhillern in Sankt Paul/Holland. Nach der Probezeit fuhr er mit weiteren jungen Klerikern nach Südafrika; am 29. Dezember 1923 traf die Gruppe in Mariannhill ein; wenige Wochen später ging's weiter nach Triashill in Südrhodesien; am 23. Februar 1924 traf er auf der Station ein. Hier holte er sich die ersten Sporen in der praktischen Missionsseelsorge. Autos und Motorräder gab es damals auf den Stationen noch keine; die weiten Wege wurden "per pedes apostolorum" zurückgelegt. Vorbild für den jungen Pater war damals Bruder Ägidius Pfister, der "Wandermönch von Triashill", ein im Rufe der Heiligkeit stehender Mariannhiller Missionar.
1926 wurde Pater Konrad Rektor von Triashill; zusammen mit Bruder Ägidius sandte er die ersten schwarzen Buben der Mashonaland-Mission ins Kleine Seminar nach Ixopo/Natal und die ersten schwarzen Mädchen zu den Assisi-Schwestern; beide Institute waren Gründungen von Bischof Adalbero Fleischer, der bis 1920 Missionar und Rektor von Triashill gewesen war.
Steiniger Weinberg in Matabeleland
Mit dem "Umzug" der Mariannhiller von Mashona- nach Matabeleland (1929/30), der durch den Tausch der Missionsgebiete zwischen Jesuiten und Mariannhillern auf Anordnung Roms erfolgte, kam Pater Konrad nach Embakwe; am 14. April 1930 traf er dort ein. Es war eine völlig andere Station, in völlig anderer Umgebung; auch die Menschen waren ganz anders als die Mashona. Die blühende Gemeinde, die er in Triashill zurückgelassen hatte, suchte er hier vergebens. Trotzdem ließ er sich nicht entmutigen; er hatte viele Zukunftspläne.
1932 wechselte er allerdings wieder die Station; jetzt wurde er Rektor in der benachbarten Empandeni-Mission, der ältesten katholischen Station des Landes; sie war 1887 von den Jesuiten begonnen worden.
Unter seiner Amtszeit wurde ein großer Staudamm fertiggestellt; Empandeni entwickelte sich zur Schulzentrale der Diözese Bulawayo; die Werkstätten standen unter der Leitung von Mariannhiller Brüdern.
1950 fing Pater Konrad mit dem Aufbau der Regina Mundi-Station am Gwaaifluss an; hier ließ er nach dem Muster des Negerkrals eine Rundkirche errichten – ein Schmuckstück Matabelelands.
1962 übernahm er Brunapeg, eine ehemalige Außenstation von Empandeni, und baute auch hier, wo bereits ein großes Missionskrankenhaus stand, eine moderne Kirche. Anhaltende Dürren in dieser Region verursachten immer wieder Armut und Not. Pater Konrad war stets zum Helfen bereit. Er selbst lebte anspruchslos und bescheiden; er erwartete dies auch von denen, die mit ihm arbeiteten.
Vom "Ruhestand" zurück nach Mashonaland
Pater Konrad war bereits 76 Jahre alt, als er seinem Bischof die Bitte vortrug, ihn in "Ruhestand" zu entlassen. Er wurde jetzt Kaplan in St. Luke´s Mission, wo eines der größten Missionshospitäler der Diözese stand. Vorübergehend (1977) ging er auf Wunsch des Bischofs noch einmal nach Brunapeg zurück; es war zur Zeit des Buschkrieges. Weil es fast unmöglich wurde, die Außenstationen zu besuchen, trug er sich damals mit dem Gedanken, nach Europa zurückzukehren. Aber da holten ihn die Mariannhiller Missionsschwestern als Spiritual für die schwarzen Novizinnen nach Monte Cassino/Macheke.
Monte Cassino war 1902 von Mariannhiller Mönchen gegründet worden. Pater Konrad kannte die Station aus seiner Zeit in Triashill. Er war also wieder dort "gelandet", wo er 1924 begonnen hatte. Und er blieb in Macheke bis zum Jahresende 1986. Er war geistig rege und an allem interessiert, was sich in Welt und Kirche tat. Bis in sein hohes Alter sammelte er seltene Pflanzen, Steine und Schmetterlinge.
Gerne erzählte er auch aus der Frühzeit seines missionarischen Wirkens. Dass der erste schwarze Priester aus Matabeleland (Father Bernard Ndlovu) durch ihn zum Priestertum gekommen war, erwähnte er nur nebenbei. Mit Dankbarkeit auf sein langes Leben zurückblickend, sagte er einmal: "Gleich nach der Geburt wäre ich beinahe verblutet; später war ich ein zweites Mal dem Tode nahe, auch wegen einer Kinderkrankheit. So dachte ich mir manchmal, es müsste doch etwas Nützliches und Brauchbares aus mir geworden sein, sonst hätte mich Gott sicher schon als Kind sterben lassen!"
Pater Konrad wurde zuletzt von den Mariannhiller Schwestern in Queen's Park/Bulawayo gepflegt; dort starb er am 23. Januar 1987, eine Woche vor seinem 94. Geburtstag. Auf dem Friedhof von Bulawayo fand er seine letzte Ruhe.
Bruder Juvenalis Blasius Bandel (1909 - 1986) Ein Pfundskerl von einem Mitbruder
Bruder Juvenalis BandelFast 45 Jahre hatte er auf der großen Missionszentrale Mariazell/Transkei gearbeitet, da machte ihm ein Herzinfarkt den weiteren Verbleib unmöglich. Die Ärzte rieten zur Rückkehr in die Heimat. "So habe ich meine Oberen gebeten, in Reimlingen bleiben zu dürfen. Somit habe ich ein Heim gefunden, wofür ich sehr dankbar bin." Diese Sätze stehen im selbstgeschriebenen Lebenslauf des Bruder Juvenalis. Sie lassen etwas von seiner Haltung als Ordensmann spüren.
Bruder Juvenalis wurde am 26. Dezember 1909 in Monheim/Schwaben geboren. Als 16jähriger meldete er sich bei den Mariannhillern, legte 1929 seine Ordensprofess ab und reiste 1933 nach Südafrika. Seine erste und einzige Station war Mariazell am Fuße der Drakensberge. Hier arbeitete er noch mit Pater Bernhard Huss zusammen, später mit Pater Reginald Weinmann (von 1932 bis 1948 Generalsuperior der Mariannhiller) und auch mit Pater Fridolin Züger (seit 1979 Generalsuperior). Mariazell war nicht nur Modell und Musterfarm, sondern auch wichtiges katholisches Schulzentrum (mit Volksschulen, Mittelschulen und Lehrerseminar). Die Station war weitgehend Selbstversorger; fast alles musste vor Ort erzeugt bzw. angebaut werden. So hatte die Station einen eigenen Staudamm, eine Mühle, einen Generator u.v.m. Die Aufgabe von Bruder Juvenalis war es, für die vielen Schülerinnen und Schüler der Station Lebensmittel zu besorgen. Diese Arbeit verrichtete er bis 1978, als er seinen zweiten Heimaturlaub antrat. Die neu auftretenden Herzbeschwerden machten einen weiteren Missionseinsatz unmöglich. So fand Bruder Juvenalis in Reimlingen einen neuen "Job" und ein neues Heim.
Wie ein abgebrochener Baum noch einmal Wurzeln schlägt, so fing Bruder Juvenalis von neuem an. Frühmorgens war er einer der ersten in der Kapelle; wenn möglich, nahm er an zwei heiligen Messen teil und war oft auch tagsüber zu Besuch vor dem Allerheiligsten. Fast immer glitt der Rosenkranz durch seine Finger – aber nie auffällig; immer bescheiden und zurückhaltend.
Bei Tisch sorgte er wie ein Hausvater für alle mit. Wer gern Suppe aß, für den hatte er einen Suppenteller bereitgestellt; wer gern Tee trank, der fand eine Tasse auf seinem Platz vor, und wer abends mal später von einer Aushilfe heimkehrte, für den hatte der gute "Hausgeist" immer noch etwas zurückgestellt. Hungrig musste keiner zu Bett gehen oder das Haus verlassen.
In der Freizeit spielte er leidenschaftlich gern Skat, und es machte ihm Spaß, seine Mitspieler zu bluffen. Er war ein Mitbruder, den man einfach gernhaben musste. Einer sagte einmal von ihm: "Ein Pfundskerl, dieser Juvenalis!" Es war ein großes Lob.
Als er starb, trauerte die Hausgemeinschaft von Reimlingen um einen liebenswerten und gütigen Mitbruder. Alle, die ihn kannten, schätzten seinen feinen Sinn für Humor, aber auch seine kernige Frömmigkeit. Sie werden noch lange an ihn denken, an diesen "Pfundskerl" von einem Klosterbruder!
Bruder Juvenalis starb am 29. Dezember 1986 und wurde auf dem Klosterfriedhof in Reimlingen begraben.
Pater Godehard Max Baumeister (1907 - 1978) Der gute Mensch von Rottensdorf
Pater Godehard BaumeisterEr war schon 20 Jahre alt, als er sich für den Priesterberuf entschied. In Rottensdorf/Niederbayern war er am 6. April 1907 zur Welt gekommen; seine Ordensprofess legte er 1933 ab, nachdem er zuvor in mühsamen Jahren die Gymnasialstudien nachgeholt hatte. Die Priesterweihe empfing er am 29. Juni 1937. Danach war er Lehrer und Erzieher in Sankt Paul/Holland, nach dem Krieg in Reimlingen. Dazwischen, von 1943 bis 1945, nahm Pater Godehard als Sanitäter am Kriegsgeschehen teil; er wurde zweimal verwundet.
Von Reimlingen aus betreute er mehrere Schwesternkonvente, war Beichtvater für Priester und Ordensleute in der Diözese Augsburg und half seelsorgerlich aus, wo immer man ihn brauchte. Was er für die Gemeinde Birkhausen getan hat (Predigt, Beichtstuhl usw.), weiß Gott allein. Der Bischof von Augsburg wusste wohl um seine Verdienste in der außerordentlichen Seelsorge; er ernannte den Mariannhiller Pater zum Bischöflichen Geistlichen Rat.
Pater Godehard war ein verständnisvoller Oberer (im Missionshaus, im Seminar und zuletzt in Mönchsdeggingen). Er sah (fast) alles, aber übersah viele unwichtige Dinge um des Friedens willen. Immer war er auf das Wohl seiner Mitbrüder bedacht. Unbedenklich setzte er seine Kräfte (wörtlich!) in den Dienst der Gemeinschaft. Güte und Zuvorkommenheit kennzeichneten seine priesterliche Haltung.
Als er nach einer Magenoperation zwar entlassen wurde, aber keine wesentliche Besserung verspürte, wusste er wohl um sein Los. Er war bereit, sein Leben dem Schöpfer zurückzugeben. Es war ein Leben voller Anstrengungen und Mühen; der Einsatz war total. Er war gespeist aus der Überzeugung, dass Gott mit denen ist, die sich seinem Dienst verschreiben.
Pater Godehard, "dieser gute Mensch", war ein Segen für viele, nicht zuletzt für die Mariannhiller Gemeinschaften.
Pater Willibrord Josef Binder (1882 - 1980) Liebevollerweise nannten sie ihn Moses
Pater Willibrord BinderAls er geboren wurde, am 4. Dezember 1882, waren es noch knappe vier Wochen bis zur Gründung der Missionszentrale Mariannhill bei Durban am Indischen Ozean. Vielleicht war dies mit ein Grund, warum seine Mitbrüder ihn später auf liebevolle Weise Moses nannten. Lange Jahre war er der Älteste unter ihnen; wie ein alttestamentlicher Patriarch schien er die Verbindung hin zur Gründerzeit zu verkörpern. Abt Franz Pfanner lebte noch, als Pater Willibrord in Südafrika eintraf (im November 1908), aber nur noch wenige Monate. Bei der Beerdigung Pfanners auf dem Klosterfriedhof von Mariannhill war Binder als junger Kleriker dabei – im Mai 1909. Fünf Jahre später wurde er zum Priester geweiht. Bevor er sich entschloss, Trappisten-Missionar zu werden, hatte Pater Willibrord eine kaufmännische Ausbildung gemacht; auch beim Militärdienst hatte er einige Zeit verbracht und war zum Offizier befördert worden. Gerne erzählte er in seinen alten Tagen von jener Zeit; neben den Soldatengeschichten waren es Erlebnisse als Jägersmann, die er gerne von sich gab: „Jeder Schuss war ein Volltreffer“, behauptete er schmunzelnd, war aber gar nicht böse, wenn seine Mitbrüder mitunter seinem Jägerlatein nicht so ganz trauten.
Und wenn er auf die frühen Jahre der Missionszentrale zu sprechen kam, dann war er auch nach 70 Jahren noch Feuer und Flamme. Er erzählte voller Stolz, dass der berühmte Pater Willibald Wanger sein Magister und Sprachlehrer gewesen sei. (Auf Wanger gehen viele der frühen Zulukatechismen und Übersetzungen ins Zulu zurück.)
Auf allen Stationen zuhause
Als er schon 94 Jahre alt war und längst im Altenheim von Mariannhill seinen wohlverdienten Lebensabend verbrachte, plauderte Pater Willibrord einmal von seinem Missionseinsatz: Es gab kaum eine Station der Diözese Mariannhill, wo er nicht auch – wenn auch nur kurze Zeit – tätig gewesen wäre. Die einzelnen Wegmarkierungen seines missionarischen Lebens hören sich an wie ein Gesamtverzeichnis der Missionspfarreien in Natal: Citeaux, Bulwer, Umsinsini, Marisstella, Assisi, Kevelaer, Centocow, Himmelberg, Mahobe, Einsiedeln, Hibberdene… und immer wieder Mariannhill, die Missionszentrale selber. Lange Zeit versah er den Dienst als Sekretär für Bischof Adalbero Fleischer, zeitweise auch als Sekretär des Generalsuperiors. Zusammen mit Fleischer reiste Pater Willibrord 1927 nach Amerika und Europa zur Visitation der dortigen Mariannhiller Niederlassungen. Aber auch während dieser Zeit als Bischofssekretär arbeitete er auf diversen Stationen mit.
Als er am 3. Februar 1980 starb, starb eine „lebende Legende“; wurde die direkte Linie zu Franz Pfanner und zur Gründerzeit abermals durchschnitten.
Pater Willibrord war die Brücke gewesen zwischen damals und heute. In unzähligen Berichten wusste er aus jener Zeit zu erzählen; nie zeigte er Niedergeschlagenheit, nie Mutlosigkeit. Stets stellte er sich der Herausforderung der Zeit; stets mühte er sich um eine friedvolle Verbindung von Altem und Neuem.
Wie einst Moses, schaute er zurück in die Vergangenheit, aber auch voraus in das Land, das Gott ihm anwies. Über 70 Jahre hatte er als Mariannhiller Missionar in Südafrika gewirkt und gelebt. Das „gelobte Land“ war ihm am Ende seines Lebens sicher. Dort, wo er einst Abt Franz Pfanner mitbegraben half, fand auch er seine irdische Ruhe. Dort harrt er dem Ewigen Frieden entgegen.
Pater Franz Xaver Brunner (1906 - 1965) Immer auf das Wesentliche bedacht
Pater Xaver BrunnerVon Ruhmannsdorf bei Viechtach im Bayerischen Wald, wo er am 25. März 1906 zur Welt kam, führte sein Weg zunächst zu den Benediktinern nach Metten, dann zu den Mariannhillern nach Reimlingen. In Würzburg studierte er Theologie; dort wurde er zusammen mit 19 weiteren Mariannhillern 1932 zum Priester geweiht. Ein Jahr später nahm er seine Arbeit in Südafrika auf; er wurde Kaplan in Mhlabatshane und Rektor in Mariatrost (mit fast 10 000 Katholiken). Während des Zweiten Weltkrieges war er zwangsinterniert in einem Lager bei Pretoria. Erst 1945 durfte er nach Mariannhill zurückkehren. Jetzt wurde er Sekretär des Bischofs und "Chef" der sozialen Einrichtungen der Diözese. Viel Mühe und Energie setzte er für die Volksbanken sowie für die katholischen Vereine ein, die unter der Dachorganisation CAU (Catholic African Union) zusammengefasst waren. 1954 ging Pater Xaver nach Lourdes, wo der erste schwarze Bischof des Landes, Exzellenz Bonaventura Dlamini, sein Domizil aufschlagen sollte. Inzwischen war auch ein Bruder von Pater Xaver, Bruder Norbert Brunner, nach Südafrika gekommen; er verwaltete die Missionsfarm von Lourdes.
Später ging Pater Xaver nach Himmelberg, dann zurück nach Mariannhill als Pfarrer an der Kathedrale. Nebenbei übernahm er den Posten des Schulinspektors. Wie auf den Stationen davor, so setzte er auch hier alle seine Kräfte in den Dienst der Verkündigung. Er war immer auf das Wesentliche bedacht; alles Umständliche und Periphere war ihm zuwider. Mitten in der Seelsorgsarbeit ereilte ihn denn auch der Tod in seinem Arbeitszimmer – am Morgen des 9. November 1965. Als die Glocken von Mariannhill zur Messe läuteten, läuteten sie bereits einem Toten …
Nur wenige Tage zuvor hatte Bruder Norbert ihm nahegelegt, sich etwas mehr zu schonen und auf seine angegriffene Gesundheit zu achten. Aber der nimmermüde Missionar wehrte ab: "Ich arbeite, solange man es von mir erwartet; es ist Sache des Bischofs, mich abzuberufen …"
Bruder Mauritius Alois Bürgler (1898 - 1984) Erfahren in vielen Handwerken
Bruder Mauritius BürglerSeine Wiege stand in Illgau/Schweiz; dort wurde er am 19. September 1898 geboren. Seine Eltern bewirtschafteten eine kleine Bergfarm. Alois (Taufname) wurde von den Nachbarn "der Zinglä Wisäli" genannt; er half von klein auf auf dem Bauernhof mit. Es war harte, mühsame Arbeit – mit Holzschlitten im Sommer, auf Skiern im Winter. An manchen Tagen mussten die Kinder zehn und mehr Kilometer in den Bergen zurücklegen – etwa, wenn sie Eier verkaufen wollten oder im Dorfladen etwas zu besorgen hatten. Auf die Mission aufmerksam wurde Alois durch die Mariannhiller Zeitschriften. Noch während des Ersten Weltkrieges (1917) reiste er nach Holland, trat dort in die Missionskongregation ein und wurde kurz nach Kriegsschluss nach Afrika entsandt. Im Manicaland (heute ein Teil von Simbabwe) hatte er seinen ersten großen Missionseinsatz. Bei der Einreise waren er und Bruder Markus Frei von einem Beamten kontrolliert worden; er hielt die beiden Missionare für Deutsche und war – so erzählte Bruder Mauritius in späteren Jahren schmunzelnd immer wieder – bass erstaunt, als ihm Schweizer Pässe gereicht wurden. Von der Schweiz hatte der Beamte anscheinend noch nie etwas gehört; er behielt die Pässe zurück. 35 Jahre später, als die beiden Brüdermissionare erstmals Heimaturlaub machen wollten, entdeckten sie, dass sie überhaupt nicht registriert waren …
Auf der großen Triashill-Mission erlebte Bruder Mauritius so manches Abenteuer. Mitunter kämpfte er sogar mit Leoparden. 1930 zog er zusammen mit den anderen Mariannhillern von Mashonaland nach Matabeleland. Er arbeitete in Wankie, Bulawayo, Empandeni und Embakwe. Für seine handwerklichen Dienste waren ihm die Mitbrüder besonders dankbar. Denn er konnte praktisch alles: Lichtleitungen legen, Wasserpumpen reparieren, Autos und Traktoren überholen, schreinern, Dachstühle zimmern und vieles andere mehr. Ein Brudermissionar, wie man ihn überall gut brauchen kann! 1977 zog sich Bruder Mauritius ins Altenheim nach Mariannhill zurück; nur ungern verließ er sein "geliebtes Rhodesien". Aber auch in Natal werkelte und bosselte er weiter; in den letzten Jahren seines Lebens verfertigte er unzählige Rosenkränze. Und er betete viel; all das war für ihn nicht zuletzt auch ein Dienst an der Mission – eine andere Art der Kündigung der Frohbotschaft.
Pater Arnulf Cammer (1912 - 1965) Es geschah bei der Wandlung
Pater Arnulf CammerMehr als zwanzig Jahr vor seinem Tod war er schon einmal für tot erklärt worden. Als Sanitäter musste er am Zweiten Weltkrieg teilnehmen; gegen Kriegsende geriet er in englische Gefangenschaft. Von deutscher Seite war er für vermisst und dann als "gefallen" gemeldet worden. In seiner Heimatgemeinde Obernburg am Main, wo er am 3. September 1912 geboren worden war, hielt man Trauergottesdienste ab; auch Sterbebildchen wurden gedruckt. Aber nach dem Krieg meldete sich der Totgeglaubte aus britischer Gefangenschaft zurück.
Er hatte auch während seiner Gefangenschaft die Möglichkeit, pastoral zu wirken; ein befreundeter englischer Major verhalf ihm zu einigen Sonderrechten.
1948 wurde Pater Arnulf entlassen. Er ging abermals nach Köln-Rodenkirchen, wo er schon nach seiner Priesterweihe (1939) in der Pfarrseelsorge tätig gewesen war.
Dann ernannten ihn seine Ordensobern zum Pfarrer von Mönchsdeggingen im Ries, Diözese Augsburg. Hier rackerte er unermüdlich; er scheute sich nicht, auch harte körperliche Arbeiten zu verrichten. In der Diasporagemeinde hatte er bald viele Freunde, übrigens auch unter den evangelischen Christen.
1961 ging Pater Arnulf nach Oelinghausen im Sauerland, wo die Mariannhiller soeben einen Wallfahrtsort übernommen hatten. Auch hier leistete er Pfarrarbeit.
Eines Morgens, während der Eucharistiefeier – er hatte soeben den Kelch bei der Wandlung emporgehoben – brach er tot zusammen …
Bruder Anselm Franz Dippold (1913 - 1976) Mit Humor und guter Laune
Bruder Anselm DippoldJahrzehntelang hat er Wohltäter und Freunde im nordwestdeutschen Raum betreut, zeitweise von Köln aus, zuletzt mit Sitz in Oelinghausen/Sauerland. Sein Tod am 7. März 1976 kam für alle, die ihn kannten, unerwartet und plötzlich. Vielen Mariannhiller Freunden hat er immer wieder Mut gemacht; er war stets gut gelaunt, immer für ein Späßchen aufgelegt. Nie sah man ihn niedergeschlagen, nie traf man ihn missmutig an.
Bruder Anselm stammte aus Drosendorf in Oberfranken, wo er in einer Familie von 13 Kindern aufgewachsen war. 1933 legte er, der gelernte Schuhmacher, in Reimlingen seine Ordensprofess ab; 1939 musste er zum Militärdienst einrücken. Es waren schwere Jahre, die auch seine Gesundheit angriffen. Nach Kriegsende betreute er viele Freunde und Wohltäter der Mariannhiller Mission und pflegte Kontakte zu allen, die sich für die Dritte Welt interessierten. Er besuchte regelmäßig die Förderer der Missionszeitschrift "mariannhill" (mmm) und war so unermüdlich unterwegs. "Reise- und Werbebruder" nannten ihn seine Mitbrüder.
Viele Kranke suchten seinen Rat
Im Lauf der Jahre entdeckte Bruder Anselm eigene Kräfte auf dem Gebiet der Augendiagnostik; eine Ausbildung als Heilpraktiker hatte er nicht, aber seine "Heilkräfte" sprachen sich rasch herum. Viele Kranke und Leidende suchten seinen Rat; vielen konnte er helfen, und war es nur durch seine liebevolle, aufmunternde Art; durch seinen Sinn für Humor. Obwohl es für ihn eine zusätzliche Arbeitsbelastung war, wurde er nie müde, den Notleidenden zur Seite zu stehen.
Doch dann kam das Unvorhergesehene: Am 5. März 1976 brach er zusammen, bewusstlos. Wenig später erfolgte ein zweiter Zusammenbruch; ihn hat er nicht überlebt.
Mit Bruder Anselm verloren die Mariannhiller einen kontaktfreudigen, stets zum Helfen bereiten Mitbruder, und die vielen Freunde und Wohltäter der Mission einen gütigen Freund. Seine heitere Gelassenheit hat viele Mitmenschen beglückt. Er hat gelebt, was Gaston Curtois so umschrieb: "Das will ich mir schreiben in Herz und Sinn, dass ich nicht für mich auf Erden bin; dass ich die Lieb', von der ich leb', liebend an andere weitergeb' …"
Pater Ewald Dirrheimer (1927 - 1964) Tragischer Auto-Unfall
Pater Ewald DirrheimerIn der Morgenfrühe des 14. April 1964 fuhr Pater Ewald von Mariannhill bei Durban auf eine entlegene Außenstation; er wollte mit den dortigen Christen die Eucharistie feiern. Schon hatten sie sich eingefunden; geduldig warteten sie auf seine Ankunft. Aber es kam anders. Ein junger Zulu, der nach längerer Zeit herbeigeeilt kam, teilte der Gemeinde mit, "Baba Ewald" sei schwer verunglückt; weit hinten am Berghang liege sein zertrümmertes Auto. Man habe den Verunglückten inzwischen ins Krankenhaus nach Mariannhill transportiert. Es sehe ganz schlimm aus …
Erschrocken und erstarrt nahmen die schwarzen Christen die Hiobsbotschaft entgegen. Bis der Katechet das Wort ergriff und die Leute bat, in die Kapelle zu gehen und für den Missionar zu beten. Während sie noch beteten, mühten sich die Ärzte im Missionszentrum um den Schwerverletzten. Die Wirbelsäule war gebrochen, Nervenstränge zerrissen; Schmerzen habe er keine, sagten die Krankenschwestern, aber es gebe auch keine Hoffnung auf Genesung.
Pater Ewald stammte aus Tannhausen bei Ellwangen, wo er am 9. August 1927 geboren wurde. Als 16jähriger musste er noch am Zweiten Weltkrieg teilnehmen. 1950 trat er bei den Mariannhillern ein; Julius Döpfner, damals noch Bischof von Würzburg, weihte ihn am 17. März 1956 zum Priester. Noch im gleichen Jahr wurde er in die Südafrikamission entsandt. Er wirkte am St. Francis College und in der riesigen Pfarrei des Missionszentrums von Mariannhill, er betreute auch die diversen Außenstationen. Auf dem Weg zu einer Eucharistiefeier im Hinterland kam sein Wagen aus ungeklärten Gründen ins Schlittern, obwohl er recht langsam fuhr, und wurde einen 50 Meter tiefen Abhang hinuntergeschleudert. Ob körperliche Erschöpfung oder ein technisches Versagen des Autos, es wurde nie geklärt. Der Wagen war totaler Schrott.
Pater Ewald lebte noch zwei Tage, bei vollem Bewusstsein. Er empfing die Sterbesakramente und nahm Abschied von seinen Freunden. Ergeben und ausgesöhnt mit Gott und den Menschen starb er am 16. April. Im Marienhospital von Mariannhill, wo er Hunderte von Patienten in letzter Stunde auf den Tod vorbereitet hatte, gab auch er seinen Geist auf. Bischof Alfons Streit hielt das Requiem. Tausende von Schwarzen gaben ihm das letzte Geleit.
Bruder Julius Doppler (1853-1918) Mann der ersten Stunde
Bruder Julius Doppler Bruder Julius (Matthias war sein Taufname) stammte aus dem Innviertel in Ober-Österreich; in Krenglbach bei Wels war er am 1. September 1853 zur Welt gekommen. Nach der Volksschule erlernte er das Weberhandwerk. Als 26jähriger ließ er sich von Prior Franz Pfanner für seine Neugründung in Banjaluka anwerben. Die Ordensgelübde legte er in Dunbrody ab; ein halbes Jahr später siedelte er mit dem gesamten Konvent nach Natal über.
Da Abt Franz sehr früh die Notwendigkeit erkannte, einen Verbindungsmann in der Heimat zu haben, sandte er Bruder Julius nach Österreich zurück, um dort für die Trappistenmission von Mariannhill zu werben – sowohl um Gelder als auch um Personal. Mit viel Eifer ging er an diese Arbeit. Da er später erkrankte, rief man ihn um die Jahrhundertwende wieder ins sonnige Natal zurück. Ein anderer Bruder übernahm seinen Posten in Österreich.
Bruder Julius betreute nach seiner Rückkehr das große Refektorium sowie das Vestiar in Reichenau; er verrichtete nebenbei auch noch kleinere Arbeiten in den Gärten. Da seine Krankheit sich weiter verschlechterte, musste er schließlich nach Mariannhill zurück. Dort starb er am 12. Mai 1918.
In dem Buch "Mission und Kirchliche Entwicklungszusammenarbeit aus Oberösterreich" findet man über Bruder Julius Doppler folgendes: "Beim Generalkapitel der Trappisten 1879 in Sept-Fons in Frankreich bat der südafrikanische Bischof Ricards die versammelten Mönche um ein Dutzend mutiger Leute für sein Missionsgebiet am Kap der Guten Hoffnung, der Südspitze Südafrikas. Da die Trappisten ja andere Aufgaben als die aktive Seelsorge oder gar die Missionierung hatten, blieb der Aufruf zuerst erfolglos. Der Prior des Klosters Mariastern in Banja Luka (Bosnien) beendete das betretene Schweigen mit seiner Wortmeldung: "Wenn keiner geht, dann gehe ich!"
Am 22. Juni 1880 zog die Expeditionsmannschaft unter Prior Franz mit insgesamt 33 Mann, darunter Bruder Julius Doppler, vom Kloster Mariastern fort, über Marburg, Innsbruck, München, Köln, Antwerpen und von hier aus per Schiff nach London. Dort wartete bereits ein von Bischof Ricards bereitgestelltes Schiff für die Überfahrt nach Südafrika. Am 28. Juli 1880 gingen Bischof Ricards, Pater Franz Pfanner und die weiteren Trappisten in Port Elizabeth an Land. Am 29. Juli 1880 trafen sie in Dunbrody, der von Bischof Ricards ausersehenen Gründung, ein, der ein im 13. Jahrhundert errichtetes Kloster den Namen gab.
Aus dem kargen Boden in Dunbrody konnten nicht einmal die in der Landwirtschaft versierten Trappisten fruchtbare Ernten erzielen. So verließ der erste Trupp am 24. November 1882, gefolgt von der zweiten Gruppe am 9. Dezember, das unfruchtbare Dunbrody und sie fuhren per Schiff bis Durban. Die "rollende Trappistenabtei aus Dunbrody" war auf der Suche nach einem geeigneteren Ort für ihre Niederlassung in Natal. Dieser wurde am 26. Dezember 1882, dem Stephanitag, abends gefunden und von Pater Franz Pfanner als "Mary Ann Hill – Mariannhill" benannt. Nach einem vom Pioniergeist erfüllten, von großen Schwierigkeiten begleiteten Leben starb Abt Franz Pfanner am 24. Mai 1909. Das Werk Pfanners, seiner etwa 30 Mitbegründer und der nachfolgenden Patres und Brüder trug Früchte. Von den 49 Missionsstationen, die es im Todesjahr des Abtes (1909) zwischen Kap und Sambesi gab, waren 28 von den Missionaren von Mariannhill errichtet worden. Mariannhill galt als die größte und bekannteste Trappistenabtei der Welt. Abt Pfanner konnte noch vor seinem Tod erfahren, dass die Trennung Mariannhills vom Trappistenorden durch das Dekret der Religiosenkongregation unter Papst Pius X. vom 2. Februar 1909 besiegelt worden war.
Mariannhill ist Vater- und Mutterhaus für zwei selbstständige Missionsgesellschaften: die Missionare von Mariannhill (CMM) und die Mariannhiller Missionsschwestern vom Kostbaren Blut (CPS).
Bruder Julius Doppler war 1886-1891 nach Europa zurückgekehrt und wurde der erste "Reisebruder" (für Vorträge und Spendensammlungen) beim ersten österreichischen Stützpunkt der Mariannhiller in Linz (Waltherstraße)."
Bruder Tiburtius Dütsch (1877 - 1966) Meister im Einreiten junger Pferde
In Zapfendorf bei Bamberg war er in einer Bauernfamilie am 8. Mai 1877 zur Welt gekommen; das religiöse Klima war von kerniger Frömmigkeit. Einer seiner Brüder Bruder Tiburtius Dütschwurde Weltgeistlicher, ein anderer ebenfalls Mariannhiller (Bruder Servulus, der „Kutscher von Missionsabt Franz Pfanner"); eine Schwester trat bei den Englischen Fräulein ein. Als 20-Jähriger entschloss er sich, ins Trappistenkloster Mariannhill einzutreten. Nach der Probezeit arbeitet er auf der großen Missionsfarm Lourdes, wo er die Betreuung des Pferdegestüts übernahm. Reit- und Zugpferd waren um die Jahrhundertwende im südlichen Afrika sehr begehrt. Ohne sie wäre intensive Missionsarbeit nicht möglich gewesen. Bruder Tiburtius erwies sich bald als ein Meister im Einbrechen (Einreiten) junger Pferde. So manche Narbe und Schramme erinnerte auch in späteren Jahren noch an seinen Wagemut.
Später, als die Rinderpest fast alles Großvieh in Natal vernichtet hatte, importierte Bruder Tiburtius Maulesel aus Madagaskar und Argentinien. Er ritt die wilden, ungezähmten Tiere wiederum selber ein. Vom Hafen in Durban brachte er sie auf die Missionszentrale; das war mit mancherlei Abenteuer verknüpft.
Als Abt Obrecht von Gethsemani/USA Visitator und vorübergehend Administrator von Mariannhill wurde, war Bruder Tiburtius gerade Schaffner in Mariannhill. Er hatte für den Transport von Baumaterialien bei der Errichtung der großen Kathedrale zu sorgen. gleichzeitig fungierte er als Kutscher für den Abt auf seinen Visitationsreisen. Obrecht besprach die schwierigen Probleme unterwegs mit dem einfachen Bruder; der hörte sich alles an und schwieg. Er schwieg auch in seinen alten Tagen; Obrecht hatte ihm Schweigegebot auferlegt.
1920 übernahm Bruder Tiburtius die (landwirtschaftliche) Verwaltung der Reichenau-Mission; 1927 den Musterbetrieb in Sankt Paul/Holland. Um 1936/37 wurde der ins Generalat nach Riedegg gerufen, das auf der Flucht vor Hitler von Deutschland nach Österreich verlegt worden war. Auch beim erneuten Umzug des Generalats nach Hatfield-Peverel bei London zog er mit. Die Nationalsozialisten hatten dem damaligen Generalsuperior Pater Reginald Weinmann auch den Verbleib in Riedegg unmöglich gemacht.
1954 kehrte Bruder Tiburtius nach Mariannhill zurück, wo er noch viele Jahre im Wald und in den Parkanlagen tätig war.
Bruder Tiburtius war ein fähiger und kluger Arbeiter, aber auch ein kleiner Diplomat. Er scheute sich nicht, seinen Oberen gelegentlich auf vornehme Weise die Meinung zu sagen; sie konnten ihm kaum böse sein, denn es ging ihm um die Sache, um die Ausbreitung des Gottesreiches, nicht um seine Person. Wegen seinen überdurchschnittlichen Fähigkeiten, die er aber nie hervorkehrte, war er immer gern gesehen. Er wusste überall Rat; sprang selber ein, wenn irgendwo Not am Mann war.
Die 66 Jahre seines Ordenslebens waren ein großer Segen für Mariannhill und die Mission im südlichen Afrika. Am 23. Dezember 1966 starb er im Altersheim von Mariannhill, 90 Jahre alt. Auf dem Friedhof der Missionszentrale fand er seine letzte Ruhe - mitten unter vielen anderen Mitbrüdern aus der Gründerzeit.
Pater Engelmar Josef Dylong (1916 - 1980) Lächelnd, schmunzelnd, schweigend
Pater Engelmar DylongDie Schwarzen in Rhodesien/Simbabwe nannten ihn den "großen Schweiger". Lächelnd, schmunzelnd und schweigend ging er seiner Arbeit nach.
Die äußeren Daten seines Lebens sind rasch erzählt. Er wurde am 15. November 1916, mitten in den Wirren des Ersten Weltkrieges, in Groß-Zeidel/Oberschlesien geboren. Von 1933 bis 1937 studierte er am Mariannhiller Gymnasium in Schurgast, anschließend in Glogau und an der Universität Breslau. Dann brach der Zweite Weltkrieg aus und holte den jungen Kleriker an die Front. Leid und Angst und Gefahr gab es tausendfach. Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft ging er ins Noviziat (1946), anschließend machte er sein Theologiestudium in Würzburg, wo er vier Jahre später am 19. Mai 1951 von Bischof (nachmalig Kardinal) Julius Döpfner zum Priester geweiht wurde. Schon im Januar 1952 reiste er nach Rhodesien. Auf drei Stationen war er tätig: St. Patrick's/Bulawayo, Gwanda und Embakwe. Er beherrschte sehr schnell die Sindebelesprache und beteiligte sich bei Übersetzungsarbeiten für Katechismen und Gebetbücher. Von 1965 an gab er sein Bestes auf der großen Embakwe-Station; selbstlos, vornehm, schweigend organisierte und regelte er alles, was anfiel. Hier fand er die schönste Erfüllung seines priesterlichen Lebens, vielleicht auch die schwerste. Die Station wurde von den Kriegsunruhen heimgesucht.
Laute Schüsse in der Stille der Nacht
Am späten Abend des 2. Juli 1978 wurden – nur ein paar Meter von seinem Zimmer entfernt – seine zwei besten Helfer, die Mariannhiller Brüdermissionare Peter Geyermann und Andreas von Arx, von einem schwarzen "Freischärler" niedergeschossen. Ein furchtbarer Schrecken für den stillen, schweigsamen Pater. Er rannte den Ermordeten zu Hilfe, lag mehrere Stunden lang auf der Veranda, gab Warnschüsse ab in die finstere Nacht. Wahrscheinlich haben die Schüsse den Mörder vom weiteren Blutvergießen abgeschreckt. Den Schwestern im benachbarten Konvent, die gleichfalls um ihr Leben fürchteten, geschah nichts. Aber Pater Engelmar bebten noch Tage nach dem Mord an den beiden Brüdern Hände und Lippen; er litt noch monatelang daran. Die Station musste (vorübergehend) geschlossen werden. Pater Engelmar flog nach Deutschland zurück, ließ sich ärztlich behandeln (er hatte leichte Verwundungen, von jenem Anschlag auf die beiden Brüder herrührend) und bot sich an, künftig im Missionshaus Reimlingen mitzuarbeiten. Auch hier sorgte er sich noch um die Station; um die ermordeten Mitbrüder; um die schwarzen Christen in Embakwe. Das vorläufige Ende seiner jahrzehntelangen Missionsarbeit, das ihm von außen aufgezwungen worden war, zehrte an seinen Nerven; auch die Tatsache, dass er aus Notwehr zum Gewehr gegriffen hatte. Es lag wie ein Alpdruck über ihm. Allein Gott weiß, was er schweigend gelitten hat; wie sehr er sich grämte um jene, für die er nicht mehr wirken konnte.
Pater Engelmar war einer jener Stillen, die Gottes Willen auch in leisen Tönen vernehmen. Er war Gott und der Ewigkeit nahe. Den Patres und Brüdern in Reimlingen war er ein liebevoller und verständnisvoller Mitbruder. Still und leise, wie man es von ihm gewohnt war, verließ er diese Erde: Während einer Festmesse (60jähriges Professjubiläum von Pater Urban Staudacher) ereilte ihn der Tod, nur wenige Minuten nach der Kommunion. "Ein schöner Tod", meinten viele, die davon hörten.
Pater Josef Ebert (1903 - 1979) Gedenke, Mensch, dass du Staub bist…
Pater Josef EbertAm Morgen hatte er noch das "Kumbula, muntu …" (Gedenke, Mensch, dass du Staub bist) unzählige Male gesprochen; schwarze Christen waren zum Gottesdienst am Aschermittwoch gekommen. Am Abend, gegen sechs Uhr, war er selbst zu dem heimgekehrt, der ihn ein Leben lang daran erinnert hat, dass alles vergänglich sei; dass am Ende ein neues Leben warte.
Pater Josef Ebert hatte, wie er das gewohnt war, gerade noch das Abendessen vorbereitet; es machte ihm viel Freude, für seine Mitbrüder auch in seinen alten Tagen auf diese Weise sorgen zu dürfen. Dann muss ihm wohl urplötzlich schlecht geworden sein; er fiel zu Boden und war sofort tot. So, wie er jahrzehntelang gewirkt hatte – ohne viel Tamtam – so verließ er dieses Leben wieder. Bis zur letzten Minute im Dienste für Gott und die Menschen.
Vom Rhein an den Sambesi
Pater Josef Ebert wurde am 20. März 1903 in Oberkirch/Ringelbach (Baden) geboren. Mit 19 Jahren begann er in Reimlingen mit dem Gymnasialstudium; 1927 trat er bei den Mariannhillern ein; 1932 wurde er zum Priester geweiht. Ein Jahr später reiste er nach Rhodesien (heute Simbabwe). Vorübergehend wirkte er in Bulawayo und Empandeni; 1936 gründete er die St. Mary's Mission in Wankie (Wangwe) am Sambesi. Es war noch Pionierzeit. Die meisten Missionstouren machte er zu Fuß oder per Fahrrad. Unter mörderischen Bedingungen. Hier am Sambesi holte er sich auch Malaria, an der er zeitlebens litt; hier packte ihn das Schwarzwasserfieber. Niemand rechnete damit, dass er überleben würde.
Aber sein eiserner Lebenswille strafte selbst die ärztlichen Prognosen Lügen.
1950 übernahm Pater Josef Empandeni, die größte und älteste Station in Matabeleland. Hier war er der Vater und Freund aller. Hier ließ er weitere Staudämme bauen und Viehweiden einzäunen; hier erstellte er neue Buschschulen und Klassenräume für das Lehrerseminar wie für die Mittelschule; hier eröffnete er eine Hauswirtschaftsschule und ließ auch medizinisch für die Schwarzen der Umgebung sorgen. Mehrere Außenschulen wurden zu stattlichen Missionszentren.
Gleichzeitig hatte er das Amt des Vizeprovinzials inne; für die Mitbrüder in Rhodesien vermittelte er zwischen Heimat und Mission.
Der Vater von Sankt Patrick
1965 kehrte Pater Josef nach Bulawayo zurück; er übernahm die Pfarrei Sankt Patrick; hier wirkte er unermüdlich und war alsbald der Vater und Freund all derer, die Hilfe brauchten – nicht nur pastorale.
Mit Humor und Gottvertrauen ging er an seine Arbeit. Seine schier kindliche Liebe zur Gottesmutter war bekannt. Für die Mitbrüder blieb er ein liebenswerter und geschätzter Gastgeber. Wer immer zu ihm kam, wurde freudig aufgenommen und bewirtet. Die Kraft für seinen Alltag holte sich Pater Josef aus seinem Gebetsleben. War er nicht gerade unterwegs oder in seinem Büro, dann traf man ihn oft in der Kirche an. Die Zwiesprache mit Gott war seine Kraftquelle für den Alltag. 1973 übergab er die Pfarrei in jüngere Hände; er selbst hatte sich bereiterklärt, als Kaplan weiterhin zur Verfügung zu stehen.
Trotz zunehmender Herzbeschwerden (mit Wasser in den Füßen sowie Atemnot) machte er nach wie vor seine Späße, kochte und half überall mit, wo er gebraucht wurde. Und immer wieder stand er im Beichtstuhl zur Verfügung. Wahrscheinlich gibt es in Bulawayo wenige schwarze Katholiken, die ihn nicht gekannt und geliebt haben.
Als er wenige Tage nach jenem Aschermittwoch zu Grabe getragen wurde, waren denn auch weit über tausend Christen gekommen; sie ließen es sich nicht nehmen, dem Toten das Geleit zu geben. Bischof Prieto von Wankie, Bischof Karlen von Bulawayo und 27 Priester konzelebrierten den Gedächtnisgottesdienst. Der Verstorbene schien auch jetzt jedem einzelnen zuzurufen, was er so oft (und nicht nur in der Karwoche) gesagt hatte: Gedenke, Mensch, dass du Staub bist! Denk an das Ende! Bekehre dich; lass dich tragen von der Liebe und der Güte Gottes …
Bischof Adalbero Michael Fleischer (1874 - 1963) Der kleine Bischof mit den großen Ideen
Im Menschenleben ist es oft so, dass die Größe einer Persönlichkeit erst nach ihrem Tod erkannt wird. Mitunter wird erst nach Jahrzehnten deutlich, wie sehr jemand in Bischof Adalbero Fleischerdie Zukunft hineingewirkt hat. Bischof Adalbero Fleischer ging es so. Der kleine, zierliche Mann mit dem gepflegten Bärtchen und der dicken Brille wurde oft übersehen. Nicht zu übersehen sind indes (im nachhinein) sein Schaffen und Wirken. Was er im südlichen Afrika begann, hat nachhaltig auf die gesamte katholische Mission des Halbkontinents eingewirkt. Die Früchte der Ortskirche heute sind zum Großteil auch sein Verdienst. Fleischer (in der Taufe erhielt er den Namen Michael) wurde am 4. Januar 1874 in Dettelbach am Main geboren - damals etwa 1.500 Einwohner groß. Bekannt ist der Ort vor allem durch seine Wallfahrtskirche zur Schmerzhaften Gottesmutter. Der Vater war (dem Familiennamen widersprechend) Bäckermeister; die Mutter galt als still, fleißig und fromm; sie schenkte neun Kindern das Leben, drei starben bereits im Baby-Alter. Michael war der zweitälteste Sohn. Die vier Buben durften studieren, damals etwas Außergewöhnliches; alle vier wurden Priester - einer von ihnen Franziskaner. Michael besuchte das Kilianeum und das Neue Gymnasium in Würzburg und ging nach dem Abitur (1895) ins Priesterseminar der Diözese. 1899 wurde er von Bischof Ferdinand von Schlör zum Priester geweiht. Seine erste Stelle als Kaplan war in Rimpar; zwei Jahre später übernahm er die Seelsorge am Juliusspital in Würzburg und bereitete sich nebenbei auf den theologischen Doktorgrad vor. Schon damals unternahm er ausgedehnte Reisen, zum Beispiel nach Lourdes, ins Heilige Land, nach Ägypten, Griechenland, Italien, Schweden und England. Zu dieser Zeit reifte in dem jungen Weltgeistlichen der Gedanke, selbst in die Mission zu gehen. In einem Mariannhiller Kalender (und später in der Mariannhiller Zeitschrift) hatte er von Franz Pfanner und seiner Mission in Südafrika gelesen. Bei den Mariannhiller Mönchen in Würzburg (ursprünglich in der Reibeltsgasse) holte er sich weitere Informationen; dann bat er seinen Bischof um Erlaubnis, sich dem Orden anschließen zu dürfen. Mit 13 weiteren Klosterkandidaten reiste Fleischer 1908 von Würzburg über Köln nach England. Dort bestiegen sie einen Ozeandampfer und fuhren nach Südafrika. Fleischer war der einzige katholische Priester an Bord. Er hatte einen Messkoffer bei sich und konnte so täglich die Eucharistie feiern. In Mariannhill erhielt er (jetzt Pater Adalbero genannt) am 8. Dezember 1908 den Trappistenhabit. Während des Noviziats fand der Wechsel statt: Mariannhill wurde vom Ordensverband gelöst und Mutterhaus einer selbständigen Gemeinschaft von Missionaren, der Mariannhiller (CMM). Schon im März 1910 reiste Pater Adalbero in Begleitung des erfahrenen Bruder Nivard Streicher nach Rhodesien; Triashill (2.000 Meter über dem Meer) wurde seine neue Heimat. Es muss für den Jungmissionar etwas Aufregendes gewesen sein, hier wirken zu dürfen - in dieser landschaftlich wunderschönen Gegend, zusammen mit dem (heiligmäßigen) Bruder Ägidius Pfister und einer Reihe weiterer hervorragender Missionare. Leider wurde der Einsatz in Rhodesien während des Ersten Weltkrieges jäh unterbrochen. Nach der Versenkung der „Lusitania" (britischer Passagierdampfer) durch die Deutschen, mussten die Patres und Brüder das Land verlassen; sie wurden in Port Napier/Südafrika interniert. (Die Schwestern konnten im Lande bleiben, wurden allerdings in Salisbury, heute Harare, quasi unter Hausarrest gehalten.) Nach kurzer Zeit durften die Patres und Brüder das Lager wieder verlassen, mussten aber für den Rest des Krieges in Mariannhill bleiben. 1919 kehrte Pater Adalbero nach Triashill zurück, für kurze Zeit nur. Denn im März 1920 nahm er am Generalkapitel in Mariannhill teil, aus dem er als erster Generalsuperior der jungen Gemeinschaft hervorging. Jetzt musste er sein geliebtes Triashill für immer verlassen und nach Natal zurückkehren. Nur zwei Jahre später ernannte ihn Rom zum Apostolischen Vikar des neu errichteten Missionssprengels Mariannhill. Pater Adalbero führte beide Ämter, das des Generalsuperiors wie das des Bischofs, bis 1926 Pater Hermann Arndt die Leitung der Kongregation übernahm. Die Bischofsweihe fand am 15. August 1922 statt. Leitspruch des neuen Bioschofs war „Justitia et pax" (Gerechtigkeit und Frieden). Ein Motto, das Jahrzehnte später in vielen Ländern der Welt der sogenannten „Justitia et Pax-Kommission" den Namen gab; diese wurde zum Motor eines neuen Engagements innerhalb er Kirche im Kampf um Freiheit und Menschenrechte. Für Fleischer war es Ansporn und Ziel, dem südlichen Afrika Gerechtigkeit und Frieden zu verschaffen. Mit zu den weitsichtigsten Unternehmen des ersten Bischofs von Mariannhill zählen die Gründung einer einheimischen Schwesternkongregation (1924), eines Kleinen Priesterseminars in Ixopo (1925), einer einheimischen Priester- und Brüdergemeinschaft (1927) und des Großen Priesterseminars in Mariathal (1928). Jede dieser vier Gründungen war von eminenter Bedeutung, nicht nur für das Bistum Mariannhill, sondern für die gesamte katholische Kirche Südafrikas. Bischof Fleischer ist es zu verdanken, dass der Ordens- und Priesterberuf unter den schwarzen Katholiken in Natal zum Tragen kam. Ihm ist es zuzuschreiben, dass die Missionszentrale Mariannhill schon nach wenigen Jahrzehnten die mit Abstand meisten einheimischen Priester zur Verfügung hatte - im Vergleich zu allen anderen Diözesen des Landes. Auf Fleischer gehen auch zwei Neugründungen (Mhlabatshane (1931) und Umbumbulu (1945) zurück. Weite Teile seines Bistums wurden (1930) durch die Errichtung der Diözese Umtata/Transkei sowie der Diözese Kokstad (1935) abgetrennt. Die Pionierarbeiten waren in beiden neuen Missionssprengeln von Mariannhiller Missionaren geleistet worden. Ein anderer Markstein im Wirken Bischof Fleischers war die Gründung eines Anbetungsklosters; Anfang der 30er Jahre hatte er aus Koblenz Kapuzinerinnen nach Natal gerufen und ihnen in Melville am Indischen Ozean eine Niederlassung übergeben. Die ersten Schwestern trafen Mitte 1931 in Südafrika ein. Schon bald schlossen sich ihnen auch schwarze Mädchen an. Mit den Brüdern von Waldbreitbach holte sich Fleischer eine Brüdergemeinschaft in seine Diözese; sie übernahmen die Station Mhlabatshane. Die oben angeführten Fakten lesen sich schnell dahin; in Wirklichkeit steckten dahinter viel Planung und Organisation, aber auch viel Überzeugungskraft gegenüber den Mitarbeitern in den eigenen Reihen. Fleischer hatte von Anfang an ein klares Ziel vor Augen: die selbständige Ortskirche. Dieses Ziel ging er bewusst an; er ließ sich auch von Unkenrufen jener, die immer alles besser wussten, nicht davon abbringen. - Was die schwarze Schwesterngemeinschaft betrifft (im Volksmund nach ihrem Mutterhaus bald „Assisi-Schwestern" genannt), kamen die Mariannhiller Missionarinnen dem Bischof zu Hilfe. Schwester Aemiliana Armbruster CPS, eine Deutsch-Amerikanerin, assistierte als erste Generaloberin der jungen Gemeinschaft; Novizenmeisterin wurde Schwester Roswitha CPS, eine gelernte Philologin (Griechisch, Latein, Französisch), die auch Theologie studiert hatte. Ein ganz großes Hindernis, schwarze Mädchen für den Klosterberuf zu gewinnen, waren die einheimischen Bräuche und Sitten. Nach Auffassung der Schwarzen zählt eine Frau nur dann etwas, wenn sie Kinder gebiert. Dass ein Mädchen freiwillig ohne Mann bleiben will, dass es freiwillig auf die Mutterschaft verzichtet - das verstand damals kaum ein Schwarzer; und viele tun sich heute noch schwer damit. Die Väter dieser zum Schwesternberuf neigenden Mädchen fühlten sich obendrein um das Lobola (Heiratsgut) gebracht, das mitunter viele Ochsen und Ziegen, oder auch größere Geldbeträge umfasst. Aber Bischof Fleischer ließ sich auch da von seinem Vorhaben nicht abbringen. Manchmal, wenn der Vater einer angehenden Nonne auf Lobola bestand, zahlte das Kloster oder der Bischof den Betrag aus eigener Tasche. heute zählt die von Fleischer gegründete Schwesterngemeinschaft zu den größten einheimischen Kongregationen Südafrikas. Nicht wesentlich leichter, manchmal - vor allem in späteren Jahren - sogar schwieriger war es bei der Gründung der Priester- und Brüderkongregation von Kwa Sankt Joseph. Ende 1923 meldeten sich die ersten schwarzen Bewerber, ein Priesterkandidat und vier Brüderaspiranten, 1934 hieß es in einem deutschen Missionsmagazin über diese Ordensgemeinschaft: „Die meisten Mitglieder hat wohl die von Msgr. Fleischer gegründete einheimische Genossenschaft der Franziskaner Familiaren vom hl. Josef. Sie verspricht, die erste afrikanische Priestergemeinschaft zu werden; denn sieben ihrer Mitglieder widmen sich bereits dem theologischen Studium. 21 sind Laienbrüder, 10 haben zeitliche Gelübde." (KM 62/Düsseldorf 1934) 1937 wurde das erste Mitglied dieser Gemeinschaft zum Priester geweiht: Father Pius Bonaventura Dlamini; er wurde 1954 zum ersten schwarzen Bischof der katholischen Kirche in Südafrika geweiht und hat bis 1968 die Diözese Umziumkulu geleitet. Auch dieser Missionssprengel war ursprünglich ein Teil er Diözese Mariannhill. Die von Fleischer gegründete Gemeinschaft wurde in den 70er Jahren in einen größeren franziskanischen Ordensverband eingegliedert. Die Schule war schon für Franz Pfanner, den Gründer von Mariannhill, ein überaus wichtiges Hilfsmittel bei der Verkündigung des Glaubens. Ohne das starke schulische Engagement wäre in der katholischen Kirche Südafrikas vieles nicht erreicht worden. Bischof Fleischer führt die „Schulpolitik" des Gründerteams von Mariannhill konsequent fort. Die besondere Aufmerksamkeit in der Mission müsse der Schule gelten, dem guten Stand der Schule gelten, dem guten Stand der Schule, sagte Fleischer schon kurz nach seinem Amtsantritt. „Für uns ist die Schule nicht bloß eine Lehr-, sondern auch eine Erziehungsanstalt. Grundlage dafür ist und bleibt unsere Religion." Dazu holte sich Fleischer oft den Rat seines Mitbruders Pater Bernhard Huss, eines Schul- und Sozialexperten, der übrigens auch den Unterrichtsplan für das Priesterseminar in Mariathal entworfen hatte. Huss war von 1915 bis 1930 Direktor des St. Francis College sowie des Lehrerseminars in Mariannhill - zwei ganz berühmte Schulen dieser Art im südlichen Afrika. Huss war es auch, der über Fleischer auf die Südafrikanische Bischofskonferenz Einfluss nahm; mit Fleischers Rückendeckung konnte der „Sozialreformer" die Gründung der Catholic African Union (CAU), einer Dachorganisation aller kirchlicher Vereine und Organisationen, durchsetzen. Damit sollte dem damals übermächtigen Einfluss kommunistischer Gewerkschaften in Südafrika Einhalt geboten werden. Ohne die „Schützenhilfe" durch Bischof Fleischer hätte Huss seine sozialen Ideen auf Landesebene kaum zum Tragen bringen können. Bischof Fleischer leitete 28 Jahre lang die Geschicke der Diözese Mariannhill. Seine jährlichen Hirtenbriefe weisen ihn als einen aufgeschlossenen und wachen Seelsorger aus. Mit Mut und Ausdauer kündete er das Evangelium, wies auf Missstände hin, forderte den vollen Einsatz seiner Mitarbeiter. Die Themen seiner Rundschreiben spiegeln seinen Weitblick wider. Ob es dabei um Ordensnachwuchs oder einheimische Weltpriester ging, um konkrete Ratschläge für die Fastenzeit oder um christliche Erziehung in den Familien, ob um die Sonntagsheiligung oder um die Gefahr des Bolschewismus, ob um das Christentum als Religion des Kreuzes, oder um das Heilige Jahr - was Fleischer anderen empfahl, von ihnen forderte - er lebte es stets selber. Als er 1950 auf sein Bischofsamt verzichtete (sein Nachfolger wurde der aus Unterpleichfeld bei Würzburg stammende Mariannhiller Alfons Streit), konnte er auf eine sehr segensreiche Amtszeit zurückblicken. Aber auch danach gönnte er sich keine Ruhe. er war viel unterwegs, warb weiterhin um Missionsberufe und Missionsinteresse. Auch lehnte er es energisch ab, nach Deutschland zurückzukehren: „Meine Heimat ist Afrika und Mariannhill", sagte er; „dort möchte ich leben und am Ende meines Lebens auch sterben." Sein Wunsch ging in Erfüllung. Er starb in Mariannhill am 19. März 1963 im Alter von 89 Jahren. Acht Tage später wurde er in der Kathedrale beigesetzt. Mehr als 100 Priester, viele Ordensleute und weit über tausend schwarze und weiße Christen gaben ihm das letzte Geleit. Mit Bischof Fleischer verloren die Mariannhiller einen ihrer ganz großen Missionare. Seine zähe, ausdauernde Art ließ immer auch Güte und Freundlichkeit zu; seine tiefe sympathische Stimme, seine klugen Augen, seine asketische Gestalt, kurzum, sein ganzes Wesen wirkte positiv auf all jene, die ihm begegneten. Fleischer forderte viel von sich selbst; er war sportlich, legte stundenlange Fußmärsche zurück, ohne zu ermüden, und erfreute sich zeitlebens guter Gesundheit. Durch regelmäßiges Schwimmen hielt er sich fit. Persönlich lebte er einfach, fast asketisch. Auch nach seiner Abdankung wollte er nichts anderes als „ein Ordensmann im Kloster" sein - und ein Missionar. Er wird in die Geschichte der katholischen Kirche Südafrikas eingehen als einer der großen Männer, die rechtzeitig das Richtige erkannten und dies dann auch durchzuführen verstanden. Fleischer war ein Mann mit großen Ideen, aber auch ein Mann der Stunde.
Pater Bernhard Franke (1903 - 1980) Ein Freund der Bienen und Blumen
Pater Bernhard FrankeSeine oberschlesische Heimat (er wurde am 1. Februar 1903 in Wackenau geboren) nannte er mit Vorliebe "ein Stück Himmel auf Erden". Ihr verdanke er seine Naturliebe und sein Talent, mit Tieren umzugehen. Bienen hatten es ihm schon in seiner Jugend angetan; die Freude an Bienen machte ihn zum leidenschaftlichen Imker.
Nach der Volksschule ging er bei einem Müller in die Lehre. Dass er mit Leib und Seele diesen Beruf liebte, ging auch noch nach Jahrzehnten aus seinen wiederholten Äußerungen über diese Zeit hervor. Doch bei aller Freude am Müllerberuf, er spürte, dass Gott ihn zu einem anderen Dienst ausersehen hatte. Als dann gerade ein Mariannhiller Pater vorbeikam und von der Möglichkeit sprach, auch als Spätberufener noch zum Priestertum zu kommen, war dies für den jungen Müllersburschen ein deutlicher Wink. Er meldete sich schnurstracks in Reimlingen an; 1925 konnte er seine Gymnasialstudien abschließen. Es folgten das Noviziat und die theologische Ausbildung in Dillingen und Würzburg. Die Priesterweihe empfing Pater Bernhard 1930; anschließend machte er in Breslau das Mittelschulexamen und wurde danach Lehrer in Langenbielau und Schurgast/Schlesien. Der Zweite Weltkrieg unterbrach seine Lehrtätigkeit; nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft setzte er sie in Reimlingen fort. Hier war er auch zeitweise Superior des Hauses. Seit 1965 wirkte er an der Wallfahrtskirche in Oelinghausen; viele Kirchenbesucher ließen sich von seinen originellen Predigten begeistern. Auch unzähligen Brautleuten gab er praktische Ratschläge mit ins gemeinsame Leben.
Pater Bernhard war ein kindlich frommer Priester; wer ihn kannte, schätzte seine Güte und Hilfsbereitschaft. Er sah nur das Gute im Menschen; das Böse mühte er sich, in Gutes zu wandeln. Keine Arbeit war ihm zu schmutzig. Oft fand man ihn im Garten bei seinen Bienen und Blumen. Hier fühlte er sich am wohlsten; hier hat er ein Stück Heimat wiedergefunden, "ein Stück Himmel", wie er schmunzelnd kommentierte.
Gegen Ende des Jahres 1979 musste Pater Bernhard ins Krankenhaus gebracht werden. Beim Verlassen des Klosters sagte er: "Das ist mein Abschied für immer!" So war es. Während er sich in Reimlingen erholen wollte, wurde sein Gesundheitszustand von Tag zu Tag schlechter. Kurz vor Erreichung des 77. Lebensjahres starb er – versöhnt und zufrieden mit Gott und der Welt. Auch im Jenseits, so hoffte er, würde es Immen geben – und viele, viele Blumen …
Pater Vitalis Fux (1899 - 1966) Dass Sterben so schön sein kann!
Pater Vitalis FuxAls er am 7. Dezember 1966 in Südafrika starb, war er wohl der bekannteste Schweizer Mariannhiller Missionar. Tausende von schwarzen Gläubigen trauerten in tiefer Wehmut. Pater Vitalis stammte aus Sankt Nikolaus im Wallis/Schweiz, wo er am 26. Februar 1899 geboren wurde. Nach dem Besuch der Volksschule ging er an das Diözesankolleg in Brig, wechselte später zu den Mariannhillern über und setzte seine Studien in Holland fort. Nach zwei Jahren Hochschulstudium an der Universität Würzburg sandten ihn seine Ordensoberen nach Südafrika. In Mariathal beendete er seine theologischen Studien; hier wurde er 1926 zum Priester geweiht.
Der Neupriester übernahm Seelsorgearbeit in Umsinsini/Natal und Mariannhill, der damals größten Missionspfarrei der Diözese. Große Verdienste erwarb er sich vor allem um den Ausbau der Außenstationen und Außenschulen. Mit den kommunistisch beeinflussten Gewerkschaften führte er harte Auseinandersetzungen. Ihm ging es um die Verbreitung der katholischen Soziallehre, wie sie von dem bekannten Sozialreformer Pater Bernhard Huss seit Jahren verkündet wurde.
1933 ging Pater Vitalis "für ein Jahr" in die Schweiz, um Gelder zu sammeln für den Ausbau der Kevelaer-Mission. Aus dem beabsichtigten Jahr wurden viele Jahre, denn er wurde, zusammen mit Pater Meinrad Bechtiger, beauftragt, die Schweizer Mariannhiller Provinz zu errichten. Zunächst wirkte er in Altdorf; dann baute er das Missionshaus in Brig, das bis heute im Wallis "Aushängeschild" der Mariannhiller geblieben ist. Er galt als ein tatkräftiger und sparsamer Organisator. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden seine Pläne, in die Afrikamission zurückzukehren, zunächst vereitelt. Erst 1947 konnte er erneut gen Süden ziehen. In Umbumbulu und Kevelaer leistete er hervorragende Missionsarbeit. Unter seiner Führung wurde Kevelaer-Mission der erste große Marienwallfahrtsort im südlichen Afrika. Mit dem Pilgerort am Niederrhein und der Diözese Münster knüpfte Pater Vitalis enge Bande.
Die beiden letzten Stationen seines Lebens waren Clairvaux/Natal und Park Rynie. Ein besonderes Anliegen war ihm auch die Abt-Franz-Pfanner-Forschung, der er sich in seiner freien Zeit widmete.
Unter seinen Mitbrüdern nahm sich der Schweizer Missionar wie ein Riese aus: gigantisch waren schier alle seine Pläne. Bei den Schwarzen war er beliebt: sie wussten, dass hinter seinem rauen Äußeren, hinter dem Draufgänger, ein herzensguter Mensch stand. Als Prediger hat er viele Menschen erreicht, und in seiner Heimat Unzählige für die Mission begeistert.
Bei all seiner Vitalität, bei allem Organisationstalent blieb Pater Vitalis ein frommer Priester, der nicht selten schon um vier Uhr aufstand, um sein Brevier zu beten und die Stille zur Meditation zu nützen.
Kurz vor seinem Tod bat er einen befreundeten Mitbruder, ihm die Präfation der Totenmesse und des Dreifaltigkeitsfestes vorzusingen. Anschließend bemerkte der Todkranke: "Ich hätte nicht gedacht, dass Sterben so leicht und so schön sein kann!"
Bischof Josef Grüter (1896 - 1976) Er hat es nie geliebt, im Rampenlicht zu stehen
Bischof Josef Grüter Als Pater Notker von der Klosterschule in Disentis hörte, der kränkelnde Josef Grüter, der 1922 die Matura gemacht hatte, wolle als Missionar nach Afrika gehen, rief er händeringend: "Das heißt Gott versuchen!"
Als derselbe Josef Grüter, mittlerweile Mariannhiller Missionar, 1941 zum Bischof von Umtata/Südafrika ernannt wurde, meinten viele – und nicht nur kritische Mitbrüder –, er habe das seiner Schweizer Staatsbürgerschaft zu verdanken, denn mitten im Zweiten Weltkrieg wäre ein deutscher oder österreichischer Kandidat schon der Optik wegen nicht möglich gewesen.
Allen Unkenrufen zum Trotz – der einstige Abiturient und spätere Missionsbischof hat es immerhin auf 53 Jahre in Afrika gebracht; davon 27 als Bischof. Und es waren in vieler Hinsicht segensreiche Jahre.
Grüter ist 79 Jahre alt geworden; er war, wie wir heute wissen, zeitlebens nicht nur kränkelnd, sondern weithin ein kranker Mann. Darüber später mehr. Zunächst ein paar Angaben über seine Herkunft und seine Ausbildung.
"Ein scheuer Schweizer Kanzlist"
Josef Grüter wurde am 4. Dezember 1896 in Ruswil, einer reichen Bauerngemeinde im Kanton Luzern/Schweiz, geboren; zwei Tage später, am Nikolaustag, wurde er getauft. Seinen Vater verlor er, als er noch keine zehn Jahre alt war. Der kleine Junge, keineswegs robust oder widerstandsfähig, erkrankte im folgenden Jahr an Lungen- und Gehirnhautentzündung. (Hier liegt möglicherweise auch der "Ursprung" seiner späteren lebenslangen Migräne!)
Das Büblein erholte sich wieder, besuchte die Volks- und Sekundarschule und arbeitete dann, inzwischen 16 Jahre alt, als Milchbub und Untermelker bei Verwandten auf dem Lochhof. Im Mai 1912 wurde er Lehrling in der Gemeindekanzlei Buttisholz; hier, so schreibt sein späterer Biograph Marcel Dischl, habe sich Grüter auch "den Sinn und die Fertigkeit für exakte Buchhaltung und Verwaltung" geholt. Hier war aus dem scheuen Bauernbuben ein zwar immer noch scheuer, aber gewissenhafter Kanzlist geworden. Nach einer Kur in der Wasserheilanstalt Richental (1913) – die Büroluft schien ihm nicht bekommen zu sein – entschloss er sich zum Weiterstudium. 1914 begann er bei den Benediktinern in Disentis; er trat der ersten Lateinklasse bei. Sein Ziel war, Priester zu werden. Aber auch während dieser Studien erkrankte er immer wieder: Lungenentzündung, Herzbeschwerden, Blinddarmentzündung usw.
Nach der Matura (Abitur) im Jahre 1922 entschied sich Grüter für den Missionsorden der Mariannhiller. Seinen Verwandten schrieb er: "Ich habe nur eine Bitte: Nehmt diese Nachricht so ruhig an, wie ich sie geschrieben habe, und betet mit mir, dass der Wille Gottes geschehe, und dass ich ein würdiger Arbeiter in Gottes Weinberg werde im fernen Südafrika …"
Theologiestudium und Priesterweihe in Natal
Anfang August reiste Grüter per Eisenbahn über Basel und Köln nach Sankt Paul/Holland, wo damals das Noviziat der Mariannhiller untergebracht war.
1923 nahm Grüter Abschied von seinen Lieben zu Hause und fuhr dann von Hamburg aus mit der "Wangoni" nach Südafrika. Am 29. Dezember traf der 27jährige – mit 16 weiteren Studenten – in Mariannhill ein. Einen Monat später begann das Theologiestudium in Mariathal; Unterrichtssprache war Latein. Daneben erlernten die Kleriker auch die englische, hebräische und die Zulusprache. (Einer von Grüters Kursgenossen verließ die Mariannhiller Gemeinschaft wieder; er wollte Karthäuser werden, schloss sich aber später in Sri Lanka einem buddhistischen Kloster an.)
Zu den Professoren der Hochschule zählten damals Prälat Brommer und, ab 1925, Pater Dr. Ignatius Arnoz, der spätere Bischof von Bulawayo/Simbabwe.
Grüter wurde, inzwischen 31 Jahre alt, am 29. Juni 1927 in der Kathedrale von Mariannhill von Bischof Adalbero Fleischer zum Priester geweiht. Kurz darauf übernahm er die am Indischen Ozean gelegene Missionspfarrei Umzinto; er war stolz darauf, zu den ersten Missionaren zu zählen, die ein Auto fuhren; den Führerschein hatte er 1929 gemacht. Zehn Jahre später, 1939, wurde Grüter Direktor der Mittelschule und des Lehrerseminars in Mariannhill. Im folgenden Jahr starb Bischof Hanisch von Umtata/Transkei. Diskret legte man dem Schweizer nahe, er solle die südafrikanische (britische) Staatsbürgerschaft erwerben; man schien "Höheres" mit ihm vorzuhaben. Vor dem Postmeister von Mariannhill, Bruder Clemens Blake, leistete er seinen Loyalitätseid und wurde somit britischer Untertane. Nur wenige Wochen vorher war er in Rom zum neuen Bischof von Umtata ernannt worden; die Nachricht traf im April 1941 in Mariannhill ein. Es muss für den immer noch scheuen und das Rampenlicht meidenden Pater eine schwere Entscheidung gewesen sein, dieses Amt anzunehmen. Er war zwar erst 45 Jahre alt, litt aber seit langem an chronischer Migräne, ein Leiden, das von denen oft belächelt wird, die es nie gekannt haben. Auch erkrankte er immer wieder an der Ruhr.
Dennoch, Grüter sah in der Ernennung zum Bischof einen Wink Gottes; er sagte ja. Die Weihe fand am 22. Mai 1941 statt; Hauptkonsekrator war Bischof Fleischer von Mariannhill, der ihn 14 Jahre vorher zum Priester geweiht hatte.
Auf- und Ausbau der Missionsdiözese
Die Lage war ernst; es herrschte Krieg. Der Kontakt nach Europa war spärlich. Dennoch schaffte es der neue Bischof schon in den ersten Jahren nach seiner Ernennung, eine ganze Reihe von "Kirchplätzen" zu erwerben – unter anderem in Mount Fletcher, Engcobo, Idutywa, Ngqeleni, Hopedale, Port St. John's, Elliotdale und Ugie. Ferner ließ er die winzige Kathedralkirche in Umtata umbauen und erweitern. All das kostete viel Geld. Woher nahm es der Bischof, gab es doch innerhalb des Vikariates keinerlei Einkünfte?
Grüter gab die Antwort gelegentlich selbst: Er hatte großzügige Wohltäter in seiner Schweizer Heimat. Ihre Spenden verwaltete er, der gelernte Kanzlist, mit großer Sorgfalt und Genauigkeit. Bisweilen muss er dabei geschmunzelt haben, meint Biograph Marcel Dischl. Als er beispielsweise zur Anrufung der Josefslitanei: "Liebhaber der Armut" die englischen Worte setzte: "Lover of property!" Es war ein Wortspiel: statt "poverty" (Armut) schrieb Grüter "property" (Besitztum).
Der Missionssprengel Umtata umfasste damals 30 000 Quadratkilometer. Von den 800 000 Einwohnern waren rund 18 000 Weiße und ein paar wenige tausend Mischlinge. Die katholische Kirche zählte knappe 9 000 Mitglieder und wurde von 15 Zentren aus betreut. Neben 23 Priestern, 18 Brüdern und 132 Schwestern standen dem Bischof 23 Katecheten und 72, meist schwarze, Lehrer zur Verfügung.
Die drückende weltpolitische Lage machte sich auch in Südafrika bemerkbar, als im Januar 1942 deutsche Truppen unter Feldmarschall Rommel Tobruk in Nordafrika eroberten und dabei viele südafrikanische Soldaten, die unter britischer Flagge gekämpft hatten, in Gefangenschaft gerieten. Viele Frauen und Mütter aus der Diözese Umtata bangten um das Los ihrer Männer und Söhne. Damals gewann Bischof Grüter viel Sympathie, auch unter Nicht-Katholiken, als er sich bereit erklärte, über Radio Vatikan Informationen über die Kriegsgefangenen einholen zu lassen. Ein Sprecher des Vatikansenders war zudem Schweizer und Bruder einer Missionarin in Grüters Diözese.
Leidvolle Jahre im Bischofsamt
Ende 1945 kehrten von den zehn internierten Patres der Diözese acht in die Transkei zurück; zwei verblieben in Natal. Am 1. Januar 1946 überbrachte Erzbischof Martin Lucas, der Apostolische Delegat für das Südliche Afrika, persönlich die Ernennungsurkunde Grüters, die 1941 zwar im Vatikan ausgestellt worden war, aber wegen der Kriegswirren bislang nicht übermittelt werden konnte. Im gleichen Jahr besuchte Grüter erstmals seine Schweizer Heimat. Ein in eine Passagiermaschine umgewandelter Lancaster-Bomber, mit 16 weiteren Fluggästen an Bord, brauchte drei Tage, um von Johannesburg nach Marseille zu gelangen; am vierten Tag flog Grüter über Genf nach Zürich weiter. Die Freude und der Jubel in der Heimat waren groß.
Während seines Urlaubs weihte Grüter in Brig sechs holländische Mariannhiller zu Diakonen und drei Monate später in Holland zu Priestern. Auch bei den Bethlehem-Missionaren in Schöneck erteilte er 24 Kandidaten die Niederen und Höheren Weihen, und im Juni 1947 schließlich drei Mariannhiller in Brig die Priesterweihe, unter ihnen Dr. Heinrich Karlen, der 21 Jahre später sein Nachfolger als Bischof von Umtata werden sollte.
Wie sehr der nach wie vor scheue und bescheidene Bischof bei den einfachen Leuten in der Schweiz ankam, zeigen die von ihm gesammelten Missionsspenden: stattliche 55 654 Schweizer Franken – 1947 ein ordentlicher Batzen Geld! Damit konnten in Umtata diverse Projekte finanziert werden.
Neben den üblichen Sorgen (Mangel an Personal, Probleme bei der Evangelisation usw.) plagten den Bischof immer wieder Krankheiten und Leiden. Es war ein zusätzliches Kreuz zur Bürde des Bischofsamtes. 1951 erklärte er einmal ziemlich offen: "Ich habe in letzter Zeit soviel durch Kopfweh leiden müssen, dass ich jederzeit aus Gesundheitsgründen resignieren könnte."
Friedensstifter und Brückenbauer
Natürlich gab es für Bischof Grüter auch Lichtblicke, zum Beispiel die Weihe seines Mitbruders Alfons Streit zum Bischof von Mariannhill, oder die 100-Jahrfeier in Kapstadt, die Priesterweihe der ersten schwarzen Kleriker seines Missionssprengels, die Privataudienz bei Papst Pius XII. in Castel Gandolfo, sein Informationsbesuch der Mariannhiller Mission in Rhodesien (1957) sowie das Wissen um eine stetig ansteigende Zahl der schwarzen Studenten im Kleinen Seminar in Ixopo.
1962 weilte Grüter erneut in Europa, diesmal von Papst Johannes XXIII. zum Konzil nach Rom gerufen. Nach der zweiten Sitzung (Herbst 1963) flog Grüter nach Südafrika zurück und erlitt unmittelbar nach einer schweren Lungenentzündung einen Herzinfarkt. Es bestand Todesgefahr; doch er erholte sich relativ rasch und nahm auch wieder an der Konzilssitzung 1964 in Rom teil.
1966 feierte Grüter das Silberne Bischofsjubiläum. Sein Generalvikar, Pater Dr. Heinrich Karlen, überbrachte die Glückwünsche der Gläubigen und Priester: "Was wir an Ihnen schätzen, ist die Tatsache, dass wir einen frommen und demütigen Bischof haben, der immer ein Herz gehabt hat für die Armen und eine offene Hand für die Bedürftigen."
Bischof Grüter, der nie ein "Macher", nie ein Ideologe oder Stratege war, hat immerhin die Zahl der Missionsstationen seiner Diözese von 14 auf 21 erhöht. Zwischen den unterschiedlichen Strömungen unter seinen Priestern suchte er mit großer Geduld zu vermitteln. "Ich bin überzeugt, dass die Rolle des Friedensstifters und Brückenbauers besser ist als die des Diktators", schrieb er einem Mitbruder, der ihm vorgeworfen hatte, er greife nur ungern durch.
Gelang es Grüter nicht, einen Zwist zu schlichten, so litt er sehr darunter. Nicht selten sah man ihn dann weinen.
In der Stille und Zurückgezogenheit
Was Grüter zusätzlich – zu den Sorgen eines Bischofs – zu schaffen machte, war die Tatsache, dass er sich mit vielen seiner schwarzen Christen nur per Dolmetscher verständigen konnte. Sein Englisch war zwar gut; gut waren auch seine Kenntnisse der Zulusprache, aber in der Transkei wird mehrheitlich Xhosa und Sotho gesprochen. Grüters Predigten wurden daher meistens von einem Katecheten in diese Sprachen übersetzt, vor allem bei Firmungen.
Immer wieder waren es Krankheiten, die den Bischof an der Ausführung seiner Aufgaben hinderten, oder es ihm doch recht schwer machten, seinen Verpflichtungen als Bischof nachzukommen. Dennoch war er gottergeben. Einem Mitbruder schrieb er einmal: "Ich bin dem Herrgott dankbar, dass er mir immer wieder Gelegenheit gibt, etwas zu leiden." Über seine altersbedingten Unpässlichkeiten ging er mitunter schmunzelnd mit einem Schweizer Sprichwort hinweg: "Er ghört nüd guet, er gseht nüd guet, er cha nüd weidli laufe." (Er hört nicht gut, er sieht nicht gut, er kann nicht schnell gehen!)
1967 reichte Grüter sein Abdankungsgesuch in Rom ein. Er musste lange auf Antwort warten. Erst ein Jahr später wurde Pater Dr. Heinrich Karlen zu seinem Nachfolger bestimmt. Grüter zog sich jetzt auf die Convent Farm zurück, eine Niederlassung der Menzinger Schwestern bei Umtata. Hier verbrachte er die letzten acht Jahre seines Lebens. Hier las er viel; hier sammelte er Zeitungsausschnitte; hier betete und meditierte er. In der Stille und Zurückgezogenheit dieser abseits gelegenen Missionsstation ging er am 2. März 1976 heim zu Gott. Die Beisetzung erfolgte zehn Tage später in der Krypta der Kathedrale von Umtata im Beisein von 50 Priestern, 150 Schwestern und 14 Bischöfen. Bischof Karlen sprach, sich an den offenen Sarg wendend: "Wir danken Gott für die Arbeit, die Sie in dieser Diözese 35 Jahre lang geleistet haben. Wir danken Ihnen für Ihre Güte, Ihre Geduld, Ihre Führung. Wir danken ihnen für Ihre Opfer und Gebete. Möge Gott Sie segnen und mit dem ewigen Leben belohnen."
Pater Gerard (Renatus) Hafmans (1923 - 1983) Ein Freund der Insulaner
Pater Gerard HafmansEr wurde in Sambeek/Holland am 11. Oktober 1923 geboren. Während des Zweiten Weltkrieges trat er bei den Mariannhillern in Venlo ein, 1944 legte er die Ordensprofess ab und wurde 1950 zum Priester geweiht. Kurze Zeit wirkte er in Rhodesien/Simbabwe, doch als die Mariannhiller in Papua Neuguinea zu missionieren anfingen (1959/1960), wurde er gebeten, das dortige Team zu leiten. Es fiel ihm sehr schwer, Afrika zu verlassen. Aber schon wenige Jahre später war die Südsee zu seiner zweiten Heimat geworden. Die Insulaner liebten ihn heiß und innig, und er zählte viele von ihnen zu seinen Freunden.
Wer das Glück hatte, Pater Gerard auf einer der Siassi-Inseln zu erleben, wer ihn dort unter schattigen Palmen sitzen und den Fischern zuhören sah, wer erleben durfte, wie sehr er sich um ihr Wohl und Wehe sorgte, dem fällt es nicht schwer, auch den Schmerz der Eingeborenen zu verstehen, als sie von seinem Tod erfuhren. Pater Gerard war beliebt, wo immer er wirkte. Ob in der Stadtpfarrei Lae oder auf einer der Inseln, immer verstand er seinen Dienst als Dienst an den Menschen. Ob auf Mandok oder in Aupwel, die Insulaner wussten um sein gutes Herz. Um so größer der Schmerz, als sie von seiner Erkrankung hörten. Pater Gerard fühlte sich nicht wohl, ließ sich untersuchen, ohne dass die Ärzte etwas Schlimmes feststellen konnten; sie tippten auf Tb. Doch eine gründlichere ärztliche Untersuchung in seiner holländischen Heimat brachte es dann zutage: Lungenkrebs. An Heilung war überhaupt nicht zu denken; es war schon zu spät!
Pater Gerard, der viele Erlebnisberichte über seine Arbeit in der Südsee verfasst hatte, der wie kaum ein anderer spannend zu erzählen verstand, nahm sich jetzt, nachdem er nur noch Wochen oder höchstens Monate zu leben hatte, fest vor, Abschiedsbriefe zu schreiben. Abschiedsbriefe an die Freunde in der Südsee; Abschiedsbriefe an die eigenen Verwandten und Mitbrüder; Abschiedsbriefe an die Wohltäter der Mission.
Gelassen und gefasst schaute er dem Tod entgegen, ein Vorbild für viele. Er, der es sich zu Lebzeiten nie leicht gemacht hatte, auch nicht bei Kontroversen mit seinen Mitbrüdern, er wusste sich getragen von der Liebe und Güte Gottes. Den Tod empfand er als Erlösung – nicht nur von schwerer Krankheit; der Tod bedeutete für ihn auch das Ende jener Sehnsucht, die auf dieser Erde nicht zu stillen ist – die Sehnsucht nach dem Ewigen. Bei ihm fand er Frieden und Freude.
Pater Winfried Wilhelm Hastreiter (1892 - 1984) Mariannhill ist unsere Heimat…
Pater Winfried HastreiterAls Sohn eines Volksschullehrers in Weißenburg/Bogen, Niederbayern geboren, besuchte Wilhelm die Schule seines Vaters, dann das Gymnasium in Regensburg und Straubing und trat nach dem Abitur ins Priesterseminar der Diözese ein. Seine Studien wurden durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen; er war als Sanitäter an der Front (Jugoslawien, Italien, Frankreich). 1920 wurde er in Regensburg zum Priester geweiht; ein Jahr später meldete er sich bei den Mariannhillern und wurde kurz nach seiner Ordensprofess nach Natal geschickt. Hier wirkte er bis 1925. Aus Krankheitsgründen kehrte er wieder in die Heimat zurück, wurde Präfekt und Lehrer in Reimlingen.
1932 wagte er einen zweiten Versuch in der Mission. Wieder in Europa, 1937, wurde Holland sein neues Arbeitsfeld. Hier überlebte er auch das "Tausenjährige Reich". 1947 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Spiritual in der Abtei Waldsassen, dann Seelsorger im Missionsärztlichen Institut in Würzburg und im Krankenhaus zu Buchloe. Ab 1955 trat er bei den Heiligkreuzschwestern in Werneck, später in Gemünden eine Stelle als Hausgeistlicher an. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Pater Winfried im Altenpflegeheim Reimlingen, wo er still und lautlos seinen Lebensabend verbrachte, immer liebevoll und gütig, dem Gebet verschrieben.
Pater Winfried war und blieb zeitlebens Missionar, auch und gerade in der Heimat. Oft begeisterte er junge Menschen für die Anliegen der Dritten Welt. Ehe er ein zweites Mal nach Südafrika fuhr, schrieb er für die Reimlinger Schüler das Lied "Mariannhill ist unsere Heimat". Pater Winfried war sehr musisch begabt; er leitete den Schülerchor, studierte Theaterstücke ein, schrieb selbst für die Bühne ("Prinz Wagemut" wurde sehr oft aufgeführt, auch auf den Schulbühnen anderer Gemeinschaften und Institute!) und sorgte sich auch um die Garderobe der jungen Spieler.
Von Haus aus war er eine "Frohnatur"; seine Unterrichtsstunden waren gewürzt mit Schmunzelgeschichten und Witzen.
Als er, schon im Altenpflegeheim, nicht mehr zelebrieren konnte, griff er um so häufiger zum Rosenkranz. "Ich denke nach drüben", pflegte er zu sagen; "ich bete jeden Abend vor dem Einschlafen, Gott möge mich in der Nacht heimholen." Er musste dieses Gebet lange wiederholen, und erst als es fast ganz Nacht um ihn geworden war, rief ihn der Herr zu sich, leise und ohne Zeichen eines Todeskampfes – 92 Jahre alt.
Bruder Johannes Franz Hauptmann (1856 - 1934) Brother John – Katechet in der Gründerzeit
Bruder Johannes HauptmannEr war von Anfang an dabei; schon in Dunbrody, wo Franz Pfanner 1880 mit der Gründung eines Klosters begonnen hatte. Dann erfolgte die „Umsiedlung“ von der Kapprovinz nach Natal. Bruder Johannes, später nur noch „Brother John“ genannt, war als Novize mitgekommen, als am zweiten Weihnachtstag 1882 die Ochsenwagenkolonne im Schlamm stecken blieb und Pfanner dann die Worte sprach: „Abladen; hier bleiben wir; das ist Gottes Wille!“ – Es war die Geburtsstunde von Mariannhill.
Brother John legte hier die Ordensgelübde ab und war einer der ersten Mönche, die in der Schule tätig waren. Später ging er auf die Neugründung Reichenau, wo er nebenbei auch die Sothosprache lernte, was ihm im weiteren Leben noch sehr nützlich war.
Dann ließ Pater Gerhard Wolpert (Missions-Inspektor und späterer Abt von Mariannhill) Brother John wissen, er möge die von den Oblatenmissionaren begonnene, aber eher hoffnungslos aussehende Station Sankt Michael übernehmen. Brother John kümmerte sich um alles; er besuchte auch die verstreuten Christen im Hinterland, meistens zu Pferd, mitunter zu Fuß.
Nach zwei Jahren erhielt er einen neuen Auftrag, nämlich die Mariasstella-Mission zu beginnen. Er verstand sich ja, wie man zu sagen pflegte, aufs „Neugründen“!
Im Laufe der Jahre war er bei der Gründung weiterer Missionszentren dabei: Mariazell, Marialinden und Hardenberg; hier arbeitete er zeitweise auch mit dem bekannten Sozialapostel Südafrikas, Pater Bernhard Huss, zusammen.
Brother John hatte ein feines Gespür für Sprachen; seine natürliche Freundlichkeit machte ihn überall beliebt. Hunderten von Schwarzen hat er die Taufe gespendet, vielen auf ihrem Todeslager. Er selber starb im Alter von 78 Jahren am 28. Juli 1934 in Mariazell.
Übrigens – sein Bruder Anton (ebenfalls in Schmottseifen/Schlesien geboren) war ihm 1885 nach Mariannhill gefolgt und als Bruder Kletus eingetreten. Auch er war ein Sprachtalent. Neben seiner Tätigkeit als Maurer erteilte er häufig Katechismusunterricht und fungierte mitunter sogar als Sprachlehrer für jüngere Mitbrüder. Während Brother John (von Beruf Zinngießer) ein relativ hohes Alter vergönnt war, starb Bruder Kletus schon 1910 in Maria Ratschitz – etwa 63 Jahre alt. In den Wintermonaten hatte er sich bei Maurerarbeiten so sehr erkältet, dass er nicht mehr gesundete.
Wann immer von der Pionierzeit Mariannhills die Rede sein wird, man wird hier oder dort auf den Namen von Brother John stoßen. Im Gründerteam nimmt er eine hervorragende Stellung ein, wie überhaupt die gesamte Mariannhiller Mission in Südafrika ohne die Brüdermissionare nicht zustande gekommen wäre. Fähige Laienbrüder vom Schlag eines Brother John waren die Säulen der Pfannerschen Missionsarbeit. Ihnen verdankt Mariannhill seinen raschen Aufstieg.
Pater Ferdinand Holzner (1906 - 1972) Gott ist gut
Pater Ferdinand HolznerEs war ein Leben voll und ganz im Dienste der Weltmission – ein Dienst für und mit Mariannhill. Als er am Sonntag, den 16. April 1972 plötzlich und unerwartet starb, trauerten nicht nur die Mariannhiller Gemeinschaften um ihren Generalsuperior; auch im südlichen Afrika weinten Tausende von schwarzen Gläubigen.
Pater Ferdinand Holzner wurde am 30. Dezember 1906 in Rosenheim geboren. 1918 begann er in seiner Heimatstadt mit den humanistischen Studien; 1923 trat er in das Mariannhiller Missionsseminar Aloysianum in Lohr/Main ein; hier legte er 1927 die Reifeprüfung ab. Die Universitätsstudien absolvierte er in Würzburg, wo er auch zum Priester geweiht wurde – am 6. März 1932 in der Mariannhiller Kirche.
Bischof Dlamini war einer seiner Schüler
Zunächst wurde Pater Ferdinand Assistent des Novizenmeisters in Holland, doch schon 1934 durfte er in die Südafrikamission gehen. Nach zweijähriger Tätigkeit als Betreuer des großen Brüderkonvents in der Missionszentrale Mariannhill wurde er Lehrer am Großen Seminar; er war Dozent für Liturgik und Moral und betreute auch die Jungen im Kleinen Seminar. Der spätere erste schwarze Bischof Südafrikas, Bonaventura Pius Dlamini, war damals einer seiner Schüler. 1941 übernahm Pater Ferdinand die Station Himmelberg. Mit großem Eifer kümmerte er sich um die zahlreichen Christen und suchte die noch nicht Getauften für den katholischen Glauben zu gewinnen.
1945 wurde er Rektor des noch unter Franz Pfanner gegründeten Centocow, aber schon ein Jahr später riefen ihn seine Obern nach Mariannhill zurück, wo er die ausgedehnte "Mutterpfarrei" übernahm. Hier entwickelte er großen apostolischen Eifer; er gründete die katholische Müttervereinigung Sankt Anna, die bald in vielen anderen Diözesen Südafrikas wirksame Dienste leistete.
1949 wurde er zum Direktor des Kleinen Seminars in Ixopo berufen, eine Aufgabe, die ihn besonders reizte. Nur ungern schied er 1956 von diesem verantwortungsvollen Posten, wohl wissen, dass die Zukunft der Kirche in Südafrika von den einheimischen Priestern abhängen wird.
Die Sorge um die Seelen
Die akuten Schulprobleme in Südafrika bewogen den damaligen Bischof von Mariannhill, Exzellenz Alfons Streit, Pater Holzner zum Inspektor für alle Missionsschulen der Diözese zu ernennen. Zugleich bestimmte ihn der Bischof zum ersten Leiter des "Catholic Centre", einer Ausbildungsstätte für das Laienapostolat.
Dann kam das Jahr 1957; auf dem Generalkapitel der Kongregation in Würzburg wurde Pater Ferdinand Holzner zum neuen Generalsuperior gewählt. Jetzt war er für die Gesamtgemeinschaft der Mariannhiller verantwortlich.
Auch als Ordensoberer blieb er Missionar. Das Wort seines früheren Heimatbischofs Kardinal Michael Faulhaber war tief in ihm verwurzelt: "Die Seele aller Seelsorge ist die Sorge um die Seelen."
Von der Aufbruchsstimmung und dem Optimismus der damaligen Zeit getragen, setzte sich Pater Ferdinand für die Errichtung neuer Seminare ein: in Venray/Holland, Palencia/Spanien, Landeck/Österreich, Arnsberg und Maria Veen/Deutschland, Cap Rouge/Kanada.
Franz Pfanner zu Ehren
Die Liebe zu Mariannhill und zum Gründer der Missionszentrale, Abt Franz Pfanner, drängte Pater Holzner, am 24. Mai 1962 den Seligsprechungsprozess für den "Apostel Südafrikas" einzuleiten. Er war es auch, der 1968 die Überführung der Urne des im KZ Dachau verstorbenen Paters Engelmar Unzeitig vom Friedhof in Würzburg in die dortige Mariannhiller Kirche veranlasste.
Im Sommer 1969 konnte er das neue Generalatshaus der Mariannhiller in Rom eröffnen; zwei Jahre davor war er erneut zum Generalsuperior gewählt worden. Auch dem Reformkapitel im Jahre 1970 stand er vor. Sehr rasch erwarb er sich das Vertrauen der römischen Vatikanbehörden.
Am 6. März 1972 konnte er sein 40jähriges Priesterjubiläum festlich begehen. Wenige Wochen später, als er sich bereits für die am 21. April angesetzte Visitationsreise ins südliche Afrika vorbereitete, erlitt er einen Herzanfall; einen Tag später erlag er einem Infarkt.
Auf dem Campo Santo Teutonico im Schatten der Peterskirche hat er seine letzte Ruhe gefunden. Seine Mitbrüder und die vielen tausend schwarzen Gläubigen im südlichen Afrika werden ihn noch lange in guter Erinnerung behalten.
Seine Demut und seine bescheidene Art, auf die Mitmenschen zuzugehen, hatten ihn auch weit über die Mariannhiller Gemeinschaften hinaus bekannt gemacht. In der Bahn, im Flugzeug, im Sprechzimmer oder auf Tagungen – er war stets zum Helfen bereit; immer auch nahm er sich Zeit, zu verstehen und zu verzeihen. Eines seiner Lieblingsworte hieß: "Gott ist gut!" Die Güte Gottes durchstrahlte sein ganzes Wesen. In der Liebe Gottes gründete sein Auftrag an die Menschen. Das ist denen, die ihn kannten, auch über sein Grab hinaus Trost und Verpflichtung.
Pater Reinald Hans Hubert (1912 - 1982) In seiner Nähe fühlte man sich wohl
Pater Reinald HubertSein Lebensweg führte von Adelsdorf (Diözese Bamberg) zu den Mariannhillern nach Lohr/Main; nach dem Abitur ging er ins Noviziat nach Holland, dann zum Studium nach Würzburg, wo er 1938 zum Priester geweiht wurde. Im gleichen Jahr fuhr er in die Vereinigten Staaten von Amerika; hier war er maßgeblich am Auf- und Ausbau der amerikanisch-kanadischen Mariannhiller-Provinz beteiligt. 1963 übernahm er dort das Amt des Provinzials.
Pater Reinald hatte stets eine helfende Hand; Priester war er mit Leib und Seele. Er strahlte Güte und Freundlichkeit aus; in seiner Nähe fühlte man sich wohl. Leiden und Schmerzen ertrug er geduldig. Er wollte, bescheiden wie er war, stets Bruder unter Brüdern sein.
Nach einem Herzinfarkt war ihm sehr bewusst geworden, wie begrenzt und bemessen seine Lebenszeit sei. Nicht selten verabschiedete er sich von Freunden und Mitbrüdern mit den Worten: "Beten wir für einander. Wer weiß, wie lange wir noch leben?"
Dort wo er so viele Jahre seines Priesterlebens gewirkt hatte, in Dearborn/USA, fand er auch seine letzte Ruhe.
Pater Bernhard Alexander Huss (1876 - 1948) Ein Herz für die Schwarzen
Max Tau schrieb einmal, es gehöre zu den Geschenken des Lebens, dass es Menschen gebe, bei denen man sich ganz zu Hause fühle, weil man mit ihnen schweigen Pater Bernhard Husskönne. Pater Bernhard Huss war ein Mann, der schweigen konnte; mit dem man gerne schwieg; der zu vielem schwieg; dessen Schweigen wohltuend und gut war. Er war aber auch ein Mann, der das gesprochene Wort beherrschte, der auf unzähligen Tagungen und Konferenzen das Wort ergriff und kühn und mutig wie kaum ein anderer Zeitgenosse sich für Gleichheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde einsetzte, vor allem für die Schwarzen im südlichen Afrika. Er war Sozialreformer im Stile Kettelers, Kolpings und Sonnenscheins. Sein Äußeres war unscheinbar: klein, auf einem Auge blind, fast Dreiviertel seines Erwachsenenlebens taub! Dennoch, er komponierte, dirigierte, schrieb Bühnenstücke, veröffentlichte Schulbücher und publizierte Artikel zu diversen Themen - zeitweise in 25 Zeitungen und Magazinen. Geboren wurde er am 24. Februar 1876 in Oedheim bei Heilbronn. Sein Vater war Konvertit; von Beruf Kunstschreiner. Die Eltern starben innerhalb von zwei Wochen, als Alexander (Taufname) 18 Jahre alt war und kurz vor dem Abitur stand. Ein Jahr später trat er in das erst 1882 gegründete Missionskloster Mariannhill in Südafrika ein! Am 27. Dezember 1900 wurde Huss zum Priester geweiht. Eine Woche danach war er schon unterwegs zur Missionsstation Hardenberg - am Fuße der Drakensberge gelegen. Hier lebte er wie ein Eremit, was Kost und Behausung anbelangte hier holte er sich ein Ohrenleiden, das zu seiner späteren Taubheit führte; hier arbeitete er mit viel Eifer, „um Seelen für Christus zu gewinnen", wie man damals zu sagen pflegte. 1908 übernahm Pater Huss die Keilands-Mission in der Kap-Provinz. Jetzt musste er (neben englisch, Zulu und Sesutho) auch noch Xhosa sprechen lernen, eine Bantusprache mit vielen Klicklauten. Weil Keilands häufig von Dürreperioden heimgesucht wurde - und infolgedessen Hungersnot herrschte - fing er an, den Schwarzen landwirtschaftliche Vorträge zu halten; mehr noch, er betrieb selbst eine Musterfarm und führte vor, wie man pflügt, sät, künstlich bewässert, Ernten aufbewahrt usw. Er hatte mit seinen „Versuchsfeldern" beachtliche Erfolge. Doch die schwarzen Landwirte zeigten zunächst wenig Lust, es ihm nachzutun. Ein Xhosa-Häuptling bemerkte denn auch zum Mariannhiller Pater: „Was du tust, Baba, ist prima. Mach so weiter! vielleicht kannst du im nächsten Jahr ein bisschen mehr anbauen. Dann reicht es für uns alle, auch für unsere Kinder ..." In diesen Jahren lernte Pater Huss etwas Wesentliches: Bei der Missionierung Schwarz-Afrikas braucht es Geduld, unwahrscheinlich viel Geduld; und noch mehr: Liebe zu den Menschen! Bald „erfand" er ein neues Ochsenjoch, eine Vieh-Kur gegen Seuchen und eine Methode zur Rotation der Felder. Hauptamtlich blieb er Seelsorger, und das tat er mit viel Fleiß und großen Opfern. Sogar ein Lepra-Asyl wurde von ihm mitbetreut. Auch ließ er Schulen bauen und draußen auf den Außenstationen Versuchsfelder anlegen. 1915 wurde Pater Bernhard Huss an die Missionszentrale nach Mariannhill zurück gerufen - diesmal als Rektor des neuen Lehrerseminars. Er unterrichtete neben Religion auch die Fächer Psychologie, Musik und Landwirtschaft; er schrieb Dramen und Komödien, komponierte Lieder für die Klassenchöre und ermunterte die Studenten zum Ackerbau: „Feldbestellung ist eine Kunst! Sie ist der erste Schritt zur Zivilisation. Sie gibt Gesundheit, Freizeit, Freude - für Geist und Körper; sie hat einen noblen Einfluss auf den Charakter eines Menschen." 1925 fing Pater Huss an, regelmä0iug für eine (englischsprachige) Wochenzeitung zu schreiben; alle 14 Tage veröffentlichte er einen Fachartikel - fast 25 Jahre lang. Kaum ein aktuelles Thema, das er nicht aufgegriffen hätte! Immer häufiger hörte man jetzt seine Parole: „Bessere Felder, bessere Häuser, bessere Herzen!" - Er wusste, dass man keinen Menschen bessern kann, wenn man ihn nicht menschenwürdig leben lässt. Er kannte das Gandhi-Wort: „Fragt dich ein Hungernder: Wo ist Christus? - dann gib ihm Brot und sage: hier! „Gandhi, der als junger Rechtsanwalt bei Durban/Südafrika gelebt hatte, ehe er in Indien den großen Freiheitskampf führte, war übrigens nach einem kurzen Besuch in Mariannhill von Pater Huss begeistert: „Wäre ich Ihnen früher begegnet, ich glaube, ich wäre auch Christ geworden!" Der Mariannhiller Missionar Bernhard Huss war mehr, viel mehr als Sozialreformer. Er war immer und zuerst Priester, Glaubensbote. Oft pflegte er seinen schwarzen Studenten zuzurufen: „Bindet euren Karren an einen Stern! Zielt hoch, habt Vertrauen - und tut selbst etwas für euer Land!" Das Wort „Hilfe zur Selbsthilfe" hat Pater Huss schon in den 20er Jahren benützt, lange vor Misereor und staatlichen Entwicklungsdiensten. Eine Zulu-Studentin sagte später von ihm: „Pater Bernhard hat mich das Gutsein gelehrt: er hat es mir vorgelebt!" Ab 1930 - nach einer mehrmonatigen USA- und Europareise - nahm Pater Huss seine Arbeit auf der Missionstation Mariazell/Transkei auf. Hier gründete er ein zweites Lehrerseminar und förderte die Mittelschulen. von hier aus predigte er das „Soziale Evangelium"; von hier aus schuf er Volksbanken und Genossenschaften. Die Intellektuellen spornte er an, sich geistig zu betätigen. Dr. Vilakazi, der erste Zulu-Poet, ist ein Schüler von Bernhard Huss gewesen. Auch die erste schwarze (kath.) Krankenschwester sowie die erste schwarze (kath.) Medizinstudentin waren ehedem „Huss-Schülerinnen". Der Regierung von Südafrika schrieb Huss schon in den 20er Jahren drei Thesen ins Stammbuch: 1. Es gibt keine Lösung der Probleme ohne Gerechtigkeit; deshalb muss das Ackerland neu verteilt werden. 2. Nichts darf gegen den Willen der Schwarzen geschehen. 3. Das Gute der Bantu-Kultur muss erhalten bleiben. Aber in Südafrika standen allenthalben die Zeichen auf Sturm. Als Pater Bernhard Huss am 5. August 1948 in Mariannhill starb, waren die „Nationalen" bereits in den Startlöchern, um Südafrika in die Apartheidpolitik aufzuzwingen. Im Nachruf einer südafrikanischen Zeitung hieß es: „Er (Huss) war der bedeutendste Sachverständige für Eingeborenenfragen in Südafrika." Einer seiner Mitbrüder meinte: „Mariannhill hat einen großen Missionar verloren, Südafrika einen großen sozialen Wegbereiter - groß, weil er die Aufgaben und Fragen des Landes im Lichte des ewigen Gottes betrachtete." Was Pater Huss so gerne seinen Schülerinnen und Schülern ins Kollegheft schrieb, hat er selbst praktiziert: Lebe und arbeite so, dass du beim Sterben die Welt in einem besseren Zustand zurück lässt, als du sie bei deiner Geburt angetroffen hast! Zeitlebens hat Pater Huss sein Herz in die Hände genommen und es täglich denen geschenkt, die ihm begegneten und zu denen er gesandt war.
Pater Sixtus Impler (1900 - 1967) Vater der Armen und Notleidenden
Pater Sixtus ImplerWie er lebte, so starb er auch: unauffällig, ohne Aufsehen zu erregen, in aller Stille. Weil er eines Morgens nicht zur Messe erschienen war, schaute man in seinem Zimmer nach; er lag auf seinem Bett, die Jacke ausgezogen, die Hände vor der Brust gefaltet, den Rosenkranz haltend, tiefer Friede über seinem Gesicht, die Lippen leicht geöffnet, fast als wollte er sagen: Es tut mir leid, dass ich euch soviel Scherereien machen muss …
Er muss schon am vorausgehenden Abend gestorben sein; am 20. September 1967. Herzversagen.
Bescheiden wie er selbst, waren auch die äußeren Daten seines Lebens. Er wurde am 29. August 1900 in Schliersee/Bayern geboren, ganz in der Nähe des malerischen Sees gleichen Namens. Auf sein Geburtsjahr anspielend, pflegte er gelegentlich zu sagen: "Der Herrgott gab mir wenig Talent für Mathematik; vielleicht wollte er es mir deshalb leichter machen, mein Lebensalter schnell errechnen zu können!"
An den Pfarrer von Ars erinnert
Pater Sixtus war Spätberufener. Mit 24 Jahren vernahm er den Ruf des Herrn. Vom Backofen weg (er hatte das Bäckerhandwerk gelernt) meldete er sich bei den Mariannhillern, holte das Abitur nach, studierte Philosophie und Theologie und wurde 1934 zum Priester geweiht. Ein Jahr später erreichte er Bulawayo, wo er sofort seine seelsorgerliche Arbeit unter den Mischlingen aufnahm. 32 Jahre lang half er an der Dompfarrei mit, sorgte sich um die Armen und Notleidenden, war Vater und Freund aller, die Rat und Hilfe suchten. Von hier aus betreute er in den Randbezirken der Industriestadt (zweitgrößte Stadt des Landes) seine weitzerstreute Herde. Von hier aus plante er drei Kirchen; von hier aus erbettelte er das nötige Geld zu ihrer Errichtung. Hier wurde er der Beichtvater unzähliger Menschen. "Hier war ein Mann Gottes, wenn es je einen gegeben hat", sagte ein schwarzer Gläubiger. Ein Weißer fügte hinzu: "Pater Sixtus erinnerte mich in seiner Bescheidenheit und Schlichtheit immer an den heiligen Pfarrer von Ars."
"Der gute und freundliche Pater Sixtus wird von seinen Mitbrüdern und Pfarrkindern sehr vermisst werden; besonders die Armen, die so oft bei ihm Hilfe erbettelten, werden seinen Tod arg betrauern." (Bischof A. G. Schmitt von Bulawayo)
Tausende erwiesen ihm die letzte Ehre
So war es kein Wunder, dass zum Requiem und zum Begräbnis dieses heiligmäßigen Mariannhiller Paters Tausende von Menschen herbeiströmten. Ganz Bulawayo schien auf den Füßen zu sein. Die Kathedrale war bis auf den letzten Platz gefüllt; viele standen in den Gängen und Seitenschiffen, andere vor der Kirche auf dem freien Platz. Priester, Brüder, Schwestern, Schulkinder, Schwarze und Weiße – auch nichtkatholische Geistliche – waren gekommen, um ihrem "lieben Pater Sixtus" die letzte Ehre zu erweisen. Es war eine unbeschreiblich harmonische Atmosphäre in einem Land, das (damals) von Rassenkonflikten gebeutelt wurde.
Bischof Schmitt hielt das Requiem; die Mitbrüder des Verstorbenen, Patres und Brüder, bildeten den Chor der Sänger. Alle, die um Pater Sixtus trauerten, waren sich einig: Dieser gütige und demütige Priester wird ihnen noch lange in Erinnerung bleiben; und manch einer unter den Armen und Notleidenden der Stadt hat im Stillen bereits zu beten gewagt: Lieber Pater Sixtus, sei du auch fürderhin unser Fürsprecher und Helfer!
Bruder Kletus Albert Indlekofer (1879 – 1936) Ein Büßerleben im Dienste der Mission
Erst erlernte er das Sattlerhandwerk, dann machte er die staatliche Prüfung als Krankenpfleger. Während seiner Gesellenzeit durchwanderte er Deutschland und die Kapitel in Mariannhill, SüdafrikaSchweiz. Nach einer Pilgerreise ins Heilige Land entschied er sich für den Ordensberuf. Am 5. April 1911 verließ er in Durban das Schiff; Pater Isembard Leyendecker und Bruder Martin Heinlein begrüßten ihn und ein paar weitere „Klosteranwärter" aufs herzlichste und brachten sie gleich nach Mariannhill.
Bruder Kletus (sein Taufname war Albert) stammte aus Erzingen bei Waldshut (Baden); dort war er am 13. November 1879 zur Welt gekommen; dort hatte er die Volksschule besucht und als Sattler gelernt. Das Umfeld seiner Heimat hat ihn auch religiös geprägt. Bruder Kletus war vom Beginn seines Ordenslebens an ein „Muster an Tugend und Gehorsam, Frömmigkeit und Glaubenseifer", wie ein Mitbruder es später umschrieb. Er wurde oft von anderen geneckt und ausgelacht, machte sich aber nichts daraus, im Gegenteil, er sah darin eine weitere Möglichkeit, Buße zu tun und sich in der Demut zu üben. Man sah ihn nie missmutig, nie verärgert, nie in übler Laune. In den damals noch üblichen „Schuldkapiteln", in denen sich Ordensleute vor der Gemeinschaft anklagten und um Sühne für ihre Unvollkommenheiten und Verfehlungen baten, fand der fromme Badener kaum Stoff zur Selbstanklage. So schloss er sich manchmal seinen Mitbrüdern einfach an: „Ich klage mich auch all dessen an, wessen sich meine Mitbrüder beschuldigt haben."
Am Tag seiner Ewigen Profeß (1920) musste ihm der Novizenmeister geradezu befehlen, sich auch ein Stück vom großen Kuchen zu gönnen; vor lauter Bescheidenheit und Büßerhaltung wollte er ihn erst gar nicht anrühren. Wenn er irgendwo alte Brotkrumen herumliegen sah, von schwarzen Kindern weggeworfen, dann hob er sie auf und brockte sie später in seinen Suppenteller.
Es muss ein großes Opfer für ihn gewesen sein, im Kloster seinem Lieblingsberuf (Krankenpfleger) nicht nachgehen zu können. Nur aushilfsweise stand er gelegentlich an den Krankenbetten seiner Mitbrüder.
Um so eifriger übernahm er den Dienst als Sakristan, wann immer sich eine Möglichkeit dazu bot. Auch zum Ministrieren war er zu jeder Zeit nur zu gern bereit; und es kam oft vor, dass Missionare sehr früh am Morgen aufbrechen wollten oder erst spät am Abend im Missionszentrum eintrafen. Bruder Kletus war auch dann da, um ihnen helfend beizustehen.
Mit den größten „Anteil" an der, wie man später im Kloster oft sagte, „wunderbaren Rettung" Mariannhills während des Ersten Weltkrieges hatte, laut Aussagen vieler Augenzeugen, Bruder Kletus. Es stand damals viel auf dem Spiel. Von Durban aus war eine aufgebrachte Schar von Menschen drauf und dran, das Missionszentrum zu brandschatzen und zu verwüsten. Der Mob schnaubte vor Wut- und Rachegedanken, weil bei der Versenkung der „Lusitania" durch die Deutschen viele Südafrikaner ums Leben gekommen waren. Bruder Kletus, der schon zu Lebzeiten wie ein Heiliger verehrt wurde, bestürmte zusammen mit der Klostergemeinde den Himmel. Kurz bevor der Mob zum Racheakt ansetzen wollte, wurde von Regierungsseite durchgegeben, Mariannhill dürfe nichts angetan werden; es sei schließlich ein Kloster mit internationaler Besetzung (neben Deutschen lebten dort auch Schweizer, Polen, Holländer und Amerikaner); deshalb dürfe man ihm keine Gewalt antun...
Bruder Kletus, so munkelten die Mitbrüder später, hat die Rettung Mariannhills erbetet; sein Büßerleben stand voll und ganz im Dienste der Missionszentrale. Als er am 30. Januar 1936 in Mariannhill starb, ahnten viele, die ihn kannten, dass sie einen Heiligen verloren hatten.
Bruder Sigisbert Josef Anton Jäger (1876 – 1959) Vielerorts unterwegs – in Sachen Mission
Er war ein Landsmann Franz Pfanners; in Andelsbuch (Bregenzer Wald) erblickte er am 10. Dezember 1876 das Licht der Welt; getauft wurde er schon am folgenden Tag Bruder Sigisbert Josef Anton Jägerauf die Namen Josef Anton. Nach der Volksschule ging er bei einem Schuhmacher in die Lehre, arbeitete aber weiterhin auch auf dem elterlichen Bauerngut mit; Landwirtschaft und Viehzucht waren ihm vertraut. Mit 17 Jahren verlor er seinen Vater; ein Jahr später ertrank sein älterer Bruder im Rhein. Jetzt musste der junge Mann zusammen mit der Mutter die Mitsorge für die gesamte Familie übernehmen, waren doch die meisten Geschwister jünger als er.
Er hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, in die Afrikamission zu gehen, musste nun aber mehrere Jahre warten – bis die Geschwister alt genug waren, um der Mutter zur Hand zu gehen. Dann aber gab es für ihn keinen Zweifel mehr: Er reiste nach Südafrika und trat in Mariannhill ein – es war im Advent 1900.
Bruder Sigisbert arbeitete zunächst in der Schuhmacherei, später übernahm er Dienste im Refektorium, schließlich wurde er Chef eines Teams von schwarzen Arbeitern, die in einem Steinbruch bei Pinetown tätig waren. Es folgten Einsätze in Telgte (Ost-Griqualand) und Marisstella; hier besorgte er die Landwirtschaft und überwachte die Ziegelbrennerei.
1905 reiste Bruder Sigisbert im Auftrag von Abt Obrecht nach Europa zurück; er sollte für die Mariannhiller Mission werben. Von Hamburg führte ihn der Weg nach Würzburg, von hier nach Linz an der Donau.
1908 war er in Breslau, 1909 in Köln, 1910 in Altdorf/Schweiz und 1911 wieder in Würzburg. In diesen Städten hatten die Mariannhiller sogenannte „Vertretungen"; von hier aus unternahm Bruder Sigisbert seine Werbetouren für die Mission.
1915 vertauschte er das Ordenskleid mit dem Soldatenrock. Nach kurzer Ausbildung in Oberösterreich und Tirol rückte er 1916 an die Front in den Dolomiten. Schon nach kurzer Zeit erkrankte er an Bauchtyphus; im Lazarett blieb er nach seiner Genesung als Krankenwärter bis 1917; dann wurde er aus dem Wehrdienst entlassen und durfte bis Kriegsende in seiner Heimat Andelsbuch bleiben. 1918 kehrte er nach Würzburg zurück und ging erneut auf Werbetouren. 1922 wirkte er ein paar Monate in Gersau/Schweiz; dann wurde er in Reimlingen „sesshaft". Hier blieb er bis 1947, als man ihn bat, in Sankt Georgen am Längsee (damals eine Niederlassung der Mariannhiller) den Dienst des Buchhalters und Pförtners zu übernehmen. Dort starb er am 12. November 1959, 82 Jahre alt; dort wurde er auch zu Grabe getragen. Noch nach Jahrzehnten erinnern sich viele Menschen dieses hilfsbereiten und vorbildlichen Ordensmannes.
Pater Josef Kammerlechner (1897 - 1969) Maganyambu, der Schlitzohrige aus Bayern
Pater Josef KammerlechnerEr war und blieb ein Bayer, vom Kopf bis zur Sohle. Auch noch nach 40 Jahren in der afrikanischen Mission. 1922 wurde er von Kardinal Michael Faulhaber zum Priester geweiht; wenige Jahre später trat er der Mariannhiller Gemeinschaft bei. 1927 entsandten ihn seine Oberen nach Rhodesien, zunächst nach Triashill (Mashonaland), dann nach Empandeni (Matabeleland) und schließlich in die "Elendsviertel" von Bulawayo, wo er mehrere Jahrzehnte wirkte.
"Maganyambu" (der Starke, der Schlitzohrige), wie ihn die Schwarzen nannten, war einer der populärsten katholischen Missionare von Matabeleland. Er hatte viel Sinn für Humor; gern erzählte er im Kreise seiner Mitbrüder die neuesten Witze aus seiner bayerischen Heimat. München war und blieb für ihn die Hauptstadt der Welt, und den bayerischen Humor, den gab's eben sonst nirgendwo; den galt es auch im Ausland hochzuhalten! Wie viele Menschen er mit seinem unverwüstlichen Optimismus beglückt hat, weiß nur Gott.
Viele junge Mitbrüder gingen bei ihm in die "Schule"; sie waren seine Kapläne, lernten bei ihm den Einstieg in die Missionspastoral. Den Lesern der Mariannhiller Zeitschriften und Kalender erzählte Pater Kammerlechner immer wieder aus der aufregenden Geschichte um die Könige der Amandebele. Wie kaum ein anderer beherrschte er ihre Sprache; vier Eingeborenen-Dialekte sprach er fließend. Trotz angegriffener Gesundheit stand er bis zum Schluss aktiv in der Missionsarbeit. Kein Wunder, dass man ihn überall kannte und liebte; kein Wunder, dass sich zu seiner Totenmesse (Ende Oktober 1969) fast 2 000 schwarze Christen eingefunden hatten, um mit Bischof A. G. Schmitt und den anderen Mitbrüdern des Verstorbenen ein feierliches Requiem zu konzelebrieren.
Es war sehr feierlich – und viele Schwarze weinten um ihren Baba. Er selbst hätte wohl lieber gehabt, dass man Gott mit Tanz und Liedern gedankt hätte – für das erfüllte Leben. Und sicher hätte er ganz am Ende auch noch ein paar Witze zum Besten geben wollen – vom bayerischen Löwen!
Pater Berthold Josef Kemmer (1912 - 1982) Von heiliger Unruhe erfasst
Pater Berthold KemmerIm badischen Unterbalbach kam er am 30. November 1912 zur Welt. Nach der Volksschule ging er bei einem Bäcker in die Lehre. Als 20jähriger Bäckergeselle entschloss er sich, Priester und Missionar zu werden. In Reimlingen nahm er die Gymnasialstudien auf und ging nach Abitur und Noviziat zum Universitätsstudium nach Würzburg. 1941 wurde er zum Kriegsdienst verpflichtet; nach seiner Freilassung aus der Gefangenschaft kehrte er zu den Mariannhillern zurück, wurde 1948 zum Priester geweiht, machte zunächst Kaplan in einer Würzburger Stadtpfarrei und ging dann, als deutsche Missionare wieder ausreisen durften, in die Rhodesienmission. Fast zwei Jahrzehnte wirkte er in der Diözese Bulawayo/Matabeleland, zuletzt in Semokwe, einer regenarmen Region an der Grenze zu Botswana. Die Jahre des Kriegsdienstes und der Gefangenschaft hatten an seiner Gesundheit gezehrt; das machte sich jetzt bemerkbar. Pater Berthold verließ, wenn auch schweren Herzens, die Mission und kehrte nach Deutschland zurück. Er wirkte in Schliersee (Erzdiözese München) und ging dann in die Diözese Regensburg. Sechs Jahre lang arbeitete er in der Pfarrei Schierling mit; 1978 übernahm er die Expositur Dünzling bei Bad Abbach. Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit, trotz der zunehmenden Herzbeschwerden versah er seinen Dienst voller Pflichtbewusstsein. Erst der Tod erlöste ihn von seinen in Stille und Ergebenheit getragenen Leiden. Generalvikar Prälat Fritz Morgenschweis schrieb in einem Nachruf: "Pater Berthold war ein inwendiger Mensch. Seelsorge war ihm ein Herzensbedürfnis. Ihm zu begegnen, hieß, einen Priester zu erleben, dem der einmal an ihn ergangene Ruf wie eine tiefe, heilige Unrast im Herzen saß und noch im schweigenden Erleiden seiner physischen Not die wache Sehnsucht nach dem Heilsdienst verriet. Anderes schien er nicht zu kennen als dies: sein Herz bereit zu halten, dass es Gottes Stimme nicht überhört …"
In Reimlingen, wo er einst Aufnahme in die Mariannhiller Gemeinschaft gefunden hatte, fand er auch die letzte Ruhe.
Bruder Totnan Anton Kilgenstein (1884 - 1969) Als Anton auf dem Kirschbaum saß
Bruder Totnan KilgensteinGeboren wurde er in der „Bamberger Mühle“ im Spessart/Unterfranken. 1903 trat er im Trappistenkloster Mariannhill in Südafrika ein. Er gehörte noch zu den Brüdern, die vielseitig begabt waren und sich immer wieder selbst zu helfen wussten.
Weil importierte Kerzen aus Europa zu teuer gekommen wären, begann er in der Missionszentrale mit dem Wachsziehen. Bei seinen Mitbrüdern war er sehr geschätzt. Seine liebevolle Art blieb unvergessen. Als er im Alter von 85 Jahren starb, fand man unter seinen wenigen persönlichen Habseligkeiten eine kurze autobiographische Skizze. Sie sagt über ihn und seinen Lebensweg etwas sehr Wichtiges aus. Daher hier seine Ausführungen, wenn auch gekürzt:
Als Anton etwa vier Jahre alt war, wollte seine zwei Jahre ältere Schwester Katharina mit ihm nach Afrika gehen. Sie sagte: Dort werden wir von den Mohren umgebracht und als Märtyrer sterben!
Eines Abends legten sie sich etwas Nahrung beiseite und machten sich am nächsten Morgen in aller Frühe auf den Weg – nach Afrika. Sie liefen in den Wald, gingen einsame Pfade, um niemandem zu begegnen. Schon am Nachmittag war ihr Mundvorrat zu Ende, und als es zu dämmern anfing, fragte der kleine Anton sein Schwesterchen, ob es denn noch sehr weit sei bis Afrika? Die antwortete: „Wir müssen noch viele Tage weitergehen!“ Darauf Anton: „Dann kehren wir besser wieder um, denn ich bin hungrig und sehr müde.“ So kehrten sie um und wanderten noch in der Nacht heimwärts. Zu Hause gab es eine Tracht Prügel. Eltern, Geschwister und Nachbarn hatten stundenlang nach ihnen gesucht…
„Lass uns doch ins Kloster gehen!“
Als Katharina ein paar Jahre später gefirmt wurde, hatte sie wieder eine „tolle Idee“. Sie sagte zu dem zwölfjährigen Anton: „Wir beide gehen ins Kloster, du wirst Pater und ich werde Schwester. Aber nur zusammen; wenn du nicht gehst, dann gehe ich auch nicht, und umgekehrt…“
Beide waren voller Begeisterung. Aber noch behielten sie ihre Zukunftsträume für sich. Als Anton einmal auf einem Kirschbaum saß und tüchtig zulangte, fragte er seine Schwester, ob es im Kloster auch Kirschen gebe? Katharina war rasch mit ihrer Antwort: Nein, Kirschen im Kloster, das gebe es nicht. Da müsse man Opfer bringen.
Darauf Anton: „Dann kann ich unmöglich ins Kloster gehen. Ohne Kirschen, nein, das geht nicht!“
Katharina antwortete etwas bedrückt: „Na gut, dann geht eben keiner von uns ins Kloster.“
Anton arbeitete in der Landwirtschaft seines Vaters und in der Mühle, Katharina wurde Haushälterin bei einem Weltgeistlichen und Bibliothekarin in der Pfarrbücherei. Viele Jahre vergingen, und immer noch arbeitete Katharina beim Pfarrer und Anton auf dem elterlichen Hof. Eines Tages, als Anton wieder einmal bei seiner Schwester zu Besuch war, kam auch das Thema Kloster wieder zur Sprache. Wieder versuchte es Katharina, den Bruder zu überreden, mit ihr zusammen ins Kloster zu gehen.
Jetzt war Anton sofort bereit. Er teilte seinen Entschluss dem Pfarrer mit, doch der war gar nicht erfreut, denn es bedeutete ja für ihn, seine Haushälterin zu verlieren.
Zu dieser Zeit kam ein Kapuziner im Pfarrhof vorbei; auch er riet Katharina, ins Kloster zu gehen.
Wenige Wochen später, als Anton und sein Vater gemeinsam zu einem Nachbardorf unterwegs waren, ermüdete der Vater und ruhte sich auf einer Bank, die am Weg stand, etwas aus. Er schlief kurz ein; im Traum schien er mit jemandem zu sprechen. Nachher fragte ihn Anton: „Vater, mit wem hast du dich denn im Traum unterhalten?“
Die Antwort verblüffte den jungen Mann: „Mein Namenspatron, der heilige Michael, war bei mir und sagte, ich solle mich auf das Ende vorbereiten. Noch im Oktober komme er und hole mich ab…“
Und was hat er sonst noch gesagt, der heilige Michael, wollte Anton wissen. Darauf der Vater: „Das geht dich nichts an. Du aber geh ins Kloster!“
Mit Vaters Segen
So bereiteten sich Anton und Katharina auf ihren Klostereintritt vor. Unterdessen wurde ihr Vater krank. Da er ein frommer Mann war und auch werktags oft zur Messe ging, war er auf alles vorbereitet. Am Tage, bevor Anton mit dem Schiff abreiste, erhielt sein Vater die Sterbesakramente. Katharina richtete den Tisch als Altar her; mit dem Segen des sterbenden Vaters reiste Anton nach Südafrika.
Am 20. Oktober 1903 holte Gott den Vater zu sich in die ewige Heimat; am 11. November traf Anton in der Missionszentrale Mariannhill bei Durban ein; bei der Einkleidung erhielt er den Namen „Bruder Totnan“.
Pater Dr. Rudolf Kneipp (1905 - 1981) Mariannhiller aus Leidenschaft und Liebe
Pater Dr. Rudolf KneippAls letztes von fünf Kindern erblickte er in Winkel/Rheingau am 2. Juni 1905 das Licht der Welt. Nach der Volksschule ging er zu den Mariannhillern nach Lohr und Reimlingen; es folgten Noviziat (1928) und Theologiestudium. Am 10. März 1933 wurde er in Würzburg zum Priester geweiht. Sein Wunsch, jetzt in der Mission eingesetzt zu werden, ging nicht in Erfüllung; seine Oberen hatten ihn für den Schuldienst vorgesehen. Er machte das Mittelschullehrer-Examen und unterrichtete von 1934 bis 1938 am Mariannhiller Gymnasium in Schurgast/Schlesien. 1938 begann er an der Jesuitenhochschule in Innsbruck mit einem Sonderstudium der Dogmatik und der Patrologie. Als ein Jahr später die Hochschule von den Nationalsozialisten geschlossen wurde, kehrte Pater Kneipp nach Würzburg zurück. Während des Zweiten Weltkrieges war er als Spiritual und Dozent für Homiletik und Aszetik tätig. Am 16. März 1945 erlebte er die Zerstörung der Frankenmetropole mit; er beteiligte sich aktiv an der Rettung der Kleinkinder in der brennenden Säuglingsklinik am Mönchberg.
Nach Kriegsende unterrichtete er als Latein- und Griechischlehrer die Theologen im Piusseminar sowie Schüler am Alten Gymnasium der Stadt Würzburg. Gleichzeitig promovierte er zum Doktor der Philosophie. Einen Lehrauftrag für Missiologie an der Universität Würzburg musste er ausschlagen; die Ordensoberen hatten ihn zum Provinzial ernannt. Während seiner sechsjährigen Amtszeit wurden die Niederlassungen in Lindau, Mönchsdeggingen und Maria Veen erworben. In der Letztgenannten war er von 1953 bis 1956 als Pfarrer und Superior tätig. 1957 wurde Pater Kneipp Generalvikar der Mariannhiller Kongregation; er blieb es für zehn Jahre. Dann kehrte er ins Piusseminar nach Würzburg zurück, wo er dem Haus zunächst als Rektor vorstand, später sich für die Sonderseelsorge (Exerzitien, Einkehrtage usw.) einsetzen ließ.
Pater Rudolf Kneipp war ein Mariannhiller aus Leidenschaft und Liebe; unermüdlich mühte er sich, die Kongregation von innen her zu erneuern. Die Spiritualität war ihm ein Herzensanliegen. Für Franz Pfanner und seine Gründungen im südlichen Afrika war er Feuer und Flamme; so wie er konnten nur wenige Priester für die Anliegen der Mission begeistern. Was er vertrat, vertrat er mit Elan. Wurde aber mehrheitlich anders entschieden, respektierte er die Beschlüsse, ohne zu schmollen, ohne das Gespräch mit den Mitbrüdern abzubrechen. Er blieb im Dialog, auch mit denen, die anderer Meinung waren.
Pater Kneipp glaubte an die Zukunft der missionarischen Kirche; hier wusste er sich eins mit dem Gründerteam von Mariannhill. Die Geschichte der Gemeinschaft kannte er wie kaum ein zweiter. So sehr er das Studium liebte, immer auch hatte er Zeit für die aktive Seelsorge bei Volksmissionen, Exerzitien, Aushilfen. Als feuriger Prediger war er bekannt und begehrt; als geistlicher Berater der Mariannhiller Schwestern sowie des Bischofs von Würzburg in hohem Ansehen. Mit wachem Interesse verfolgte er die Strömungen und Entwicklungen in Kirche und Welt. In der Auseinandersetzung mit ihnen mühte er sich um einen Mittelweg; extreme Positionen waren ihm fremd. Pater Kneipp versuchte zu leben, was er predigte. Dass es nicht immer leicht war, bekannte er selbst. Kurz vor seinem Tod, schon seit Wochen im Krankenhaus, gestand er in großer Ehrlichkeit: "In diesen Tagen habe ich sehr viel auf das Kreuz an der Wand geschaut und habe mit dem gesprochen, der am Kreuz hängt."
Die letzten Wochen seines Lebens waren harte und schwere; eine allerletzte Prüfung. Am frühen Morgen des Festes der Aufnahme Mariens in den Himmel (15. August 1981) rief Gott ihn zu sich; vielleicht auch ein Zeichen von oben. Denn Pater Kneipp war und blieb Mariannhiller bis zum Tod – und als solcher Verehrer der Mutter des Herrn.
Bruder Lupus Emanuel Kopietz (1860 - 1943) Meistergerber für Löwenfelle und Schlangenhäute
Dass er, der gelernte Schuster, einmal Häute und Felle von wilden Tieren gerben und für Pelze und Lederwaren präparieren würde, hätte er sich in seiner Gerberei im Kloster Mariannhilloberschlesischen Heimat sicher nicht träumen lassen. In Zawoda, wo er am 25. Dezember 1860 geboren wurde, wusste man damals herzlich wenig über den „schwarzen Erdteil". Man pilgerte ein paar Mal im Jahr nach Annaberg, dem berühmten Wallfahrtszentrum, lebte aber sonst in recht bescheidenen Verhältnissen.
Für Emanuel Kopietz änderte sich das im Sommer 1887 als er, nach kurzer Zeit als Bergwerksarbeiter, im südafrikanischen Mariannhill um Aufnahme in den Orden bat.
Die Schusterei des Missionszentrums war nur Ausgangspunkt für seine spätere Arbeit als Sattler und Gerbermeister. Bald entstand ein Großunternehmen mit vielen Lehrlingen und Gesellen. Bruder Lupus, wie er nun hieß, wurde Fachmann im Gerben von exotischen Tierfellen und Häuten. Wer immer in der südlichen Hälfte des Kontinents Löwen, Leoparden, Hyänen, Ameisenbären, Wildkatzen und dgl. schoss, brachte seine Felle zu Bruder Lupus nach Mariannhill; es gab weit und breit keinen besseren Fachmann. Selbst auf internationalen Ausstellungen wurden seine Gerbereiprodukte gewürdigt. Den schwarzen Gehilfen hatte er bald beigebracht, wie man aus dem Leder von Straußen, Schlangen, Löwen und Leoparden handliche Taschen verfertigte; es entstanden auch Bettvorleger, Schuhe und Sandalen. Mit dem aufkommenden Afrikatourismus wurden seine Waren immer begehrter.
Über 50 Jahre arbeitete er als Meistergerber. Viele bekannte Persönlichkeiten besuchten und bewunderten ihn und seine Arbeiten.
Die letzten vier Jahre seines Lebens verbrachte er im Mariannhiller Altenheim half aber noch in der Druckerei und in der Krankenküche mit; mit Vorliebe spaltete er Holz für die gebrechlicheren Mitbrüder.
Bis an sein Lebensende blieb Bruder Lupus seiner polnischen Muttersprache treu; er las fast ausschließlich polnische Bücher. Treu blieb er auch der Gottesmutter von Tschenstochau und Großmutter Anna. Als sein Landsmann Pater Solanus Peterek Ende Mai 1943 starb, sagte Bruder Lupus in fester Überzeugung: Der nächste bin ich!" So war es auch. Er starb, fast 83 Jahre alt, am 4. September 1943.
Bruder Peter Josef Kranich (1906 - 1982) Architekt für viele Jahrzehnte
Bruder Peter KranichSeine Wiege stand in Zechau/Thüringen. Dort wurde er am 28. März 1906 geboren. Fünfzehn Jahre später, 1921, ging er zu den Mariannhillern nach Reimlingen, lernte das Maurerhandwerk, legte die Ordensprofess ab und reiste 1925 in die Afrika-Mission. Er hat die deutsche Heimat nie mehr besucht. Doch seinen sächsischen Akzent und die Ordnungsliebe der Deutschen hat er zeitlebens bewahrt. Die ersten Jahre wirkte Bruder Peter im heutigen Simbabwe (Triashill und Umgebung). Als die Mariannhiller die Mashonalandmission den Jesuiten überließen, um in Matabeleland zu missionieren, kehrte Bruder Peter nach Natal zurück. Hier entwarf er unzählige Pläne für die verschiedenen Missionsstationen; im Missionszentrum Mariannhill baute er einen Teil des Klosters aus, errichtete einen Staudamm, verschiedene Werkhallen, die Gebäude für die Missionspresse und dgl. mehr. Zahllose schwarze Arbeiter gingen bei ihm in die Lehre; an die 270 legten bei ihm die Maurerprüfung ab.
Als er aus Alters- und Krankheitsgründen nicht mehr auf dem Bau tätig sein konnte, half er mit, Kruzifixe zu gießen. Bis zu 12 000 im Jahr. Beim Erstellen von Kruzifixen ereilte ihn der Tod …
Pater Willehad Krause (1901 - 1966) Pater Willehad aus Wilhelmshaven
Pater Willehad KrauseEr befand sich in seiner Heimatstadt, machte Ferien. Da erlitt er einen schweren Autounfall; acht Tage später starb er; am 20. August 1966 wurde er auf dem Klosterfriedhof in Maria Veen/Münster beigesetzt.
Pater Willehad war zuletzt Generalprokurator der Mariannhiller in Rom. Dazu war er 1957 auf dem Generalkapitel in Würzburg berufen worden. Mit ihm verloren die Mariannhiller einen ihrer fähigsten Priester. In seiner vornehmen Art hat er sich in Rom – auch nach dem Urteil der vatikanischen Behörden – große Verdienste um die Missionskirche erworben.
Er wurde am 23. Juli 1901 in Wilhelmshaven geboren. Mit 15 Jahren begann er sein Studium an der Missionsschule in Sankt Paul/Arcen, Holland. 1921 machte er das Abitur in Würzburg und begann mit dem Studium der Philosophie und Theologie in Mariathal/Südafrika. Am 29. Juni 1926 wurde er zum Priester geweiht. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland begann er ein Sprachstudium und wurde später stellvertretender Rektor des Mariannhiller Priesterseminars in Würzburg und Direktor des Aloysianums in Lohr. Nach dem plötzlichen Tod von Pater Cyprian Ballweg wurde Pater Willehad dessen Nachfolger im Piusseminar. Noch im gleichen Jahr übernahm er das Amt des Generalsekretärs.
1937 begleitete er den Generalsuperior ins südliche Afrika. 1947 wurde er abermals Direktor in Lohr; dann Novizenmeister in den USA, Hausoberer und Provinzial der amerikanisch-kanadischen Mariannhiller Provinz.
Die Berufung zum Generalprokurator (1957) war sicher eine der schwierigsten Aufgaben in seinem Leben, aber sie war auch eine, die er meisterhaft wahrnahm. Die Mariannhiller Missionare (auch die Mariannhiller Missionsschwestern) verdanken ihm wertvolle Dienste. (Die Urnenbeisetzung der aus dem KZ Dachau herausgeschmuggelten Asche von Pater Engelmar Unzeitig war übrigens unter Pater Willehads Amtszeit erfolgt; er war auch der Primizprediger dieses "Märtyrers der Nächstenliebe", damals im August 1939 in Greifendorf in Mähren …)
und so bleibt er in Erinnerung: Ein Gentleman vom Kopf bis zur Sohle; Missionar und Ordensmann aus Überzeugung – voll und ganz im Dienste der Mariannhiller.
Pater Amadeus Josef Kuonen (1914 - 1986) Ein aufmerksamer Zu-Hörender
Pater Amadeus KuonenEine ganze Generation von Missionaren hat bei ihm Sindebele gelernt; er beherrschte die Grammatik dieses schwierigen Zuludialekts wie nur wenige Weiße. Und es machte ihm viel Spaß, Jungmissionare in die Grundbegriffe dieser Eingeborenensprache einzuführen.
Pater Amadeus – er wurde am 23. Januar 1914 in Salgesch/Schweiz geboren, studierte in Einsiedeln und Brig, trat 1935 bei den Mariannhillern ein und wurde 1940 zum Priester geweiht. Er zählte zu jenen Missionaren, die in der Stille wirken; die ohne große Worte Großes leisten.
Bevor er 1946 nach Rhodesien/Simbabwe kam, war er Lehrer für Latein und Griechisch in Altdorf und Brig, wo die Mariannhiller Internatsschulen unterhielten.
In der Diözese Bulawayo wirkte er zunächst als Kaplan in Embakwe, dann in Hwange/Wankie (damals noch Teil der Diözese Bulawayo). 1953 berief ihn Bischof A. G. Schmitt zu seinem Sekretär und Finanzverwalter der Diözese. Diesen Posten versah er bis zu seinem Tod am 5. Juni 1986, also auch unter Schmitts Nachfolger Bischof Dr. Heinrich Karlen.
Pater Amadeus war ein loyaler und gewissenhafter Mitarbeiter. Tiefe innere Ruhe ging von ihm aus; sein feiner Humor war oft nur jenen zugänglich, die ihn gut kannten. Es lag ihm viel daran, das echte Gleichgewicht zu finden zwischen Gebet und Arbeit, Dienst und Muße. Aufgrund seiner Beliebtheit hatten viele Priester ihn zu ihrem Beichtvater gewählt. 33 Jahre lang betreute er die Schwestern der Dompfarrei des benachbarten Dominikanerkonvents in Bulawayo. Sie schätzten seine Spiritualität und seine kluge Seelenführung. Auf ihn war Verlass; Pünktlichkeit und Treue waren einige seiner Tugenden.
Vielleicht hatte er diese christlichen Grundhaltungen schon von seinem Elternhaus mitbekommen; sein Vater lebte zeitweise als Oblate bei den Mariannhillern in Brig – ganz im Einvernehmen mit seiner Frau.
Will man Leben und Wirken dieses Missionars auf eine kurze Formel bringen, dann vielleicht am ehesten durch das Motto seines Lebens: "Hör gut zu, halt die Augen auf, aber wisse zu schweigen; dann wirst du in Frieden leben können!"
Pater Amadeus war ein Hin- und Zu-Hörender. Das machte ihn bei vielen seiner Zeitgenossen so sympathisch und so vertrauenswürdig.
Pater Dr. Rhabanus Johannes Laubenthal (1905 - 1980) Lehrer – vom Kopf bis zur Sohle
Pater Dr. Rhabanus LaubenthalEr war ein "kölscher Jung". Am 5. Dezember 1905 wurde er in der Domstadt am Rhein geboren. Seiner Heimatstadt blieb er zeitlebens verbunden, obwohl er die meiste Zeit seines erwachsenen Lebens in Bayern verbrachte. Das rheinische Blut ließ ihn optimistisch in die Zukunft schauen.
Als Vierzehnjähriger zog er nach Lohr, später mit weiteren Schülern nach Reimlingen. Nach dem Abitur (1928) schloss er sich den Mariannhillern an; 1933 wurde er zum Priester geweiht. Noch vor der Weihe promovierte er zum Doktor der Philosophie. Anschließend schickten ihn seine Oberen nach Köln zum Zweitstudium (Latein und Griechisch). Er sollte Lehrer an einer der ordenseigenen Schulen werden.
Er schmuggelte für Edith Stein
Als Beichtvater im Kölner Karmel erfuhr Pater Rhabanus auch von den Schwierigkeiten der jüdischen Konvertitin Edith Stein, jetzt Schwester Benedicta a sancta cruce. Da ihre Mitschwestern sie in einem deutschen Kloster nicht mehr sicher wähnten, rieten sie Edith Stein, rechtzeitig wichtige Dokumente ins Ausland zu schaffen. Es ging um wissenschaftliche Arbeiten. In Holland sollten sie heimlich ausgelagert werden. Dabei war der junge Mariannhiller in der ersten Etappe behilflich; er schmuggelte die Papiere über die deutsch-holländische Grenze. Dass er damit ein großes Risiko einging, dessen war sich Pater Rhabanus wohl bewusst; es hätte ihm KZ-Haft oder eine Verurteilung vor dem Volksgerichtshof einbringen können.
Nach dem (ersten) Staatsexamen wurde er Direktor am Mariannhiller Studienheim in Lohr; hier musste er die Schließung des Hauses durch die Nationalsozialisten und Zweckentfremdung während der Kriegsjahre miterleben.
1948 legte er das zweite Staatsexamen ab und ging als Lehrer, Schul- und Internatsleiter nach Reimlingen. 1962 siedelte er mit der Spätberufenenschule nach Zaitzkofen über, 1969 nach Mönchsdeggingen. Als diese Schule auslief (1972), blieb er dort, übernahm Aushilfsdienste, war Superior des Klosters und übernahm Exerzitienvorträge und Volksmissionen.
Sein Optimismus wirkte wohltuend
Pater Rhabanus kannte die geistigen Strömungen seiner Zeit; er las gern und viel, auch schöngeistige Literatur. Die tägliche Eucharistiefeier, das Breviergebet, die Meditation – für ihn waren es Ringe um sein Tagewerk; sie waren die Mitte, aus der er lebte.
Seine Tätigkeit als Lehrer und Erzieher ließ es nicht zu, dass er regelmäßig Pfarrseelsorge machte. Aber in den Schulferien stand er auch dazu zur Verfügung. Auf seine Predigten und Vorträge bereitete er sich sehr gewissenhaft vor.
Gerne führte er Besuchergruppen durch die wunderschöne Barockkirche von Mönchsdeggingen und erklärte dieses kunsthistorische Kleinod auch von seiner religiösen Bedeutung; er wollte nicht bloß Kunstführer sein, sondern auch Priester. Wie er es als Lehrer gewohnt war: seine Zuhörer sollten etwas mitbekommen, sollten etwas dazulernen; sollten auch im Religiösen Anstöße mitnehmen. Er wollte eben nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch auf Standpunkte und Haltungen des religiösen Lebens aufmerksam machen.
Eine besondere Freude war es für Pater Rhabanus immer wieder, wenn einer aus seiner ehemaligen Schülerzahl den Priester- und Ordensberuf wählte. Mit gewissem Stolz sprach er mitunter davon, dass die meisten "Nachkriegsmariannhiller" durch seine Schule gegangen seien. Und seine früheren Schüler schätzten die gerade und aufrichtige Art ihres Lehrers, der ihnen auch schwierige Stoffe plausibel und einsichtig zu machen wusste. Die Liebe zu den jungen Menschen – verbunden mit einem herzhaften Schuss Optimismus – die bewahrte sich Pater Rhabanus bis an sein Lebensende.
Pater Lukas Lehmann (1893 - 1978) Pionier der Transkei-Mission
Pater Lukas LehmannDie letzte Eintragung in sein Intentionsbuch (für hl. Messen) hatte er noch am Vormittag gemacht; es war seine 18 718. Eucharistiefeier. Jede Messe war sauber und korrekt vermerkt, Zeichen für ein langes und segensreiches Leben. Ehe er sich an diesem Abend, nach einem schweren Gewitter, zur Ruhe legen konnte, erlitt er einen Herzanfall und war sofort tot.
Pater Lukas Lehmann hatte ein volles Menschenleben, voll im Sinne von reich an Mühen und Arbeiten, aber auch an Gnade und Gottessegen.
Er stammte aus Donaueschingen, wo er am 21. Mai 1893 geboren wurde. Nach der Volksschule ging er in die Zimmermannslehre, besuchte die Fachschule in Freiburg und arbeitete als Geselle vorübergehend in Küßnacht am Rigi. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Sanitäter; mit einer Verwundung kehrte er aus dem Krieg zurück. 1921 setzte er sich erneut auf die Schulbank, um als Spätberufener das Gymnasialstudium nachzuholen. Dann trat er bei den Mariannhillern ein, studierte Theologie und wurde 1931 zum Priester geweiht. (Der später in Rhodesien ermordete Bischof A. G. Schmitt von Bulawayo war sein Kursgenosse!)
Er zeichnete Hunderte von Bauplänen
Kurz nach seinem 40. Geburtstag fuhr Pater Lukas in die Südafrikamission. 16 Jahre lang wirkte er in St. Patrick's-Mission bei Umtata. Es war schwere Pionierarbeit. Tagelange Ausritte zu Pferd; ärmliche Verhältnisse und finanzielle Not auch bei den Missionaren! Bischof Hanisch von Umtata half Pater Lukas bei der Gründung einer einheimischen Schwesterngemeinschaft. Dann war er Missionar in Cala und Superior in Mariannhill, wo er die Geschicke des Missionszentrums mit Güte und Klugheit sieben Jahre lang leitete. Oft sah man ihn im Klosterhof Hand mitanlegen, auch als Zimmermann und Schreiner. Nach seinem Heimaturlaub im Jahre 1956/57, dem ersten seit 1932, kehrte er in die Transkei zurück, war Seelsorger in dem idyllisch gelegenen Port St. John's am Indischen Ozean, dann Provinzial und schließlich Seelsorger in Ngqueleni und Glen Avent, wo er auch als Spiritual für die Mariannhiller Schwestern zur Verfügung stand. Bei aller Seelsorgsarbeit, die er sehr ernst nahm, blieb Pater Lukas ein praktischer Missionar; seine Kenntnisse als Zimmermann kamen der ganzen Diözese Umtata zugute. Hunderte von Bauplänen wurden von ihm entworfen – für Kirchen, Krankenhäuser, Schulen, Pfarrheime, Hallen, Lehrerwohnungen usw. Zusammen mit Bruder Robert Marschollek führte er auch komplizierte Konstruktionen von Dachstühlen und Treppenhäusern aus. Seine robuste Gesundheit und seine Disziplin (er nahm jeden Morgen um vier Uhr eine kalte Dusche!), seine Hilfsbereitschaft auch bei Projekten anderer Missionare (etwa beim Aufbau der Katechetenschule von Umtata), seine stete Mitsorge für die Gesamtdiözese – all das machte ihn zu einem großen Pionier der Transkei-Mission. Er war ein guter Mensch, ein eifriger Priester, ein nimmermüder Missionar. An Enttäuschungen, Rückschlägen und Krankheiten mangelte es ihm nicht. Aber er sah immer auch die "schweren Seiten" des Lebens als ein Stück auf dem Weg, zu dem jeder Mensch berufen ist – auf dem Weg zu Gott.
Die letzte Ruhe fand Pater Lukas auf dem Friedhof in Glen Avent, wo ihn die Mariannhiller Schwestern weiterhin in guter Erinnerung haben und liebevoll seiner im Gebet gedenken.
Bruder Pambo Matthias Leitner (1855 - 1905) Das Wandern ist des Müllers Lust
Als junger Müllergeselle ging Matthias Leitner auf die Walz wie man damals zu sagen pflegte; er arbeitete mal bei diesem mal bei jenem Meister, um auf diese Weise das Schulklasse auf der Missionsstation ReichenauHandwerk noch besser kennenzulernen. Eines Tages erreichte er auf seiner Wanderschaft das berühmte Stift Sankt Florian. Hier gefiel es ihm so gut, dass er sich für längere Zeit als Sakristan anstellen ließ. Doch dann packte ihn erneut die Wanderlust - und der Müllersmann aus Steinbach/Österreich (hier war er am 17. September 1855 zur Welt gekommen) klopfte eines Tages im fernen Südafrika an die Tore des Trappistenklosters Mariannhill. Er bat um Aufnahme in den Orden. Zunächst schien alles gut zu gehen; er wurde eingekleidet, machte Noviziat und legte auch die erste Profess ab. Doch dann - wen wundert's? - verließ er das Missionszentrum wieder (es war 1891), um abermals auf die „Walz" zu gehen.
Es dauerte aber gar nicht lange, und Bruder Pambo, wie er inzwischen hieß, kehrte wieder in die Gemeinschaft zurück. Diesmal für immer.
Seine erste große Aufgabe wartete in Reichenau auf ihn. Die dortige Mühle war bereits voll in Betrieb; die auf seiner Wanderschaft erworbenen Kenntnisse kamen ihm hier zugute. Neben der Mühle versah er auch den Dienst als Sakristan, und wenn es in der Mühle mal weniger hektisch zuging, ergriff er sogar eine Axt und machte sich im Wald zu schaffen. Für einen Brudermissionar war immer Arbeit vorhanden.
Obschon Bruder Pambo eher wortkarg wirkte, war er zu denen, die mit ihm arbeiteten, freundlich und zuvorkommend, ja sogar von heiterer Natur; gerne erzählte er von seiner „Walz", und auch Stift Florian blieb ihm zeitlebens in guter Erinnerung.
Dass er eines plötzlichen und gewaltsamen Todes sterben werde, daran hatte er sicher an jenem 11. Juli 1905 nicht gedacht, als er frühmorgens Abt Edmund Obrecht (von Gethsemani in den USA, von 1905 - 1907 Administrator von Mariannhill) bei der Messe diente und aus seiner Hand die hl. Kommunion empfing. Nach der Eucharistiefeier ging Bruder Pambo wie gewohnt zur Mühle. Beim Ölen der Schnecke des Mühlengetriebes stand er auf einer kleinen Leiter; dabei wurde sein Habit von einer vorstehenden Schraube erfasst und um eine Stahlrolle gewickelt ...
Als der visitierende Abt im Laufe des Vormittags auch die Mühle besuchte, hatten er und die anderen Mitbrüder noch keine Ahnung von dem schrecklichen Unglück. Die Mühle lief, angetrieben vom Wasser des Polela. Doch nirgends Bruder Pambo! Schließlich fand man seine Leiche, halb erdrückt, halb erstickt von der Stahlwelle des Mühlengetriebes. Auf dem Friedhof von Reichenau fand der „wanderfrohe Müllers- und Ordensmann" seine letzte Ruhe.
Bruder Famianus Richard Mader (1840 - 1922) Der Schmied von Reichenau
Mit 46 Jahren entschloss sich der wackere Schmied aus Frauenau im Bayerischen Weld (dort war er am 21. Juni 1840 geboren worden), an die Klosterpforte von Missionsstation MariazellMariannhill/Natal zu klopfen. Ein Wagnis und auch ein Abenteuer; denn die Südafrikamission stand noch ganz am Anfang. Es war Gründerzeit.
Bruder Famian wurde nach seinem Noviziat in Reichenau-Mission eingesetzt, wo man einen tüchtigen Schmiedemeister dringend brauchte; mit dem Aufbau dieser Station war soeben begonnen worden. Aus der Pionierzeit erzählte Bruder Famian in späteren Jahren gerne eine Episode: Eines Tages kam ein weißer Farmer zu Besuch auf die Station. Da es in Reichenau noch keine festen Ställe gab, beschloss der Weiße, sein Reitpferd an einen kleinen Amboss, der vor der provisorischen Schmiede Bruder Famians stand, anzubinden. Am nächsten Morgen als der Weiße sein Pferd wieder satteln wollte war es nirgends zu finden. Erst nach langem Suchen entdeckte man es hinter einem Hügel, friedlich grasend. Den kleinen Amboss hatte es am Strick hinter sich her geschleift!
Bruder Famian, gelernter Hufschmied, war aber auch Spengler, Schlosser, Kunstschmied. Mit großem Geschick wusste er fast überall auszuhelfen, wo mit Metallen zu arbeiten war. Fast 30 Jahre lang versah er zusammen mit seinen schwarzen Lehrlingen und Gesellen diese Arbeit auf der großen Station am Polela. Dann, schon ein Greis, ging er auf Wunsch seiner Oberen nach Mariazell und stand auch hier seinen Mann. Seine ruhige Art, auch im Umgang mit Schwarzen, machte ihn allseits beliebt. Als er aus Altersgründen den Schmiedehammer niederlegen musste, kehrte er nach Mariazell zurück. Nur mehr wenige Monate waren ihm dort im Altenheim vergönnt. Er starb 82-jährig am 12. Januar 1922.
Bruder Robert Marschollek (1899 - 1981) Er strahlte Freude aus
Bruder Robert Marschollek"Wir spüren es jeden Tag, er fehlt uns. Wir vermissen seine Gemeinschaft. Er strahlte Freude aus, Frieden, Freundlichkeit, Zufriedenheit. Er war bescheiden. Alle mochten ihn; alle wussten, dass er viel für sie betete; in den letzten Jahren seines Lebens sah man ihn fast nur noch mit dem Rosenkranz in den Händen …" So schrieben seine Mitbrüder in Umtata kurz nach seinem Tod.
Bruder Robert stammte aus Oppeln/Oberschlesien. Bei der Eisenbahn hatte er das Zimmermannshandwerk erlernt. Zu den Mariannhillern kam er 1920; 1922 legte er seine Ordensprofess ab und wirkte anschließend in Reimlingen. 1932, mittlerweile 33 Jahre alt, fuhr er in die Südafrikamission. 30 Jahre lang arbeitete (und betete) er unermüdlich in Landsend bei Umtata, lehrte schwarze Jugendliche das Schreinerhandwerk und errichtete unzählige Dachstühle und Treppenhäuser. Für über 200 Kirchen, Schulen und andere Missionsgebäude schreinerte er Fenster, Türen, Schränke, Tische usw. – Während eines Heimaturlaubs besuchte er auch den berühmten Wallfahrtsort Lourdes in Südfrankreich. Seitdem, so erzählte er oft schmunzelnd seinen Mitbrüdern in der Transkei, hatte er kein Kopfweh mehr. Das Lourdeswasser, so beteuerte er lächelnd, habe ihn von diesen lästigen Schmerzen befreit …
Bruder Robert war ein großer Marienverehrer. Er wusste sich ganz in der Tradition mit Franz Pfanner, dem Gründer von Mariannhill, der fast alle Missionsstationen nach einem Marienwallfahrtsort (in Europa) benannt hatte.
Beim Requiem für den Verstorbenen waren zwei schwarze Bischöfe anwesend. Sie wollten dem stets gut gelaunten und bescheidenen Bruder die letzte Ehre erweisen, gleichsam stellvertretend für die vielen, denen er zu Lebzeiten geholfen hatte.
Bruder Callistus Hermann Menke (1871 - 1959) Hausvater in der alten Klostermühle
Er war ein großer, schlanker, zäher Westfale. Seine Schaffenskraft kannte keine Grenzen; bis ins hohe Alter blieb er agil und an allem interessiert. Erst als ihn eine Bruder Callistus MenkeGallenoperation - schon 88 Jahre alt - ans Bett fesselte schien er zu begreifen dass er dem Tod nicht für immer „ein Schnippchen" schlagen konnte. Aber er nahm auch Krankheit und Sterben gelassen und ruhig hin; lächelnd ohne Protest, stellte er sich dem Schicksal aller Menschen. Bruder Callistus (in der Taufe erhielt er den Namen Hermann) wurde am 21. Dezember 1871 in Lette bei Beckum/Westfalen geboren. Mit 17 Jahren ging er zu einem Müller in die Lehre; als Geselle arbeitete er in Münster und Recklinghausen. Glänzende Zeugnisse aus jener Zeit wiesen ihn als einen hervorragenden Arbeiter und Fachmann seines Gewerbes aus. Im Sommer 1894 fuhr er per Schiff nach Südafrika und trat dort im Missionskloster Mariannhill ein. Nach der Ablegung der Ordensgelübde wirkte er in Lourdes, wo damals 20 Brüder im Einsatz waren. Mit 27 Jahren war Bruder Callistus der jüngste unter ihnen. Ihm übertrug man den Posten des Haus- und Brüdermeisters. Aber in Wirklichkeit half er überall mit: ob in der Mühle oder im Hühnerstall, auf dem Feld oder im Haus - er war ein hervorragender Arbeiter und zuverlässiger Ordensmann. 1905 übernahm er die „alte Klostermühle" von Mariannhill; 54 Jahre lang blieb sie sein „Revier". Schmunzelnd nannte man die Mühle auch das „Kleine Kloster". Hier stand auch eine kleine Kirche und bis Anfang der 50er Jahre war hier die damals schon sehr modern eingerichtete Druckerei untergebracht. Die Klostermühle war also ein Zentrum echter missionarischer Tätigkeit. Neben dem Mühlenbetrieb versorgte Bruder Callistus auch die Geflügelzucht. Für die vielen Besucher hatte er immer ein freundliches Wort; er war der Hausvater des „Kleinen Klosters". Bei ihm fühlte man sich wohl. Als er 1950 aus Gesundheitsgründen ins Altenheim übersiedelte blieb er dennoch nicht untätig. Er sorgte für den Garten, pflanzte Tomaten, Bananen und Blumen und war nach wie vor ein liebenswürdiger Mitbruder, der auf alle zuging und sich mit allen unterhielt. Friede und Freude strahlten aus seinen guten Augen. Zufriedenheit lag auch auf seinem Antlitz, als er beim Angelusläuten am 10. Oktober 1959 ruhig und lautlos im Herrn entschlief.
Pater Alfred Maximilian Merkl (1913 - 1985) Viel unterwegs auf Werbetouren und Volksmissionen
Pater Alfred MerklMit die besten Jahre seines Lebens verbrachte er auf "Wanderschaft"; er war jahrelang ununterbrochen "auf Achse" – unterwegs auf Werbetouren und Volksmissionen. Sie hatten das eine Ziel: Mariannhill und die Mission bekannt zu machen; um Interesse für die Anliegen der Dritten Welt zu werben; die Gläubigen wachzurütteln für die vielseitigen Sorgen der jungen Kirchen.
Pater Alfred stammte aus Weiden in der Oberpfalz; in der Taufe erhielt er den "bayerischen" Königsnamen Maximilian. Nach dem Abitur (1935) entschied er sich für die Mariannhiller Gemeinschaft. Am 29. Juni 1940 wurde er zum Priester geweiht; der Zweite Weltkrieg wütete schon quer über Europa.
Als Kaplan in Schwandorf und Umgebung teilte Pater Alfred auch die Sorgen der Gläubigen während dieser schweren Zeit. Nach Kriegsende studierte er sechs Semester an der Musikhochschule in Regensburg. An den Wochenenden stellte er sich Sonntag für Sonntag in den Dienst der MIVA. 1950 riefen ihn die Ordensoberen nach Würzburg zurück; von hier aus sollte er in den kommenden Jahren seine Werbetätigkeit starten. Sie führte ihn durch alle Diözesen Süddeutschlands; es gab wenige Pfarreien, in denen er nicht predigte oder in den Schulen Katechesen hielt – immer mit Blick auf die Mission. Er führte Filme vor, half im Beichtstuhl aus, hielt Dia-Vorträge, organisierte Volksmissionen. Sein Witz und sein Humor, gepaart mit einem unverwüstlichen Optimismus, sorgten stets für volle Häuser.
Um die Missionsarbeit vor Ort kennenzulernen, besuchte Pater Alfred weite Gebiete des südlichen Afrika. Bereichert mit vielen Eindrücken und Erfahrungen, kehrte er nach Deutschland zurück, um seine Werbe-Tätigkeit wieder aufzunehmen. Er hielt in diesen Jahren über 50 Volksmissionen, gab viele Exerzitienkurse und Einkehrtage und beteiligte sich 1953/1954 auch an der Kapellenwagen-Mission im Großraum Bremen. Mit dem Jahr 1965 begann ein neuer Abschnitt in seinem Leben. Sechs Jahre lang leitete er das Studienseminar der Mariannhiller in Lohr und wirkte gleichzeitig als Religionslehrer am Gymnasium und an der Mädchenschule der fränkischen Kleinstadt. Anschließend wurde er Superior der Mariannhiller Niederlassung am Röntgenring in Würzburg. Nach einem Herzinfarkt musste er notgedrungen seine rastlose Tätigkeit einschränken; er wurde Hausgeistlicher in Östrich-Winkel/Rheingau (1974) und fünf Jahre später (1979) am Institut der Schulschwestern in Schillingsfürst. Hier wirkte er bis zu seinem Tod am 14. Juli 1985.
Pater Alfred wird seinen Mitbrüdern und all den vielen Tausenden von Menschen, denen er auf seinen vielen Werbetouren begegnete, als liebenswerter Priester in Erinnerung bleiben. Sein sonniges, heiteres Gemüt versprühte Optimismus und Lebensfreude. Sein gläubiges Gottvertrauen gab vielen Menschen wieder Mut und Hoffnung.
Bruder Alexius Paul Mühlan (1863 - 1926) Er ging bei Pfarrer Kneipp in die Schule
Seine Wiege stand in Uhlersdorf bei Glatz/Oberschlesien. Dort erblickte er am 5. März 1863 das Licht der Welt. Ehe er sich den Trappistenmissionaren in Südafrika Auf der Missionsstation Reichenauanschloss, war er Krankenwärter in einem Stift. Mariannhill erreichte er im Oktober 1886. Wenige Jahre nach seiner feierlichen Ordensprofess (es war in den 90er Jahren) sandten ihn seine Oberen nach Breslau, wo er sich bei den Barmherzigen Brüdern und anschließend bei Pfarrer Sebastian Kneipp in Wörishofen als Heilpraktiker ausbilden ließ. Es ging um die Naturheilkunde, um Wasserkuren und dgl. mehr. Wieder in Südafrika, wirkte Bruder Alex auf vielen Stationen als Hilfsarzt, Dentist und Krankenpfleger. Er hatte mit einfachsten „Hausmitteln" beste Erfolge. Viele Heilkräuter sammelte und erprobte er selbst. Immer wieder wurde er von den Schwarzen im Hinterland um Hilfe gerufen. Er ritt zu Pferd hinaus oder fuhr im Zweispänner. Kein Unwetter hielt ihn davon ab; kein Weg war ihm zu weit oder zu schlecht. Wenn es darum ging, Notleidenden zu helfen, war er zur Stelle. Bei einer schweren Typhusepidemie in Reichenau griff Bruder Alex persönlich ein, unterwies die schwarzen Krankenpfleger und rettete somit vielen Menschen das Leben.
Auf die eigene Gesundheit achtete er am allerwenigsten. So kam es, dass er sich bei einem Krankenruf in einem weitentfernten Kral Dorf eine schwere Lungenentzündung holte. Man zog einen Schulmediziner zu Rate, aber der konnte dem Brudermissionar nicht mehr helfen, als sich Herzbeschwerden dazugesellten. Nach 38-jähriger Liebestätigkeit als „Hausdoktor" der Missionare und Heilpraktiker für Tausende von Schwarzen, gab er am 26. Oktober 1926 sein Leben dem Schöpfer zurück. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von seinem Tod in ganz Natal. Scharenweise strömten die schwarzen Christen herbei, um von ihm Abschied zu nehmen. Den meisten hatte er auf irgendeine Weise in Krankheitsfällen beigestanden. Jetzt überhäuften sie seinen Sarg mit Blumen und Tränen ...
Bruder Eduard Niedermeier (1896 - 1976) Vom bayerischen Jägerbataillon zum Förster von Mönchsdeggingen
Bruder Eduard Niedermeier In Oberschweinbach bei Fürstenfeldbruck erblickte er am 26. August 1896 das Licht der Welt. Nach der Volksschule besuchte er zwei landwirtschaftliche Winterkurse in Sankt Ottilien, war anschließend Praktikant in Rieden bei Starnberg, wurde 1914 zum Bayerischen Jägerbataillon in Freising eingezogen und kam dann an die Front. Dreimal wurde er verwundet.
Nach dem Krieg arbeitete er beim Vermessungsamt in Fürstenfeldbruck; doch schon 1923 verließ er den Staatsdienst und trat bei den Mariannhillern in Reimlingen ein. Schon ein Jahr später fuhr er nach Südafrika, wo er 1926 seine Ordensprofess ablegte.
In der Südafrika-Mission erlernte er das Maurerhandwerk. Später wirkte er als Präfekt und Lehrer am St. Francis College in Mariannhill bei Durban.
Dann brach der Zweite Weltkrieg aus; Bruder Eduard wurde interniert. Von 1939 bis 1944 blieb er im Lager Pavianspoort bei Pretoria; dann wurde er auf eigenes Ansuchen hin repatriiert und kehrte nach Reimlingen zurück. Hier übernahm er die Sorge um den Wald, ab 1952 vor allem um die von Mariannhiller Missionaren betreuten Wälder bei Mönchsdeggingen.
"Waldbruder" nannten ihn jetzt viele, die ihn täglich seiner Arbeit nachgehen sahen. Still und pflichtbewusst tat er seine Dienste. Nie fing er sein Tagewerk an, ohne vorher zu beten. Den Novizen in Mönchsdeggingen, die sehr häufig mit ihm im Wald arbeiteten, lehrte er Ehrfurcht vor allem, was grünte; er lehrte sie auch den Sinn der körperlichen Arbeit. Nicht selten überraschte er sie mit englischen Zitaten. "The world is a stage, and the men are the players", sagte er eines Tages zu einer Gruppe junger Mariannhiller Kleriker. Als er ihr Staunen wahrnahm, fügte er rasch hinzu: "Stammt von Shakespeare! Nicht von mir …"
Bruder Eduard war ein Original im besten Sinne des Wortes. Ein-malig. Krankheit und Leid ertrug er mit großer Geduld. Er wollte keinem zur Last fallen, solange es ging. Als er nicht mehr in den Wald gehen konnte, half er im Packraum der Druckerei im Missionshaus Reimlingen mit. Dann zog er sich eine schwere Erkältung zu. Wenige Tage später entschlief er im Herrn – still, leise, ohne viel Aufhebens.
Bruder Alban Matthäus Oberbuchner (1857 - 1936) Farmer im stein-reichen Citeaux
Vom Haus aus war er Landwirt und er blieb es auch nach seinem Eintritt ins Missionskloster Mariannhill im Jahre 1883. Jedoch hatte er in Südafrika noch andere Die Lourdesgrotte von CiteauxTätigkeiten auszuüben, als Felder zu bestellen und Vieh zu züchten. Wie jeder Brudermissionar, musste auch Bruder Alban vielerlei Arbeiten übernehmen - und er fühlte sich wohl dabei.
Er stammte aus Halsbach bei Burghausen/Oberbayern; dort wurde er am 25. September 1857 geboren. Das Arbeiten auf dem heimatlichen Bauernhof war ihm von Kind an vertraut - kein Wunder, dass er sich auch auf den Missionsfarmen gleich zuhause fühlte. Nach kurzen Einsätzen in Ötting und Mariathal (zwei Missionsstationen in der Diözese Mariannhill in Natal) übernahm Bruder Alban die Farm von Citeaux im Bezirk Bulwer, ungefähr 1600 Meter über dem Meeresspiegel gelegen. Die an die 2000 Tagwerk umfassende Landwirtschaft lag in einer zerklüfteten, steinreichen Gegend; es kostete harte Mühe und viel Geduld, dem Boden etwas abzugewinnen.
Bruder Alban bestellte die Felder, überwachte die Viehwirtschaft und schaute auch im Haus, in den Ställen und im kleinen „Urwald", der zur Farm gehörte, nach dem Rechten.
Ganz am Anfang seiner missionarischen Tätigkeit in Citeaux gab es dort keine Kapelle, geschweige denn einen Priester; die Brüder der Pionierzeit mussten nach Reichenau reiten, um wenigstens sonntags die heilige Messe besuchen zu können. Das änderte sich, als Schwestern dazukamen; jetzt wurde dort auch ein Priester eingesetzt. Bruder Alban erstellte 1907 ein schmuckes Kirchlein, das von Abt Obrecht eingeweiht wurde. Nach und nach wurden auch die anderen Gebäude der Station aus soliden Steinen errichtet; Steine gab es ja in Fülle! Schließlich wurde die kleine Klostermühle - von dem erfinderischen Brudermissionar weitgehend selbst fabriziert - an den Umkumasfluss verlegt. Der führte fast das ganze Jahr über genug Wasser, um die Mühlräder zu treiben. In diesem Fluss war übrigens im Februar 1889 Pater Maurus Hörnemann ertrunken - auf dem Weg zu einem Kranken. Starker Gewitterregen hatte das Bett überraschend schnell anschwellen lassen, so dass der Missionar beim Durchreiten abgetrieben wurde und dabei ums Leben kam. Das war für Bruder Alban der äußere Anlass, eine Drahtseilfähre zu bauen, einfach in ihrer Konstruktion, aber von großem Segen für die Missionare und die schwarzen Christen der Umgebung.
1920, mittlerweile 63 Jahre alt, übernahm Bruder Alban eine etwas leichtere Arbeit in Himmelberg-Sowoti; das mildere Klima dort tat ihm gut. Nach siebenjähriger Tätigkeit ging er nach Reichenau, wo er in der Verwaltung arbeitete.
Wo immer Bruder Alban im Einsatz war, er sorgte sich um alles, hatte eine unverwüstliche Geduld und war in mancher Bedrängnis überaus erfinderisch. Ob es sich um die Landwirtschaft drehte, um Viehzäune und Obstplantagen oder um die Mühle, um den Bau einer Schule oder Kirche, um Holz-, Stein- oder Metallarbeiten - Bruder Alban wusste immer zu helfen. Er war, was man im Bayerischen einen Boßler und Tüftler nennt.
Trotz verstärkter Herzbeschwerden und zunehmendem Rheumatismus in den späteren Jahren seines Lebens blieb Bruder Alban stets zu einem Spaß aufgelegt; er liebte das Gesellige und den Gedankenaustausch unter Mitbrüdern.
Als er am 27. Oktober 1936 starb, hatte er über 50 Jahre dem Orden gedient.
Bruder Dismas Leopold Oberst (1872 - 1959) Die Schwarzen nannten ihn „Bruder Pfeffer“
In seinen alten Tagen pflegte Bruder Dismas seinen Mitbrüdern zuzurufen: „Ihr betet nicht genug, sonst wäre ich schon längst im Himmel!“ Er liebte es, zu scherzen, auch Schule auf der Missionsstation Centocowdann noch, als er von schwerer Krankheit gezeichnet war. Während den letzten sechs Monaten seines Lebens war er völlig gelähmt. Bruder Dismas stammte aus Ilmspan (fränkisches Nordbaden); dort wurde er am 27. August 1872 geboren. Nach der Volksschule erlernte er das Schreinerhandwerk. Mit 23 Jahren wollte er in die Mission, doch der plötzliche Tod seines Vaters machte seinen Plan zunichte. Er musste mithelfen, die achtköpfige Familie zu ernähren. Erst 14 Jahre später wurde sein Weg frei. 1910 nahm er für immer von zu Hause Abschied. Am Fest Peter und Paul wurde er in Mariannhill/Südafrika eingekleidet. Die Missionsstation Centocow wurde seine neue Heimat. Hier betreute er 23 Jahre lang die Weingärten, manchmal auch die Schreinerei oder sprang ein, wo eben gerade Not am Mann war. Beim Bau einer Außenstation stürzte er 1938 auf sehr unglückliche Weise von einem Baum; er erlitt schwere Verletzungen und konnte nur noch mit Krücken gehen. Trotz ständiger Schmerzen ging er weiterhin seiner gewohnten Arbeit nach. Und als er 1954 ins Altenpflegeheim nach Mariannhill gebracht wurde, setzte er sich auch noch nicht zur Ruhe sondern pflegte fortan den Bananenhain am Steilhang hinter dem Kloster, schuf Terrassen und Steinrinnen für das Wasser. Immer flink und flott, auch mit den Krücken. Das war wohl auch er Grund, warum ihn die Schwarzen „Belebele“ nannten - jener, „der wie Pfeffer wirkt“; der anregt und belebt. Eine besondere Freude war es für ihn, wenn ihn seine Schwester (die bei den Mariannhiller Missionarinnen eingetreten war) besuchte. Sie war in der Korbflechterei im Konvent von Mariannhill tätig. Beim Austausch gemeinsamer Erinnerungen fühlte sich Bruder Dismas immer sehr wohl. Seine Heimat hat er, wie damals für Missionare üblich, nie mehr gesehen. Er starb in den ersten Januartagen 1959. Sicher wurde auch ihm das Paradies zuteil, das der Gekreuzigte seinem Namenspatron auf Golgatha versprochen hatte.
Bruder Donat Josef Pappe (1911 - 1986) Versiert in vielen Berufen
Bruder Donat PappeAls er starb, hieß es in einer Zeitung, er sei einer der bekanntesten Mariannhiller im Ries gewesen; ein umgänglicher, hilfsbereiter, umsichtiger und sehr geschickter Ordensmann!
Er wurde am 14. März 1911 in Hofen/Dunstelkingen in einer tiefreligiösen und kinderreichen Familie geboren. 1926 meldete er sich bei den Mariannhillern in Reimlingen; 1930 legte er die Ordensprofess ab. 60 Jahre lang blieb er der Gemeinschaft treu – in steter Sorge und Mühe und Arbeitslast. Er war ein vorbildlicher Ordensmann, ein pflichteifriger, zuverlässiger und sehr praktisch veranlagter Mitbruder. Gleich nach der Gelübdeablegung schickten ihn seine Oberen in die neue Niederlassung nach Langenbielau/Schlesien. Es war eine harte Zeit, eine Zeit der Entbehrungen und Einschränkungen. Als die Mariannhiller Schule von Langenbielau nach Schurgast verlegt wurde, ging Bruder Donat dorthin. Er bildete sich ständig selber weiter durch Selbststudium, Befragen, Probieren; er wusste mit Steinen umzugehen, mit Metallen, mit Wasser, Holz und Strom, auch mit Gartenpflanzen und Bäumen. Wenig, was er nicht konnte! Sogar Bienen betreute er, wenn ein Mitbruder gerade ausfiel.
Bald nach Kriegsausbruch erhielt Bruder Donat den Gestellungsbefehl; er rückte ein, kehrte aber wenige Tage später wieder heim, vom Wehrmachtsarzt als dauernd wehrdienstuntauglich geschrieben. Was damals (und auch später) wenige seiner Mitbrüder wussten: er hatte ein schweres Herzleiden. Aber er redete nicht darüber, ließ es sich nicht anmerken.
Dann kam die Flucht – nach dem Krieg. An die 1000 Kilometer legte er mit den Schwestern von Schurgast zurück, bis sie Dillingen und Reimlingen erreichten. Im Seminar und Schloss plagte er sich fortan, wieder als Hausmeister und "Mädchen für alles".
Und als das Missionsseminar zum Bildungshaus Sankt Albert umgebaut und von der Diözese Augsburg übernommen wurde, erklärte sich Bruder Donat bereit, weiterhin Hausmeisterdienste zu verrichten. Er tat es bis kurz vor seinem Tod. Auf dem Friedhof in Reimlingen fand er seine letzte Ruhe.
Bruder Ägidius Franz-Xaver Pfister (1876 - 1932) Der Wandermönch von Triashill
Triashill, ein Geschenk des Multimillionärs Cecil Rhodes an Missionsabt Franz Pfanner, liegt in der Nähe des Herrschersitzes des schwarzen „Goldkönigs" Monomotapa im Bruder Ägidius Pfisternördlichen Simbabwe. Auf dem riesigen Farmgelände errichteten die Mönche von Mariannhill ihre erste Missionsstation am Sambesi.
Eng verbunden mit der Geschichte von Triashill ist der Name des frommen Bruders Ägidius Pfister, des vielleicht populärsten Missionars von Mashonaland überhaupt.
„Gott sei gepriesen, dass ich von katholischen Eltern geboren und noch am selben Tag getauft wurde! Gott sei gepriesen, dass meine Mutter mich schon als Kind auf den Dreifaltigkeitsberg (Triashill!) bei Spaichingen getragen hat! Gott sei gepriesen, dass ich am Jahrestag meiner Ersten Heiligen Kommunion afrikanischen Boden betreten durfte! Gott sei gepriesen, dass ich nach Triashill geschickt wurde..." – So schrieb Bruder Ägidius in sein Tagebuch, drei Jahre vor seinem Tod.
Geboren wurde Bruder Ägidius am 26. September 1876 in Rottweil. Sein Elternhaus stand direkt neben dem Kleinen Seminar der Diözese Rottenburg. Was Wunder, dass der kleine Franz-Xaver (Taufname des späteren Missionars) selbst Priester werden wollte. Er besuchte denn auch das Humanistische Gymnasium, musste aber später aus Gesundheitsgründen abbrechen und fing eine Lehre als Landschaftsgärtner an. Mit 21 Jahren entschloß er sich, bei den Trappisten-Missionaren im südafrikanischen Mariannhill einzutreten. Das war 1897.
In der großen Missionszentrale arbeitete Bruder Ägidius im Wald, in den Obstplantagen und Gemüsegärten. 1909 wurde er auf die (wieder eröffnete) Triashill-Mission nach Rhodesien (heute Simbabwe) entsandt. Mit Ausnahme von drei Jahren (Internierung während des 1. Weltkrieges) blieb er in Triashill und Umgebung bis Oktober 1929. Der Wald und die Gärten waren auch in Triashill sein Revier, zusätzlich aber auch das Klassenzimmer. Am allerwohlsten fühlte er sich jedoch draußen in den Dörfern und Krals der Schwarzen, im Hinterland. Er suchte immer wieder neue Plätze aus für Schulen und Kirchen, betreute Kranke und Sterbende und sah sich stets als „Vorläufer des Priester-Missionars". Wo immer es um die Rettung von Seelen ging, war er zur Stelle. An manchen Tagen legte er 30 bis 40 Meilen zu Fuß zurück. Bei sich trug er wenig: eine Decke, ein Stück trockenes Brot, ein paar Erdnüsse und den Rosenkranz. Über viele seiner ausgedehnten Wanderungen führte er Buch. 18 Tagebuchhefte sind uns erhalten geblieben. Da heißt es zum Beispiel: „1530 Kilometer in zehn Wochen zurückgelegt." Oder: „3220 Kilometer in sechs Monaten zu Fuß gegangen..."
Bruder Ägidius lebte wie die Menschen, die er besuchte und betreute. Er aß, was man ihm gab, schlichtete ihre Händel, war Vater und Freund der Armen. Unzählige „Heiden" wurden von ihm in Todesgefahr getauft.
Auch literarisch war er tätig. Mehrere Schulbücher gehen auf ihn zurück, darunter das Standardwerk „Easy English". Die Eingeborenensprache beherrschte er wie kein anderer Weißer. Selbst Häuptlinge zollten ihm dafür großes Lob.
Für die Fortbildung der schwarzen Lehrer organisierte er (er selbst hatte sich weitergebildet und das Lehrerdiplom gemacht!) unzählige Wochenend-Kurse, die alsbald zum Modell für viele Regierungsschulen wurden. Wo immer Bruder Ägidius auftauchte – in seiner rauen Kutte, mit wallendem, weißem Bart und breitkrempigem Hut – er war gern gesehen und beliebt. Trotz großer missionarischer Erfolge blieb er bescheiden. War er aber einmal von einer Idee überzeugt, konnte er auch hartnäckig sein. So setzte er gegen den Widerstand seiner kirchlichen Obern durch, dass talentierte junge schwarze Buben bei ihm Sonderunterricht nahmen, auch in der lateinischen Sprache. Einige von ihnen gingen später nach Mariannhill/Natal, wo sie das Abitur machten und Theologie studierten. Father Kilian Samakande (er starb hochbetagt 1986 in Südafrika) war der erste einheimische Priester aus Manicaland; Bruder Ägidius war auch sein Lateinlehrer gewesen.
Eine große Enttäuschung für den Brudermissionar war 1929 die Anordnung Roms, die Mariannhiller Missionare müssten Manicaland verlassen und künftig Matabeleland im Südwesten von Rhodesien/Simbabwe übernehmen. So sehr sich Bruder Ägidius auch mühte, in Matabeleland Fuß zu fassen, er tat sich schwer.
In Empadeni, der ältesten katholischen Mission des Landes, fand er zwar ein neues Zuhause, aber mit den Leuten der Umgebung wurde er nicht recht warm. Zu lange hatte er unter den zutraulichen und offenen Mashonas gelebt.
Die Amandebele seien, so meinte er, so ganz anders; für das Religiöse so gar nicht ansprechbar.
Doch der Seeleneifer trieb ihn auch jetzt immer wieder hinaus ins Hinterland, direkt zu den Menschen. Das war auch im Dezember 1932 so. Bischof Arnoz von Bulawayo hatte ihn beauftragt, in der Wankie-Reservation eine Außenschule zu gründen. Vom 8. bis zum 24. Dezember hielt er sich dort auf. Die Christmette feierte er wieder in Bulawayo, bereits von einer tödlichen Krankheit infiziert.
In den Tagen nach Weihnachten nahmen Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen und Durchfall zu. Bruder Ägidius ordnete seine Notizen und erstellte Skizzen für künftige Außenschulen. Er wollte, schier mit Gewalt, seine Erkrankung ignorieren.
Am 29. Dezember fand man ihn bewusstlos auf seinem Zimmer. Im Krankenhaus von Bulawayo starb er am nächsten Tag, erst 56 Jahre alt. Krankheitsursache: Gehirn-Malaria.
Bei strömendem Regen (sein Tod fiel in den afrikanischen Sommer, in die Regenzeit) wurde er am 31. Dezember auf dem Europäerfriedhof von Bulawayo beigesetzt; außer den Sargträgern waren keine Schwarzen anwesend. Die städtischen Eingeborenen kannten den Verstorbenen nicht, der Jahrzehnte in einem weit entfernten anderen Landesteil gewirkt hatte. Bruder Ägidius, der Vater und Freund der Schwarzen, musste von diesem Leben Abschied nehmen, ohne seine Freunde ein letztes Mal grüßen zu können.
Als die Leute von Triashill und Umgebung die traurige Nachricht vom Tod des Bruders hörten, strömten sie zu Tausenden auf die Station und beteten für ihren väterlichen Freund. – Auch nach fünfzig Jahren redet man in Triashill noch von diesem „heiligmäßigen Bruder", der so unendlich viel Gutes getan hat; von dem niemand wegging, ohne ein klein wenig getröstet worden zu sein. Bruder Ägidius wäre gern Priester geworden. Es war ihm nicht vergönnt gewesen. Aber seine ausgedehnten Wanderungen im Land des sagenhaften Goldkönigs waren von nichts anderem motiviert, als von dem Drang, Seelen zu retten.
Ein protestantischer Schulinspektor schrieb, als er vom Tod des Mariannhiller Bruders hörte: „Er war einer der feinsten Männer, die ich je getroffen habe, immer seine Pflicht freudig erfüllend, immer bereit zu helfen. Sein Tod ist auch für uns ein sehr großer Verlust. Zweifellos wird er seinen Lohn geerntet haben für so ein Leben, das allen Preis und alles Lob verdient. Ich bin sicher, dass er sich schon jetzt unter denen befindet, die dem guten Herrn in diesem Erdenleben treu gedient haben."
Bruder Romuald Gottlieb Pickel (1862 - 1937) Vom Weinbauern zum Meisterkoch
Bruder Romuald war Weinbauer in seinem Heimatort Markelsheim an der Tauber (er war dort am 11. Februar 1862 zur Welt gekommen) und schon 27 Jahre alt, als er 1889 Diese Karte aus dem 19. Jahrhundert zeigt die Usambara-Berge im heutigen Keniain Mariannhill eintrat. Der Weingärtner vom Taubergrund, der frische Luft und die freie Natur über alles liebte, musste im Missionszentrum eine ihm zunächst fremde Arbeit übernehmen: er wurde Koch in der Küchenbarracke. Die Hitze in dem niedrigen Behelfsbau war schier unerträglich. Besser wurde es erst, als ein solider Küchenbau erstellt wurde. Bruder Romuald, der mit seinem Küchenteam an die 100 Personen regelmäßig zu betreuen hatte, zu denen sich mitunter noch Dutzende von Gästen gesellten, beklagte sich jedoch nie. Er war von kräftiger Statur und wusste, wenn er diese Arbeit nicht tat, musste es ein anderer tun. Ja, er erklärte sich sogar bereit, über den Küchendienst hinaus noch andere Arbeiten zu übernehmen, etwa in der Klostermühle oder als Betreuer in der Internatsschule.
Es muss für ihn nicht nur ein besonderer Einschnitt in sein Leben gewesen sein, sondern auch eine große Freude, als er gegen Ende des Jahrhunderts (um 1896) ein Missionsteam nach dem damaligen Deutsch-Ostafrika (heute Tansania) begleiten durfte. In den Usambarabergen, wo die erste Station errichtet wurde, wirkte er als Organisator. Leider war dieser Einsatz nur von kurzer Dauer; die Mönche von Mariannhill wurden wieder abgezogen, da andere Kräfte die Evangelisation in jener Gegend übernahmen.
Wieder zurück in Natal, verrichtete er diverse Arbeiten auf verschiedenen Stationen. Später rief man ihn nach Mariannhill zurück, wo er beim Bischof den Posten des Hausmeisters übernahm. Für ihn ein ehrenvolles Amt, das er bis ins hohe Alter versah. Er starb am 10. Dezember 1937 - nach einem mühevollen Leben im Dienste Gottes und der Menschen.
Pater Franz Xaver von Quadt, Graf von und zu Wickrath-Isny (1912 - 1985) Aus bayerischem Adel
Pater Xaver von QuadtEr hatte fürstliche Titel mit in die Wiege bekommen, aber er machte sich nie etwas daraus. Wer ihn kannte, wusste um seine Bescheidenheit. Seine vornehme Art, auf die Menschen zuzugehen, machte ihn überall beliebt.
Stammsitz seiner Eltern war Isny im Allgäu. Die Vorfahren waren aus Wickrath im Münsterland gekommen. Pater Xaver, wie ihn seine Mitbrüder nannten, wurde 1912 in München geboren. Dort besuchte er auch das Realgymnasium. Mit 20 Jahren entschloss er sich, bei den Mariannhiller Missionaren einzutreten. Die philosophischen und theologischen Studien machte er an der Universität Würzburg; 1937 wurde er zum Priester geweiht. Nach einem Kurs in Tropenmedizin (als Vorbereitung auf den Einsatz in der Afrikamission) fuhr er nach Mariannhill bei Durban. Hier wirkte er auf verschiedenen Stationen – bis der Zweite Weltkrieg ausbrach. Zusammen mit anderen Jungmissionaren wurde Pater von Quadt interniert. Nach seiner Freilassung (1942) lebte und wirkte er im Missionszentrum Mariannhill (offiziell war es noch "Hausarrest"!). Erst nach Kriegsende durfte er wieder Missionsarbeit im Hinterland übernehmen.
Ein Herz für die schwarzen Wanderarbeiter
Zunächst übernahm er Seelsorgsarbeit in Sankt Bonifatius; später wurde er Rektor von Kwa-Sankt Joseph und Novizenmeister der schwarzen Franziskanergemeinschaft. Weitere Stationen waren Mariathal und Umbumbulu. Dann ernannte ihn Bischof Alfons Streit zum Generalsuperior einer einheimischen Priester- und Brüdergemeinschaft; er betreute gleichzeitig die Station Oetting. Hier half ihm zeitweise seine Mutter, Gräfin von Quadt, bei den Büroarbeiten und im Haushalt. Während dieser Jahre übernahm Pater Xaver auch unzählige Sonderaufgaben, vor allem im Dienste der schwarzen Männervereine. Er reiste landauf, landab, um die Wanderarbeiter zu betreuen, die in den großen Industriezentren des Landes, oft Hunderte von Kilometern von ihren Familien entfernt, leben mussten. Um das soziale Wohl dieser einfachen Arbeiter kümmerte sich der Mariannhiller Missionar besonders. Für sie war ihm kein Weg zu weit. Um der schwarzen Bevölkerung bessere Postverbindungen zu ermöglichen, ließ Pater Xaver auf vielen Missionsstationen postalische Zweigstellen errichten. Als Anerkennung dieser Mühen benannte der Postminister eine neu errichtete Station nach dem Mariannhiller: Xaverville in Bulwer.
Von Himmelberg nach Mater Dolorosa
Die letzte große Station seines missionarischen Wirkens war Himmelberg. Diese Station betreute er ab 1974; hier blieb er zehn Jahre lang. Doch dann, als seine Gesundheit mehr und mehr zu wünschen übrig ließ (ein schwerer Verkehrsunfall war mit Schuld), zog er sich ins Mater Dolorosa-Heim nach Mariannhill zurück. Mehrere Herzinfarkte zwangen ihn zu diesem Schritt; es fiel ihm sehr schwer, die aktive Seelsorge aufgeben zu müssen. Aber auch jetzt nahm er noch regen Anteil am Leben der Mitbrüder in der Missionszentrale. Er besuchte die Brüder in den Werkstätten, plauderte mit den Angestellten und verbrachte viel Zeit in der Klosterkapelle. Und immer blieb er offen für neue Wege der missionarischen Seelsorge.
Sein Tod wurde von Tausenden von Schwarzen betrauert. An der Beerdigung nahmen drei Bischöfe teil; aus Deutschland war überdies Prinz Hieronymus von Schönburg, ein Verwandter, gekommen, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Pater Xaver fand auf dem Friedhof zu Mariannhill, mitten unter den vielen anderen Missionaren, seine letzte Ruhe.
Bruder Dionys Georg Reiser (1903 - 1980) Seine Heilkräuter und Hustenmittel waren beliebt
Bruder Dionys ReiserVor seinem Klostereintritt war der in Neumarkt/Oberpfalz geborene Bruder gelernter Apotheker. In der Südafrikamission erlernte er das Maurerhandwerk. Viele Jahre oblag ihm auch der Krankenpflegedienst. Einfache Krankheiten behandelte er selber. Seine Heilkräuter und Hustenmittel waren allseits bekannt und beliebt. Es gab nur wenige Heilpflanzen im südlichen Afrika, die er nicht kannte; er wusste um ihre Anwendung, wusste aber auch, wann er einen Patienten dem Arzt übergeben musste. Ab 1964 arbeitete Bruder Dionys im großen Büro von Mariannhill. Stets war er bemüht, den Mitmenschen zu helfen, ihnen Gutes zu tun, sie zum Gutestun zu animieren. Wusste er nicht mehr weiter, sah er keine Chance mehr zu helfen, dann griff er zum Rosenkranz; dann überließ er es dem Willen Gottes.
Bruder Dionys war ein stiller und unauffälliger Ordensmann, ein mutiger Nachfolger des Gründers von Mariannhill. Als er starb, im 77. Lebensjahr, hatte er 56 Jahre seines Lebens im Dienste der Mariannhiller Mission verbracht. Ein segensvolles Leben – segensvoll nicht zuletzt für die Menschen im südlichen Afrika.
Pater Marianus Heinrich Renk (1904 - 1981) Zwischen Heimat und Mission
Pater Marianus RenkMit 16 Jahren meldete er sich bei den Mariannhillern – der Bauernbub Heinrich (erst im Kloster erhielt er den Namen Marianus) aus Friesen im Landkreis Kronach/Oberfranken. Das war im Herbst 1920. In Lohr und Reimlingen besuchte er das Gymnasium; 1928 legte er die Ordensprofess ab, 1932 wurde er zum Priester geweiht. Noch im gleichen Jahr begann er an der Dominikanerhochschule Angelicum in Rom mit dem Sonderstudium der Dogmatik. Von 1935 bis in die ersten Kriegsjahre hinein dozierte er im Piusseminar zu Würzburg Dogmatik und Fundamentaltheologie. Als die meisten Fratres zum Militärdienst eingezogen worden waren, übernahm er eine Seelsorgestelle in seiner Heimatdiözese Bamberg. Unerschrocken und mutig trat er gegen das nationalsozialistische Regime an; mehrmals wurde er von der Gestapo verhört, aber sein energisches Auftreten schien auch bei ihnen Eindruck zu machen; sie ließen ihn immer wieder frei.
Auf dem Generalkapitel in Altdorf/Schweiz (1947) wurde Pater Marianus in die Ordensleitung berufen; ihr gehörte er bis 1957 an. Nach Ablauf seiner Amtszeit meldete er sich für die Rhodesienmission. Unter großem persönlichem Einsatz und eigenhändiger Mithilfe erstellte er die neue Kirche von St. Andrew's in Bulawayo. Von der Stadtpfarrei aus unternahm er auch häufig Kralbesuche in den benachbarten Goldminen, um auch dort schwarze Gläubige zu betreuen, wo kein regelmäßiger Gottesdienst stattfinden konnte.
Über Rom nach Regensburg
Aus der ihm liebgewordenen Missionsarbeit wurde Pater Marianus 1966 "herausgerissen" und nach Rom berufen, um den Posten des Generalprokurators zu übernehmen; sein Vorgänger, Pater Willehad Krause, war während eines Heimaturlaubs bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Als "Mann in Rom" vertrat er die Mariannhiller und leitete dort auch den Neubau des Generalates. Gleichzeitig übernahm er das Amt des Vizepostulators im Seligsprechungsprozess des Dieners Gottes Franz Pfanner.
Nach der Übersiedlung der Generalleitung von Mönchsdeggingen nach Rom suchte sich Pater Marianus, immer noch eifrig und unternehmungslustig, eine neue Aufgabe. Er fand sie 1971 als Präses der Marianischen Männerkongregation der Diözese Regensburg – mit Sitz in Straubing. Zu seinen Pflichten gehörte es, ca. 9000 Sodalen in 120 Pfarreien an Sonn- und Feiertagen zu besuchen und zu betreuen. Dazu kam noch während der Woche Religionsunterricht an verschiedenen Berufsschulen. Die Marienverehrung stand zeitlebens auf seiner Fahne; sie war ohne Überschwang, einfach und echt. Gerne hätte Pater Marianus die Sonderseelsorge als Präses der Marianischen Männerkongregation fortgeführt, aber er spürte, inzwischen 70 geworden, dass seine Kräfte nachließen. So gab er die Betreuung der Sodalen in jüngere Hände, er selbst aber meldete sich abermals für die Mission, um die geistliche Leitung einer einheimischen Schwesternkongregation in Simbabwe zu übernehmen. Seiner Sachkenntnis und Erfahrung war es zu danken, dass die Schwesterngemeinschaft solide Konstitutionen erhalten hat.
Pater Marianus arbeitete, solange es eben ging. Auch drei Schlaganfälle entmutigten ihn nicht; er erholte sich und war wieder bereit, seinen Mitbrüdern in der Seelsorge beizustehen; doch dann erreichte ihn die Nachricht von der Ermordung Pater Edmar Sommerreißers; diese Aufregung nach den vorangegangenen schwächenden Schlaganfällen war für ihn zuviel. Er starb nur wenige Stunden nach dem Überfall auf Regina Mundi. Auf dem städtischen Friedhof von Bulawayo fanden beide Missionare die letzte Ruhe.
Pater Liborius Adolf Reuss (1909 - 1983) Nie machte er von sich Aufhebens
Pater Liborius ReussHätte er von diesem Sammelband mit Mariannhiller Porträts erfahren, er hätte das Projekt gewiss gutgeheißen, aber nicht, dass er selber in diese Reihe aufgenommen würde. Um sich machte er nie Aufhebens; er selbst wollte nie auffallen, nie Sonderprivilege. Er war die Genügsamkeit in Person.
Pater Liborius wurde am 27. Januar 1909 in Ettleben bei Würzburg geboren; er studierte bei den Mariannhillern in Lohr und Würzburg und wurde 1935 zum Priester geweiht. Von 1936 bis 1942 war er Lehrer in Sankt Paul/Holland. Die niederländische Sprache beherrschte er bestens. Im Oktober 1942 wurde er zum Militärdienst verpflichtet; er geriet in französische Gefangenschaft. Nach der Entlassung war er Kaplan in Kronach/Oberfranken und ab 1947 Lehrer in Reimlingen. 1960 ging er nach Neuß und übernahm die Betreuung einer Gruppe Spätberufener; er trieb die Errichtung des Studienheimes der Mariannhiller voran und leitete es bis 1969.
Ein Herz für Behinderte
Schon 60 Jahre alt, übernahm Pater Liborius eine neue Aufgabe im Benediktushof in Maria Veen. Er entwickelte außerordentliche Fähigkeiten im Dienste der Behinderten; es war ein Charisma eigener Art. Niemand, der ihn kannte, hätte ihm das zugetraut. Aber so war er zeitlebens: er drängte nie vor, war bescheiden, wirkte im Stillen. So auch jetzt unter den Behinderten. Für sie wurde er Vater und Freund. Ihnen opferte er seine ganze Zeit; für sie war er ständig unterwegs.
Dabei sorgte er sich aber nach wie vor auch um die Gesamtprovinz der Mariannhiller. Er scheute sich nicht, selbst Hand anzulegen, wenn es galt, einen lang erwogenen Plan auszuführen. In Sankt Paul, in Reimlingen, in Neuß – wo immer er im Dienste seiner Gemeinschaft stand, sorgte er sich um sie, schmiedete Pläne, entwarf Zukunftsprojekte. Trotz überreicher Arbeit und Termine blieb er ein besinnlicher Mensch. Er liebte die Musik und die darstellende Kunst und hatte offene Augen für die Natur. Es ging ihm um das Wahre und Echte. An sich selbst dachte er immer zuletzt, es sei denn, es ging um sein eigenes Seelenheil. Dass er sich eine Zeitlang mit dem Gedanken trug, in ein Trappistenkloster einzutreten, wussten nur ganz wenige seiner Mitbrüder. Auch darüber ging Pater Liborius schweigend hinweg. Ohne Aufhebens.
Die letzten drei Jahre seines Lebens waren von Krankheit und Schmerzen gezeichnet. Auch sie trug er in Stille und Ergebenheit.
Als er am 6. April 1983 im Benediktushof starb, trauerte jung und alt im Rehabilitationszentrum; beim Requiem nahmen die Behinderten von ihrem väterlichen Freund Abschied. Für Pater Liborius, hätte man ihn vorher gefragt, wäre das schon zu viel des Guten gewesen; am liebsten wäre er lautlos von dannen gegangen – in der Gewissheit, dass ein anderer auf ihn wartete …
Pater Kuno Ringenberger (1935 - 1973) Wenige hätten es anspruchsloser tun können
Pater Kuno RingenbergerDas herkömmliche Bild vom Missionar mit schlohweißem Bart und rundem Tropenhelm passte nicht zu ihm. Überhaupt schien er in kein Schema zu passen: Pater Kuno war etwas eigenwilliger, als seinen Mitmenschen recht sein konnte, meistens aber auch noch schneller und provokativer, als selbst seine Freunde verkrafteten. Es war nicht leicht, sich mit ihm über ein Thema zu einigen. Aber in einem Punkt war man sich von jeher einig: Er liebte Afrika und die Afrikaner; und die liebten ihn. Als er am 20. Juli 1973, erst 38 Jahre alt, auf der von ihm selbst gegründeten Missionsstation Kapalu (die Mashona und einige andere afrikanische Stämme, die kein L sprechen, sagen stattdessen "Kaparu") in der Erzdiözese Lusaka/Sambia starb, plötzlich und unerwartet, weinten sogar schwarze Männer wie kleine Kinder. Er hatte viel für die Mission getan; wenige hätten es anspruchsloser tun können.
Seine erste "Liebe" war Rhodesien/Simbabwe
Was war an Pater Kuno außergewöhnlich? Sein Lebenslauf unterscheidet sich kaum von dem anderer Missionare. Er wurde 1935 in Neuburg an der Donau (als vorletztes von neun Kindern) geboren. In Reimlingen bei Nördlingen und in Lohr am Main besuchte er die Mariannhiller Schülerheime. Nach dem staatlichen Abitur und dem Noviziat (1953/54) studierte er an der Universität Würzburg Philosophie und Theologie und wurde 1959 von Bischof A. G. Schmitt von Bulawayo zum Priester geweiht. Wenige Monate später fuhr er nach Rhodesien, unterrichtete am Lehrerseminar in Empandeni und wirkte anschließend auf der Brunapeg-Mission, ganz nahe an der Grenze zu Botswana. Hier war es, wo er die Mentalität der Schwarzen kennenlernte; hier hatte er viele Freunde unter den Eingeborenen; hier stellte er sich unmissverständlich auf ihre Seite – auf die Seite der Unterdrückten. Was Wunder, dass der rhodesische Geheimdienst ihm schon nach knapp fünf Jahren zu verstehen gab, er solle das Land unverzüglich verlassen? So kehrte er 1964 nach Deutschland zurück. In Erlangen übernahm er eine Seelsorgsstelle; später wurde er Religionslehrer an der Berufsschule in Arnsberg/Sauerland. So sehr er sich diesen neuen Aufgaben in der Heimat widmete, sein Herz hing nach wie vor an Afrika und seinen Menschen.
Neuanfang in Sambia
Da Rhodesien die Rückreise versperrte, meldete sich Pater Kuno bei Erzbischof Milingo von Lusaka. Der schwarze Prälat beauftragte den Mariannhiller Missionar sofort mit der Gründung einer neuen Station in einem bislang unerschlossenen Gebiet. Über ein Jahr lang lebte er in einer winzigen Backsteinhütte, mitten unter den Eingeborenen. Im Frühjahr 1973 konnte er endlich sein neues "Pfarrhaus" beziehen; auch einen Brunnen hatte er bohren lassen. Und schon plante er den Bau einer Missionskirche und eines Schwesternhauses mit Buschapotheke; doch dazu kam es nicht mehr.
Er zog sich ein Malariafieber zu, hatte Herzbeschwerden. In einem Brief an seine Freunde in Deutschland schrieb er: "Ihr möget recht behalten, so gut, wie ich es bei euch hatte, bekomme ich es hier nie mehr. Aber ich bin ja auch nicht nach Afrika zurückgekehrt, um es hier besser zu haben … Nun hat es mich aber doch arg erwischt. Es fing mit einem wahnsinnigen Stechen und Brennen in der Brustgegend an. Fünf Nächte konnte ich weder liegen noch schlafen. Erst eine starke Dosis Malariatabletten vertrieb nach einigen Tagen die Schmerzen. Auf der Höhe bin ich noch nicht. Ich habe mir geschworen, nicht aus dem Haus zu gehen, bis ich mich wieder besser bei Kräften fühle. Aber vor drei Tagen ließ ich mich dann doch überreden, ein schwarzes Mädchen in die Stadt zu fahren. Sie hatte eine schwere Geburt … Heute, am Sonntag, feierte ich die Eucharistie für rund 60 Leute in meinem Wohnzimmer. Die zweite Messe auf einer entlegenen Außenstation musste ich ausfallen lassen. Aushilfen gibt es hier nicht. Ich bin als Priester mutterseelenallein auf weiter Flur. Die schwarzen Christen werden sich daran gewöhnen müssen, ihre Gottesdienste künftig öfters ohne Priester zu gestalten. Der einheimische Priesternachwuchs lässt zu wünschen übrig, und aus der Heimat kommt immer weniger Nachschub. Die schwarzen Laien werden Religion selbst in die Hand nehmen müssen, wenn sie weiterhin Gott verehren wollen …"
Leben und Wirken im Busch
Die Schwarzen von Kapalu – Christen wie "Heiden" – schätzten die Arbeit des Missionars sehr hoch; einmal sagte ein Häuptling zu Pater Kuno: "Du musst zu mir kommen, wenn du etwas brauchst. Ich bin dein Vater, du bist mein Sohn …"
Zwei Tage später fuhr der alte Mann mit seinem Ochsenkarren vor und brachte Brennholz für den Missionar. Wenige Tage später meldeten sich 30 Freiwillige, um das Feld der Missionsstation zu jäten. Ein paar Wochen danach brachten sie auch die Ernte ein. Sie taten alles umsonst. Pater Kuno schrieb darüber in einem Rundbrief an seine Verwandten und Freunde in Deutschland: "Wie mir andere Missionare, die schon lange im Lande sind und es wissen müssten, bestätigen, gibt es so etwas auf keiner anderen Station. Das ist für mich ein Trost, auch eine Ermunterung, ich meine die Tatsache, dass meine Leute so opferfreudig sind und auch für die gemeinschaftlichen Projekte der Mission etwas übrig haben."
Ähnlich Erfreuliches konnte Pater Kuno über die Osterfeier auf Kapalu berichten. Rund 400 Personen waren gekommen – zu Fuß, per Traktor, mit dem Rad. Sogar ein Bus war dabei. Der gehörte einem Polygamisten; seine zwölf Frauen (sic!) und 48 Kinder hatten alle im Bus Platz gefunden. Pater Kuno: "Mir war momentan nicht ganz wohl dabei, doch was sollte ich tun? Die Leute wollten für ihre Sünden büßen, sagten sie mir. Der Polygamist gab mir schon wiederholt größere Beiträge zum Bau unserer neuen Kirche. Einmal überraschte es mich, dass ein vom Pfarrgemeinderat gewählter Mann den sonst sehr begehrten Posten als Vorsitzender ablehnte mit der Begründung, er müsse erst noch für seine Sünden Buße tun. Ich konnte nicht herausfinden, was er damit meinte. Aber die Leute wussten offensichtlich gut Bescheid. Der Mann gehört seitdem zu den freiwilligen Helfern auf dem Feld der Mission … Kürzlich bat mich ein Mädchen, für ihre 'uneheliche Niederkunft' Buße tun zu dürfen. Diese halböffentlichen Bußen werden den Betreffenden von den Gemeindemitgliedern auferlegt, nicht vom Priester. Ich muss nur gut darauf achten, dass sie nicht zu drastisch ausfallen …"
Er war ihnen Vater und Bruder
In einem seiner letzten Briefe erwähnte Pater Kuno, dass ihm die Krankheit und das Alleinsein schon arg zugesetzt haben; aber so sei er auch zu persönlicher Besinnung und zu Privatexerzitien gekommen: "Wenn man tagelang bzw. nächtelang schlaflos herumliegt, dann drängen sich einem Gedanken über Gott und die Welt auf; man denkt über sich selber nach; man ist dann auch bereit, die Leiden und Schmerzen für seine eigenen Sünden aufzuopfern, oder für andere."
Das Alleinsein (als einziger Weißer unter Schwarzen) hat ihn sicher nicht von seinen Leuten isoliert. Sie hatten bei ihm freien Zugang, und sie wussten auch, dass sie ihn jederzeit, sogar nachts, aus den Federn holen durften, wenn ein dringender Krankenruf es erforderlich machte. Diese Bereitschaft, jederzeit zu helfen, führte wohl auch zu seinem Tod: Herzversagen. Das wochenlange Malariafieber hatte ihn zu sehr geschwächt …
Ein Mitbruder aus Sambia schrieb kurz nach Pater Kunos Tod: "Er war für seine Leute ein Vater und Bruder … Und ich selbst habe Erzbischof Milingo gebeten, ihn in Kapalu beerdigen zu lassen, weil ich fühlte, dass dies wohl auch sein letzter Wunsch gewesen wäre – und die schwarzen Christen von Kapalu haben mich eigens darum angegangen."
Hauptzelebrant beim Requiem in Lusaka war Alt-Erzbischof Adam Kozlowiecki, ein ehemaliger KZ-Häftling in Dachau. Bei der Beisetzung in Kapalu, die Erzbischof Milingo vornahm, waren viele Missionare anwesend, auch ein hoher Vertreter der Regierung, mit dem Pater Kuno befreundet war.
Ein Jesuitenpater aus Lusaka schrieb zum Tod des 38jährigen Mariannhillers: "Er hat viel für die Mission getan; der Erzbischof wird es schwer haben, einen Nachfolger zu finden …"
"Wir sind stolz und glücklich …"
Wenige Wochen nach dem Tod Pater Kunos schrieb Erzbischof Emmanuel Milingo an das Generalat der Mariannhiller in Rom: "Pater Kuno wird immer bei uns bleiben; er war ein großer Missionar. In der kurzen Zeit, die er bei uns in der Erzdiözese tätig war, hat er eine wahrhaft christliche Gemeinde aufgebaut. Die Leute hatten eine tiefe Liebe zu ihm, und sie werden nie seine Worte und Anleitungen vergessen. Pater Kuno hat die Leute gut gekannt. Er war einer jener seltenen Missionare, die Grieche mit den Griechen werden – fast schon am Tag der Ankunft. Er opferte sich ganz für die Errichtung einer neuen Mission. Da er selbst ein harter Arbeiter war, lehrte er auch die Leute arbeiten. Sein Lieblingsspruch war: 'Wir wollen nicht Geld, sondern Hände.' – Wir sind stolz und glücklich, diesen großen mutigen Menschen unter uns gehabt zu haben, obschon es schwerfällt, die Beschlüsse Gottes zu verstehen … Irgendwie fühlen wir, dass er nicht von uns gegangen ist, dass er noch bei uns ist und uns mit seinem großen Interesse und seiner Liebe zu den Leuten weiterhilft. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie einen so ausgezeichneten Missionar zu uns entsandt haben."
Schafe ohne Hirten
Die aus Deutschland stammende Dominikanerin Schwester Digna, die Pater Kuno in Sambia kennengelernt hatte, war bei der Beerdigung des Verstorbenen dabei. Sie berichtete später darüber: "Mit mir waren mehrere Schwestern nach Kapalu gefahren. Als wir ankamen, hatten sich die Geistlichen schon zur Konzelebration versammelt. Unter einem Strohdach stand ein einfacher Altar. Nach der Predigt, die in zwei afrikanischen Dialekten und in englischer Sprache gehalten wurde, ergriff ein Katechist das Wort. Er erwähnte, dass Pater Kuno seine schwerkranke Schwester im Kraldorf besucht und im Glauben unterrichtet hatte. Wenige Wochen vor ihrem Tod sei sie auch von ihm getauft worden. – Sehr gerührt war ich, als ich zum Grab ging. Die Männer von Kapalu hatten alles vorbereitet. Sie hatten es mit Ziegelsteinen ausgekleidet. Einer der Männer stieg ins Grab und rückte den Sarg zurecht. Als wir uns von den Leuten verabschiedeten, sagten uns die Kirchenältesten, sie wünschten, dass die Mission künftig nach Pater Kuno benannt würde. Bei unserer Abfahrt standen immer noch Schwarze am Grab des jungen Missionars. Ich konnte immer nur zu mir selber sagen: Schafe ohne Hirten …"
Bruder Dominik Anton Risch (1909 - 1986) Bischöflicher Chauffeur und Zeremonienmeister
Bruder Dominik RischEr wurde zwei Wochen vor dem Tod Franz Pfanners geboren – im Mai 1909 in Kaldorf bei Eichstätt. Nach der Volksschule besuchte er das Internat der Mariannhiller in Lohr, ging dann ins Missionshaus Reimlingen, wo er als Buchbinder ausgebildet wurde. 1933 legte er seine Ordensprofess ab. Nach kurzem Wirken in Schurgast/Oberschlesien fuhr er in die Südafrikamission (1934). Er arbeitete in Melville und Umsinsini unter Bruder Bonaventura Daniels, dem Baumeister der Diözese Mariannhill. Für die Kapuzinerinnen in Melville wurde ein Konvent errichtet. Bischof Adalbero Fleischer hatte die Schwestern eigens nach Südafrika gerufen; sie sollten die aktive Missionsarbeit durch ihr Gebet unterstützen.
Bruder Dominik half auch mit beim Bau von Assisi-Mission (Mutterhaus einer schwarzen Schwesterngemeinschaft) und ging schließlich in die Buchbinderei nach Mariannhill. Nebenbei arbeitete er für Bischof Fleischer. Bei unzähligen bischöflichen Funktionen (Firmungen, Kirchweihen etc.) versah er die Dienste des Zeremonienmeisters. Die Buchbinderei befand sich damals noch in der Alten Mühle. Jeden Morgen ging Bruder Dominik zu Fuß dorthin, den Rosenkranz in der Hand. In späteren Jahren kümmerte er sich auch um den Kolpingsverein von Mariannhill.
Von 1938 bis 1976 war er in der Verwaltung und Buchführung der Missionszentrale tätig. Aber auch während dieser Zeit half er immer wieder den Bischöfen Alfons Streit sowie seinem Nachfolger Martin Elmar Schmid, vor allem auf den vielen Firmungsreisen ins Hinterland, oft auch als Chauffeur.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Bruder Dominik im Altenheim, besorgte für jene, die nicht mehr gehen konnten, Postgänge und dgl.; er war stets freundlich und hilfsbereit. Mit Worten auszudrücken, was er für die Mission geleistet und wieviel er für sie gebetet hat, ist nicht möglich. Das steht allein im Buch des Lebens.
Pater Georg Anton Rottmann (1898 - 1986) Kontaktmann zu den Klerikern an der Front
Pater Georg Anton RottmannÜber sein Leben hätte man die Worte des heiligen Augustinus schreiben können: "Unruhig ist unser Herz, o Herr, bis es Ruhe findet in dir!" – Sein ganzes Leben war geprägt von Seeleneifer und rastloser Tätigkeit.
Er liebte seine fränkische Heimat; gerne besuchte er seinen Heimatort Reuchelheim, wo er am 18. August 1898 geboren wurde. Nach Abschluss der Volksschule und einer kaufmännischen Lehre ging er als Spätberufener aufs Gymnasium der Mariannhiller in Reimlingen. Unmittelbar nach dem Abitur trat er in die Missionsgemeinschaft ein; er studierte in Würzburg Philosophie und Theologie. Am 6. März 1932 wurde er von Bischof Matthias Ehrenfried zum Priester geweiht. Sein erster Einsatz war die Druckerei in Reimlingen. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten war er mit Verwaltungsaufgaben betraut, doch die Seelsorge blieb sein persönliches Anliegen. Viele Kontakte waren zu knüpfen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, um nur das Notwendigste zum Leben (Überleben) der Gemeinschaften herbeizuschaffen. Am Wiederaufbau der Mariannhiller Niederlassung in Köln nahm er maßgeblich Anteil.
1957 wurde Pater Rottmann Generalökonom der Mariannhiller Gemeinschaft; dieses Amt versah er zehn Jahre lang. Dann kehrte er nach Köln zurück. 1974 siedelte er nach Würzburg über und verbrachte seinen Lebensabend im Piusseminar. Aber auch hier war er viel unterwegs; nie hörte man ihn klagen. Eines Tages, so berichteten Mitbrüder nach seinem Tod, erwähnte der mittlerweile 80jährige Pater: "Soeben komme ich von einem Neunzigjährigen; er wollte beichten; und gleich gehe ich zu einer Zweiundneunzigjährigen, um ihr die Krankenkommunion zu bringen …"
Wenn es um solche Seelsorgsdienste ging, war auf Pater Rottmann Verlass; seine Zuverlässigkeit lief ab wie die eines Uhrwerks. Regelmäßig machte er Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen; er betreute auch das Grab der Mariannhiller auf dem städtischen Friedhof und die Kapelle im Piusseminar. Wenn er unterwegs war auf seinen vielen Pastoralbesuchen, eilte er schnellen Schrittes über die Straßen, selten nach rechts oder links sich umschauend. Er wusste sich geborgen in der "Obhut seines Schutzengels".
Bei Hausbesuchen plauderte er gerne über seine Jugendzeit, über den Einsatz während der Kriegsjahre und seine Hilfen für die Mariannhiller Kleriker, die zum Militärdienst einberufen worden waren. Er schickte ihnen Päckchen und Informationen, und wenn einer Urlaub hatte, hieß er ihn in der Gemeinschaft jederzeit willkommen. Er war für viele, die an der Front lagen, der "Kontaktmann" schlechthin. Ohne seine Hilfsbereitschaft und sein Mühen hätten sie sich einsamer gefühlt; wäre ihnen das harte Soldatenleben noch schwerer gefallen.
Viele junge Menschen wurden von ihm direkt auf den geistlichen Beruf hin angesprochen. Viele hat er zeitlebens begleitet, auch dann noch, als sie sich für andere Berufe entschieden hatten.
Als die Kräfte rapide nachließen, ließ sich der inzwischen 87jährige ins Altenpflegeheim nach Reimlingen bringen. Die letzten Wochen seines Lebens verbrachte er in dem Haus, wo er einst als junger Pater begonnen hatte. Dort entschlief er in der festen Hoffnung, bei Gott Ruhe und Rast zu finden.
Pater Pius Thomas Rudloff (1910 - 1986) Von vornehmer und gewinnender Freundlichkeit
Pater Pius Rudloff"Ich werde ihn nie vergessen, so lange ich lebe. Er war so herzhaft praktisch und menschenfreundlich … Ich habe ihn auch als Priester sehr geschätzt, einer nach dem Herzen Gottes!" – So schrieb der Schriftsteller und Fernsehautor Erich Kock nach Bekanntwerden des Todes von Pater Pius Rudloff. Kock hatte den Mariannhiller Pater in Rom kennengelernt, als Pater Pius noch Generalsuperior der Mariannhiller war.
Ähnlich haben andere empfunden: Freunde, Verwandte, Mitbrüder. "Durch seine vornehme und gewinnende Art, durch seine Fähigkeit, zuzuhören und auf Argumente einzugehen, bei all dem aber dennoch eine klare Linie zu halten, trug er wesentlich dazu bei, dass der gärende Most der nachkonziliaren Ära, wenn man diesen Vergleich benützen will, zum klaren Wein reifte, ohne die Fässer zu sprengen." (Dietmar Seubert)
Schon frühzeitig an Schmerz und Leid gewohnt
Pater Pius wurde am 2. Oktober 1910 als sechstes Kind des Tünchermeisters Andreas Rudloff und seiner Ehefrau Elisabeth in Bergrheinfeld bei Schweinfurt geboren. In der Taufe erhielt er den Namen Thomas. Er war noch keine fünf Jahre alt, da starb seine Mutter. Es war mitten im Ersten Weltkrieg. Der Vater heiratete wieder, aber auch er starb schon nach wenigen Jahren (1924).
Nach der Volks- und Fortbildungsschule entschloss sich Thomas, mittlerweile 16 Jahre alt, bei den Mariannhillern zu studieren. 1931 konnte er das Gymnasium in Reimlingen mit dem Abitur abschließen. Der Direktor des Hauses, Pater Ludwig Tremel, bescheinigte ihm Talent, Eifer und Frömmigkeit; er hielt ihn für den Besten seiner Klasse.
Es folgten Noviziat und Theologiestudium. 1932 musste er, kaum begonnen, das Studium unterbrechen; am linken Lungenflügel hatten die Ärzte eine schwere Tuberkulose festgestellt. Eine Kur in Altdorf/Schweiz rettete ihm wahrscheinlich das Leben. 1934 durfte er das Studium in Würzburg fortsetzen; 1938 wurde er zum Priester geweiht – am 27. März. Drei Wochen vorher war Hitler in Österreich einmarschiert. Es roch allenthalben nach Krieg. Das war wohl auch der Grund, warum die meisten Neupriester vorzeitig ins Ausland geschickt wurden. Einige fuhren in die USA, andere nach Afrika. Pater Pius reiste schon im April 1938 nach Mariannhill/Südafrika. Hier übernahm er das Magisteramt für die Brüder; für den jungen Priester keine leichte Sache. Aber seine freundliche Art brachte ihm bald auch das Vertrauen der alten Missionspioniere ein.
Dann brach der Zweite Weltkrieg aus; Pater Pius musste, wie fast alle deutschen Missionare, die erst vor kurzem ins Land gekommen waren, ins Internierungslager. Nach einem Jahr wurde er entlassen, allerdings mit der Auflage, das Missionszentrum Mariannhill weiterhin als "Hausarrest" zu betrachten.
1946 wurde Pater Pius Superior im Mutterkloster; während dieser Zeit ließ er viele Renovierungen durchführen. Das ehemalige Trappistenkloster hatte einen "frischen Anstrich" nötig.
Missionar in der Transkei / Generalsuperior in Rom
1949 übernahm Pater Pius die Seelsorge in Cala, einem Buschstädtchen in der Diözese Umtata/Transkei. Unter seiner Leitung wurde die katholische Pfarrei zu einem blühenden Zentrum kirchlicher Aktivitäten. Dominikanerschwestern führten ein Krankenhaus, Menzinger Schwestern leiteten eine Schule. Den Kirchenneubau mit Glockenturm überwachte Pater Pius selber. Er legte großen Wert darauf, auch einheimische Künstler beizuziehen.
1963 wurde er zum Provinzial ernannt; er übernahm diese Aufgabe zusätzlich zur bisherigen Pfarrseelsorge. Vier Jahre später, auf dem Generalkapitel in Würzburg, wurde er zum Generalvikar der Mariannhiller gewählt. Als Pater Ferdinand Holzner 1972 eines plötzlichen Todes starb, übertrug man Pater Pius kommissarisch die Leitung der Kongregation; 1973 wurde er selbst zum Generalsuperior gewählt. Er übernahm damit höchste Verantwortung in der Gemeinschaft seiner Mitbrüder.
"Wie er seine innere Verbundenheit mit Gott nicht nach außen zeigte, so blieb für viele seine tiefe innere Verbundenheit und sein Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft und jeden einzelnen Mitbruder meist verborgen." (Fridolin Züger)
Zurück in die Heimatprovinz
Auf dem Generalkapitel 1979 schied Pater Pius, inzwischen 69 Jahre alt, aus dem Amt, aus Alters- und Gesundheitsgründen ging er nicht mehr in die Südafrikamission zurück, sondern übernahm neue Aufgaben in der deutschen Provinz.
Frei von jeder Amtsbürde, nutzte er die Zeit zum Privatstudium und zu Seelsorgsaushilfen. 1980 wurde er Superior im Missionshaus Reimlingen, ein Jahr später gleichzeitig Novizenmeister. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 100jährigen Jubiläum von Mariannhill ernannte ihn Bischof Dr. Josef Stimpfle von Augsburg zum Bischöflichen Geistlichen Rat. Aus gesundheitlichen Gründen (er tat sich beim Sprechen immer schwerer) legte er das Amt des Hausoberen 1985 nieder und zog sich nach Mönchsdeggingen in den Ruhestand zurück. Ganz untätig wollte er auch hier nicht sein; so half er bei den Maria-Ward-Schwestern in Günzburg/Donau aus. Hier zog er sich eine Lungenentzündung zu; hier starb er auch am frühen Morgen des 10. Dezembers 1986. Er war aufgestanden und wollte sich die hl. Kommunion aufs Krankenzimmer bringen lassen. Als man sie ihm reichen wollte, war er bereits nicht mehr am Leben.
Pater Pius war ein ruhiger, gelassener, am liebsten in der Stille wirkender Missionar. Seine Treue zur Kongregation war getragen von der Überzeugung, dass Gott Menschen braucht, um sein Reich auszubreiten.
Seine große Bereitschaft, zuzuhören und zu helfen, bleibt unvergessen. Seine Menschenfreundlichkeit bleibt all denen in guter Erinnerung, die das Glück hatten, ihm begegnen zu dürfen.
Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof in Reimlingen.
Pater Johann Baptist Sauter (1887 - 1971) Zulu-Experte und Bibelübersetzer
Pater Johann Baptist SauterDer kleine, hagere, asketisch aussehende Pater war ein großer Experte der Zulusprache und ein hervorragender Kenner der einheimischen Bräuche und Sitten. Er zählte zu den führenden Köpfen der katholischen Südafrika-Mission.
Geboren wurde er am 11. März 1887 in Bingenhausen/Allgäu. Über seinen Lebensweg führte er eine detaillierte Liste mit Daten, Ortsangaben und Aufgabenbereichen. Mit musterhafter Genauigkeit trug er alles ein – von dem Tag seines Klostereintritts an.
Von dem, was davor war, schrieb er nichts.
Als 16jähriger ist er am 13. Juni 1903 in Durban an Land gegangen. Zuvor war er „auf Walz“; er kannte Italien, England und Amerika – für die damalige Zeit etwas Außergewöhnliches. In Mariannhill klopfte der Zimmermannsgehilfe an, weil er dort als Bruder eintreten wollte. Gegen Ende des zweijährigen Noviziates erkrankte er an Ruhr. Enttäuscht – und von der Krankheit arg geschwächt – reiste er im Juni 1905 nach Europa zurück. Jetzt dämmerte in ihm der Gedanke, Priester zu werden. Kurzentschlossen belegte er einen Sonderkurs für Spätberufene in München und meldete sich im November 1906 abermals bei den Trappistenmissionaren in Mariannhill. Dort hatte man es gar nicht eilig. Man ließ den jungen Mann wissen, er solle erst einmal im Benediktinerkolleg Sarnen/Schweiz sein Abitur erwerben; dann wolle man weitersehen.
So reiste er wieder nach Europa zurück, drückte abermals die Schulbank und meldete sich im Dezember 1908 ein drittes Mal in Mariannhill. Am Stephanstag 1909 legte er die Ordensgelübde ab; fünf Jahre später, am 20. Dezember 1914 wurde er zum Priester geweiht. Bei seinem Klostereintritt war Mariannhill noch Trappistenabtei; während seiner Ausbildung erlebte er den Wandel: Papst Pius X. trennte das in Natal gelegene Kloster vom Ordensverband und macht er zum Mutterhaus der modernen Missionskongregation der Mariannhiller. So erlebte Pater Sauter diese geschichtliche Entwicklung hautnah mit.
Literarisch und sozial engagiert
Erster „Lehrmeister“ des jungen Priesters war der vielseitig begabte Pater Cyprian Ballweg; er führte den Jungmissionar ins soziale und literarische Feld ein. Unter Pater Cyprians Anleitung verfasste Pater Sauter 1917 einen Zulukatechismus, ein Jahr später das Zulu-Gebet/Gesangbuch und 1920 die Zulu-Schulbibel. Vier Jahre später übersetzte er das Matthäus-Evangelium in die Zulusprache.
Zusammen mit Pater Cyprian und den Sozialexperten Pater Bernhard Huss und Pater Emmanuel Hanisch, dem späteren Bischof von Umtata, wurde Pater Sauter Mitbegründer der Katholischen Afrikansichen Union (CAU), in der alle kirchlichen Vereine erfasst und koordiniert wurden; es ging um die wirtschaftliche, kulturelle und religiöse Förderung der Schwarzen. Unzählige Artikel wurden in dieser Zeit von Pater Sauter verfasst und publiziert; er gab Anstöße zur Gründung von Sparkassen und Darlehensbanken, ermutigte die Missionare, schwarze Führungskräfte zu schulen und zeigte den Farmern, wie sie zu eigenem Land kämen.
All diese Arbeiten waren sozusagen eine Art „Nebenbeschäftigung“ für den nimmermüden Mariannhiller aus dem Allgäu. Hauptamtlich betreute er eine große Station, war Chefredakteur der Wochenzeitung „Um-Afrika“, des ältesten katholischen Wochenblattes südlich der Sahara, das in seinen Angängen noch auf eine Idee von Missionsabt Franz Pfanner zurückging, und später von Pater Bernhard Huss neu aufgegriffen wurde. Von 1934 bis 1936 war Pater Sauter Rektor des St. Francis College, der wohl berühmtesten katholischen Mittelschule (mit Lehrerseminar) im südlichen Afrika. Zeitweise war er auch bischöflicher Sekretär und Administrator der Diözese. Kaum zu glauben, aber wahr: Trotz dieser immensen missionarischen, sozialen und literarischen Tätigkeit war Pater Sauter zeitlebens ein kranker Mann. Er nahm regelmäßig Medikamente ein, aß ein Leben lang Diät. Wegen akuter Lungentuberkulose musste er Anfang der 20er Jahre drei Monate aussetzen; sonst aber hielt er durch, trotz sehr schwacher Gesundheit.
Man traf ihn auch nie mürrisch an; ganz im Gegenteil, er hatte viel Sinn für Humor. Das Geheimnis seiner Stärke und seines inneren Friedens war seine tiefe Gottverbundenheit – und die große Sehnsucht, den Armen die Frohbotschaft zu künden. Unermüdlich wirkte er bis zu seinem Tod am 2. September 1971. Auf dem Klosterfriedhof von Mariannhill fand er seine letzte Ruhe.
Pater Albertus Peter Schärf (1911 - 1975) Ein Mann der Arbeit und des Gebetes
Pater Albertus SchärfAls er am Weihnachtstag 1975 in Palencia/Spanien starb – einen Tag vor seinem 64. Geburtstag – waren alle erschrocken. So plötzlich und unerwartet war der Tod gekommen. Noch am Abend zuvor hatte er die Mitternachtsmette mitgefeiert. Danach fühlte er sich nicht recht wohl. Zwei Ärzte wurden gerufen; sie wussten keinen Rat. Der plötzliche Tod erfolgte durch eine Embolie.
Pater Albertus wurde in Gerolzhofen/Unterfranken geboren. Von Jugend an lernte er die harte Wirklichkeit des Lebens kennen. Als er drei Jahre alt war, brach der Erste Weltkrieg aus. Sein Vater wurde nach dem Krieg arbeitslos. Es waren die schweren zwanziger Jahre.
Nach der Volksschule trat Peter (Albertus war sein Klostername) die Schlosserlehre an. Sein Beruf machte ihm Spaß, aber er spürte einen anderen Ruf; er meldete sich bei den Mariannhillern in Reimlingen und begann als Spätberufener mit dem Gymnasialstudium. 1939 trat er ins Noviziat ein, um dann Theologie zu studieren. Doch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde dieser Plan durchkreuzt. Frater Albertus wurde zum Militärdienst einberufen. Gegen Kriegsende geriet er in russische Gefangenschaft. Es waren die härtesten Jahre seines Lebens. Die Folgen der sibirischen Arbeitslager zehrten an seiner Gesundheit. Zwei Jahre lang hatte er weder Bett noch Matratze.
Wieder in Freiheit, studierte er Theologie und wurde 1949 zum Priester geweiht. Er wirkte zunächst in Lohr und Würzburg (neun Jahre Spiritual im Großen Seminar), dann ging er nach Spanien, wo soeben eine neue Provinz errichtet worden war. Als Superior stand er der Gemeinschaft in Palencia viele Jahre vor. Stets lebte er nach der Devise des heiligen Benedikt: "Ora et labora". Er war der erste beim Aufstehen, bei der Betrachtung, beim Gebet. Oft sah man ihn in der Freizeit den Rosenkranz beten. Viele Stunden verbrachte er in der Schlosserei und Schreinerei; Hunderte von Stühlen und Pulten hat er in den Ferien repariert. Er war ein Mann Gottes; ein Werkzeug der göttlichen Gnade …
Bischof Martin Elmar Schmid (1913 - 1980) Ndlovu (Elefant) war sein Ehrenname
Bischof Martin Elmar SchmidIn Rhodesien (Simbabwe), wo er drei Jahrzehnte lang tätig gewesen war, ehe er Bischof von Mariannhill in Natal wurde, nannten ihn die Schwarzen voller Bewunderung "Ndlovu" – seiner Größe wegen, aber auch weil sie ehrfurchtsvoll zu ihm aufschauten.
Martin Elmar Schmid wurde am 28. Oktober 1913 in Dewangen/Württemberg geboren. 1933 trat er bei den Mariannhillern ein, 1938 wurde er in Würzburg zum Priester geweiht. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er in die Rhodesien-Mission entsandt. Zunächst war er Kaplan in verschiedenen Pfarreien; 1948 übernahm er als Rektor die große Embakwe-Mission. Hier entfaltete er sein Organisationstalent; er baute Schulen, Internate und Dämme. Auf seine Initiative hin wurde auch mit einer künstlichen Bewässerungsanlage begonnen. 1960 wurde er Provinzial, 1961 übernahm er die neu errichtete Pfarrei Christkönig in Bulawayo; jetzt war er Stadtpfarrer und Regionaloberer. Am 20. Juni 1970 hat ihn Papst Paul VI. zum Nachfolger von Bischof Alfons Streit ernannt; damit wurde er Oberhirte einer der größten Diözesen Südafrikas – mit den meisten schwarzen Priestern und Schwestern.
"Vater Bischof" wollte er genannt werden
Bischof Schmid beherrschte nicht nur die englische Sprache, wie nur wenige Ausländer dies vermögen, er sprach auch fließend Sindebele, später Zulu. An verschiedenen Übersetzungen hatte er mitgewirkt. Als Bischof stellte er sein Wirken unter den Wahlspruch "Christo Regi" (Christus, dem König). Christi Reich wollte er in der ihm anvertrauten Diözese ausbreiten und befestigen. Diesem Ziel dienten seine vielfältigen Unternehmungen, deren Akzent auf dem pastoralen Sektor lag. Zusammen mit Pater Damian Weber errichtete er das Pastoralzentrum in Mariannhill mit den Schwerpunkten Katechese und Jugendarbeit. Für die Ausbildung der Katechisten rief er das Katechetische Institut in Umbumbulu ins Leben; ein von ihm berufenes Team hatte die Aufgabe, Priester- und Ordensberufe zu fördern. Der von ihm ernannte Pastoralrat mühte sich vor allem um die Übernahme afrikanischer Kulturwerte in die christliche Liturgie. Im Juni 1980 folgten 1500 Jugendliche seinem Aufruf und nahmen an einer Wallfahrt nach Ixopo teil – zu Ehren der Uganda-Märtyrer.
Obgleich er die meisten seiner Mitmenschen an Körpergröße überragte, war er nie einschüchternd; ging es um persönliche Anliegen seiner Anbefohlenen, dann war er für alle der schlichte "Vater Bischof"; ein sorgender und liebevoller Oberhirte.
Seine Tage waren gezählt
Auf die Kevelaer-Wallfahrt (15. August 1980) freute sich Bischof Martin Elmar schon lange. Dieses Mal hatte sich auch der neue Apostolische Delegat angemeldet, und der Bischof von Mariannhill verstand es, aus dieser im Schnitt von 15 000 bis 20 000 Gläubigen besuchten Wallfahrt ein Großereignis zu machen. Aber dazu kam es nicht mehr, nicht für den Bischof. Er erlitt einen Herzschlag und musste das Krankenhaus aufsuchen. Dort wurde er zunächst auf Herzklappenentzündung behandelt; ein Spezialist stellte später eine Koronarthrombose fest; man änderte sofort die Therapie. Wenige Tage später erlitt er einen weiteren Herzinfarkt. Jetzt kam jede ärztliche Hilfe zu spät. Bischof Martin Elmar Schmid starb – zehn Jahre nach seiner Ernennung zum Oberhirten von Mariannhill.
Bei seiner Beerdigung hatten sich 7000 Gläubige eingefunden, 26 Bischöfe und über 100 Priester. Erzbischof Denis Hurley von Durban, ein persönlicher Freund des Verstorbenen, zelebrierte das Totenamt; Pater Damian Weber, Provinzial der Mariannhiller, verlas das Beileidsschreiben des Heiligen Vaters. Bischof Martin Elmar fand die letzte Ruhe auf dem Klosterfriedhof von Mariannhill – direkt neben Franz Pfanner, dem Gründer des Missionszentrums.
Bruder Alfons Albert Schmidpeter (1938 - 1981) Es war gut, dass es ihn gab
Bruder Alfons SchmidpeterEr wurde als viertes von sieben Kindern am 29. Juli 1938 in Aberzhausen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Laibstadt (Diözese Eichstädt) trat er bei den Mariannhillern ein; von Reimlingen aus besuchte er die Landwirtschaftsschule in Nördlingen. 1957 legte er die Ordensprofess ab. Seine Sachkenntnisse stellte er ganz in den Dienst der Landwirtschaft; hier arbeitete er unermüdlich – immer zu Spaß aufgelegt, Fröhlichkeit und Zufriedenheit ausstrahlend.
1975 erlitt er einen Herzinfarkt. Um ihm eine leichtere Arbeit zu verschaffen, riefen ihn seine Oberen ins Piusseminar nach Würzburg; hier half er vor allem in der Prokura mit. Wiederholt war er Delegierter auf den Provinzkapiteln – ein Zeichen seiner Beliebtheit auch unter seinen Mitbrüdern.
Bruder Alfons war die Hilfsbereitschaft in Person. In seiner freundlichen und humorvollen Art konnte er aber auch jedermann unangenehme Wahrheiten und Einsichten des Lebens so sagen, dass es niemals verletzend wirkte. Auf einer letzten Grußkarte an einen Mitbruder schrieb er: "Ich wünsche dir, dass du immer viel Freude in die Herzen der Menschen legen darfst."
Das war es wohl auch, was die Freunde, Verwandten und Mitbrüder so sehr vermissen seit seinem Tod: die Freude, die er anderen schenkte.
Bruder Alfons, so schrieb ein Mitbruder im Nachruf, war so etwas wie der gute Geist in unserer Gemeinschaft. Alle, die ihn kannten, werden von ihm sagen: Es war gut, dass es ihn gab! Wir sind dankbar, dass wir ihn haben durften, wenn auch nur kurze Zeit …
In einem Buch, das Bruder Alfons noch kurz vor seinem Tod las, stehen die Sätze: "Ein guter Freund ist ein starker Schutz; wer den hat, der hat einen großen Schatz. Ein treuer Freund ist mit keinem Geld noch Gut aufzuwiegen; ein guter Freund ist ein Trost fürs Leben …" Wie sehr dieser Mariannhiller Bruder anderen Freund war, geht auch aus dem Schreiben einer Würzburger Familie hervor: "Wir fühlten uns mit Bruder Alfons in Freundschaft verbunden. Er wurde von Gott heimgerufen, noch jung an Jahren, aber reich an guten Taten. Nie fragte er, warum und wem es zu helfen galt. Wurde er gebraucht, dann war er zur Stelle. Unkompliziert, rasch, einsatzfreudig. Er war auch ein ideales Bindeglied zwischen Kloster und 'draußen'. Bei ihm zählten weder Titel noch Mittel; ihm ging es immer und zuerst um den Menschen. Um die Nöte der Mitmenschen. Mit Kindern und Jugendlichen verstand er es besonders gut. Er war ein frommer Mann, aber kein trauriger. Seine Fröhlichkeit war spontan und ansteckend. Ironie und Schelmhaftigkeit schlichen sich wohl mehr unbewusst bei ihm ein, vielleicht auch aus der Erkenntnis, dass seine Tage gezählt waren – nach jenem ersten Herzinfarkt, und dass diese Welt keine heile ist …"
Bruder Alfons starb in Reimlingen, wo er mehr zufällig weilte und den Mitbrüdern helfend zur Seite stand. Er hätte es sich wohl auch so gewünscht, wäre ihm die Frage nach seinem Sterbeort je gestellt worden. Reimlingen war ihm zur zweiten Heimat geworden. Dort, auf dem Klosterfriedhof, fand er auch seine letzte Ruhe.
Bruder Lukas Otto Schmidt (1913 - 1984) Sämann sein, wenn auch im Stillen
Bruder Lukas SchmidtEr war mit dem Fahrrad unterwegs, wollte sich ein wenig entspannen; beim Überkreuzen einer vielbefahrenen Straße wurde er von einem Wagen erfasst und getötet. Der tragische Verkehrsunfall passte so gar nicht in das leise Leben dieses Brudermissionars. Er hatte es zeitlebens vorgezogen, im Hintergrund zu bleiben, einfach und bescheiden wie er war.
Bruder Lukas wurde am 25. Februar 1913 in Langensallach (Diözese Eichstätt) geboren; er hatte vier Geschwister. Nach der Volks- und Fortbildungsschule trat er bei den Mariannhillern ein (1929); die Ordensprofess legte er 1935 ab. Von 1942 bis 1945 leistete er Wehrdienst. Nach dem Krieg arbeitete er wieder im Missionshaus Reimlingen, in Sankt Georgen am Längsee/Kärnten und Riedegg/Oberösterreich, und zwar jeweils als Schreiner. In den 60er Jahren wirkte er im sogenannten "Bautrupp" der deutschen Provinz mit, als vor allem in Maria Veen, Arnsberg, Oelinghausen und Neuss gebaut wurde. Vorübergehend wurde er in Spanien (Madrid und Palencia) eingesetzt, doch die meiste Zeit verbrachte er in Reimlingen. In einem Nachruf hieß es: "Nur Gott allein weiß, was diese Jahre unserem Mitbruder an Arbeit und Gebet, Sorgen und Leiden, Freuden und Erfolgen bedeutet haben." Er trug sein Herz nicht auf der Zunge; nur selten ließ er in sein Innerstes schauen, doch in seinem spärlichen Nachlass fand sich ein Notizbüchlein, worin er die Quintessenz seiner jährlichen Exerzitienvorsätze niederschrieb. Die letzten Eintragungen erlauben einen Blick in seine Seele: "Herr, du gibst das neue Leben. Lass es in mir keimen und wachsen und Frucht bringen. Ich weiß, es geht nicht ohne Opfer, Entsagung und Sterben. Aber in der Hoffnung auf deine Hilfe wird es gelingen. Du bist mir nahe im Glauben, im Sakrament, im Gebet. Das Weizenkorn muss sterben und verwandelt werden. Der Mensch ist Lebensträger; er kann und muss das Leben weitergeben – auch im geistigen Sinne: Missionar sein, Sämann sein, wenn auch im Verborgenen und Stillen …"
Diese Sätze lesen sich wie ein Testament. Bruder Lukas lebte und wirkte 50 Jahre in der Ordensgemeinschaft – als Mönch und Missionar. Sein Tod war eine unüberhörbare Predigt: Seid allzeit bereit; seid wachsam!
Bischof Adolf Gregor Schmitt (1905 - 1976) Der geschmuggelte Bischofsstab
Bischof Adolf Gregor SchmittAm 5. Dezember 1976 wurden die Mariannhiller Missionare Bischof A. G. Schmitt, Pater Possenti Weggartner und Schwester Maria-Francis van den Berg in der Nähe von Regina Mundi-Mission in Simbabwe von einem schwarzen "Freischärler" überfallen und erschossen. Es war zu Beginn des mehrjährigen Buschkrieges, in dem weitere Missionare ums Leben kamen.
Bischof Schmitt war kurz vor seiner Ermordung aus Krankheitsgründen von seinem Amt zurückgetreten. Er blieb aber im Lande und wirkte als einfacher Missionar auf einer Missionsstation der bislang von ihm verwalteten Diözese Bulawayo. Die Lebensstory des ermordeten Bischofs liest sich streckenweise wie ein Kriminalroman.
Es war im Sommer 1937. Dr. Goebbels, der Propagandachef des "tausendjährigen Reiches", hatte gerade seine berüchtigte Schmährede gegen den katholischen Klerus über den Rundfunk gehalten. Noch echoten die Lande von antiklerikaler Wut. Und schon murmelten einige Eiferer: "Wartet nur, ihr Pfaffen, jetzt geht's euch an den Kragen!"
Aber der junge Pater in schwarzer Priesterkleidung, der gerade an der deutsch-tschechischen Grenze mit Zollbeamten verhandelte, ließ sich von den Drohungen der Nazis nicht einschüchtern. Er war auf der Fahrt nach Leitmeritz. In Würzburg, wo er den Zug bestiegen hatte, war ihm seltsames Reisegepäck mit auf den Weg gegeben worden: ein Bischofsstab. Diesen sollte er über die Grenze "schmuggeln". Exzellenz Ignatius Arnoz, der neuernannte Apostolische Vikar von Bulawayo/Rhodesien, sollte ihn bei seiner bevorstehenden Konsekration tragen.
Schwierigkeiten an der Grenze
Es war kein einfacher Auftrag, schon gar nicht zu einer Zeit, als die Stimmung gegen den geistlichen Stand im damaligen Nazi-Deutschland ihren Höhepunkt erreichte. Aber der junge Geistliche ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. An der deutschen Zollstelle lief es denn auch glimpflich ab. Anders auf der tschechischen Seite. Man stellte Fragen, untersuchte den Stab, wog ihn, machte Notizen und verlangte schließlich ein Pfandgeld von 100 Kronen. Aber woher sollte der Pater das Geld bekommen? Da erklärte sich in letzter Minute ein tschechischer Priester bereit, das Geld vorzustrecken. Der Pater, der inzwischen mehrere Zugverbindungen verpasst hatte, nahm den nächsten Personenzug. Am Abend vor der Weihe traf er in Leitmeritz ein.
Der junge Mariannhiller Pater von damals war der spätere Bischof von Bulawayo, Nachfolger von Bischof Arnoz …
Pater Schmitt wurde 1905 in Rimpar bei Würzburg als erstes von sechs Kindern geboren. Er besuchte das Internat der Mariannhiller und das staatliche Gymnasium in Lohr/Main. Nach den theologischen Studien an der Universität Würzburg wurde er (1931) zum Priester geweiht. Wenig später fuhr er in die Rhodesien-Mission, eben zu jenem Apostolischen Präfekten, für den er später den Bischofsstab "schmuggeln" sollte.
In Bulawayo, damals noch ein kleines, verstaubtes Buschstädtchen, wurde Pater Schmitt Seelsorger der weißen Gemeinde. Doch schon nach vier Jahren riefen ihn seine Ordensoberen wieder nach Europa zurück. Im Piusseminar zu Würzburg und im Aloysianum in Lohr warteten neue Aufgaben auf den frischgebackenen Afrikamissionar.
Als der Generalsuperior der Mariannhiller beschloss, in den USA ein Missionsseminar zu eröffnen, war es Pater Schmitt, der damit beauftragt wurde. Das war 1938, ein Jahr nach jener denkwürdigen Fahrt über die deutsch-tschechische Grenze.
"Ich heiße Adolf …"
Die Ausreisepapiere für Amerika mussten besorgt werden. Hier offenbarten sich erneut die antiklerikalen Schikanen kleiner Nazibeamter. Pater Schmitt stand zudem seit Jahren auf der berüchtigten "Schwarzen Liste". Vor seiner Ausreise in die Neue Welt musste er sich einem Kreuzverhör unterziehen. In einem Stuttgarter Büro spielte sich folgende Szene zwischen dem jungen Mariannhiller und einem Nazibeamten ab: "Name bitte!" – "Ich heiße Adolf …" – Der Beamte stutzte; ausgerechnet dieser "Pfaff", mag er sich gedacht haben, trägt den Namen des Führers!
Die Personalaufnahme ging weiter: "Geboren!?" – Pater Schmitt: "Am 20. April 19…" Jetzt brüllte der Beamte lauthals. "Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen! Sind Sie überhaupt noch normal, Sie …" Er rang nach Luft. Doch Pater Schmitt erwiderte augenzwinkernd, die Ruhe bewahrend: "Entschuldigen Sie bitte, aber ich bin wirklich am 20. April geboren. Es ist nicht meine Schuld, dass Adolf Hitler am gleichen Tag Geburtstag feiert …"
Die Personalpapiere bestätigten die Aussagen. Der Beamte beruhigte sich wieder – und am Ende ging alles glatt. Pater Schmitt erhielt die Ausreisepapiere und wirkte nach seiner Überfahrt von 1938 bis 1950 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Im Dezember 1950 erreichte ihn die Nachricht von seiner Ernennung zum neuen Bischof von Bulawayo. Am 2. April 1951 wurde er, damals Regionaloberer der amerikanisch-kanadischen Mariannhillerprovinz, von Kardinal Mooney in Detroit zum Bischof geweiht. Wenige Monate später traf er in Bulawayo ein.
Vielseitige Aufgaben und Tätigkeiten
Der Missionssprengel von Bulawayo umfasste damals noch riesige Teile des südlichen Rhodesien sowie Mittel- und Nord-Botswana. Später wurden zwei Gebiete abgetrennt und anderen Missionsgemeinschaften anvertraut.
1955 erhob Rom das Vikariat Bulawayo offiziell zur Missionsdiözese; Schmitt wurde somit erster Diözesanbischof der zweitgrößten Stadt des Landes. In den fast 25 Jahren seiner Tätigkeit als Oberhirte in Matabeleland wurde viel geleistet. Moderne Kirchen erstanden, Hospitäler, Haupt- und Außenstationen wurden errichtet und erweitert und bislang unerschlossene Gebiete missionarisch erfasst. Um den einheimischen Ordensnachwuchs zu fördern, gründete Bischof Schmitt eine eigene Kongregation für schwarze Schwestern.
Als Schmitt 1959 den Papst in Rom besuchte, zeigte sich Johannes XXIII. sehr aufgeschlossen und interessiert. Gegen Ende der Privataudienz flüsterte der Heilige Vater dem Missionsbischof ins Ohr: "Wir beide – Sie und ich – haben eine schwere Bürde zu tragen. Beten wir füreinander!"
Für Gerechtigkeit und Menschenwürde
Das Kreuz des Bischofs ist Symbol seiner Bürde. Der Bischofsstab, den der junge Mariannhiller Pater einst nur mit Mühe über die deutsch-tschechische Grenze zur Konsekration seines Vorgängers brachte, derselbe Stab wurde ihm später bei kirchlichen Zeremonien zum Zeichen der bischöflichen Würde. Dass ihn einmal ein Schwarzer ermorden würde, hat wohl bis zum 5. Dezember 1976 niemand für möglich gehalten. Bischof Schmitt war von Anfang an ein mutiger Vertreter in der Hierarchie von Rhodesien/Simbabwe, ein Kämpfer für Gerechtigkeit, Freiheit und Menschenwürde. In einem im November 1976 veröffentlichten Interview mit dem Missions-Magazin "mariannhill" (mmm) in Köln sagte Bischof Schmitt: "Man kann mit Fug und Recht sagen, dass sich die weiße Regierung in Rhodesien den guten Willen der schwarzen Bevölkerung verscherzt hat und zwar ohne Hoffnung auf Versöhnung und Verständigung. Ohne eine sofortige friedliche Verständigung wird der Rassenkampf weitergehen …"
Mahner für spätere Generationen
Gleichsam als Testament sprach Bischof Schmitt im gleichen Interview von seinem eigenen Lebensabend. Auf die Frage, warum er nach seiner Abdankung als Bischof nicht nach Deutschland zurückgekehrt sei, sondern in Rhodesien bleiben wollte, sagte er: "Ich bin geblieben und ich bleibe, weil ich den Eindruck habe, dass man mich noch braucht. Ich bleibe auch deshalb, um meinen Mitbrüdern zu zeigen, dass ich nicht einfach wegrenne, weil nun ein neuer Bischof gekommen ist … Und ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass ich das Land verlasse, da sich die Schwierigkeiten mehren. Ich werde in Rhodesien bleiben, solange ich bleiben darf, denn es ist praktisch meine zweite Heimat geworden …"
In der Tat, Rhodesien/Simbabwe war für Bischof Schmitt zur Heimat geworden. Dort wird er – auf dem Friedhof von Bulawayo – auch für künftige Generationen von schwarzen und weißen Christen ein Symbol für missionarische Haltung sein. Vielleicht auch ein Mahner für jene, die noch lernen müssen, dass Friede und Freiheit nicht mit Gewehren erzwungen werden können.
Der stille Beter
Für Bischof Schmitt war das Gebet noch allemal die stärkere Waffe; aber davon sprach er selten. Einer seiner Mitbrüder im Bischofsamt, Donal R. Lamont von Umtali/Mutare, erzählte kurz nach Schmitts Tod folgende Begebenheit, die vielleicht über den Ermordeten mehr aussagt, als weitere lange Personenbeschreibungen:
Es war während einer Sitzung der Rhodesischen Bischofskonferenz in Salisbury (Harare). Wieder einmal hatten sich die Oberhirten des Landes mit den "heißen Eisen" soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Rassendiskriminierung usw. beschäftigt. Den Entwurf für ein gemeinsames Hirtenwort hatte Lamont vorgelegt. Die anderen Bischöfe waren sich über gewisse Formulierungen noch nicht einig geworden. Daher unterbrach Erzbischof Markall, der Vorsitzende, die Konferenz und schlug eine längere Pause vor. Während dieser Unterbrechung diskutierten die Bischöfe und ihre Berater in kleinen Grüppchen weiter, immer wieder um Kompromiss-Formulierungen ringend. Da läutete das Telefon; Bischof Schmitt wurde aus Bulawayo angerufen – aber er war nirgends zu finden. Man suchte auf seinem Zimmer, rannte hin und her. Schließlich fand man ihn in der Kapelle, still im Gebet versunken.
Lamont später: "Das war der gute Bischof Schmitt! Während wir uns heiß redeten, trug er unsere Anliegen dem lieben Gott vor. Er hat damit vielleicht mehr zur Lösung unserer Probleme beigetragen als wir anderen …"
Vielleicht wird auch der sinnlose Mord an diesem Missionsbischof eines Tages in anderem Licht gesehen: Als Blut eines Märtyrers, das zum Samen für neues Christentum wurde …
Bruder Ehrenfried Schmitt (1908 - 1944) Bruder Sebald Hummel (1918 - 1944) In Russland vermisst
Der Zweite Weltkrieg schlug der jungen Gemeinschaft der Mariannhiller tiefe Wunden. Viele Patres und Brüder wurden zwangsverpflichtet; die meisten gerieten gegen Kriegsschluss in Gefangenschaft, einige in russische. Es waren schreckliche Monate und Jahre. Fast alle trugen, auch wenn sie später freikamen, "Narben" davon. Manch einer starb vorzeitig – an den Spätfolgen des Krieges und der Gefangenschaft.
Einige Mitbrüder fielen im Krieg; andere wurden als vermisst gemeldet. Zwei von ihnen werden hier namentlich genannt.
Bruder Ehrenfried stammte aus Dornebach/Baden, wo er am 7. Januar 1908 geboren wurde. Er erlernte das Bäckerhandwerk und trat 1934 bei den Mariannhillern ein. Als Klosterbäcker versah er seine Arbeit mit viel Sachkenntnis. Sein ruhiges, unaufdringliches Wesen machte ihn bei den Mitbrüdern sehr beliebt.
Die Verpflichtung zum Militärdienst war für den bescheidenen und beschaulichen Ordensbruder eine schwere Belastung. Er wusste sich aber auch getragen von der Liebe Gottes. Während seines letzten Heimaturlaubs im Februar 1943 sagte er beim Abschied: "Auch wenn ich fallen sollte, ich fürchte mich nicht, falle ich doch in Gottes Hand." 1944 traf die Meldung ein, er sei vermisst.
Bruder Sebald (Jahrgang 1918) stammte aus Neuses; 1936 trat er bei den Mariannhillern ein. Er arbeitete als Klosterschneider in Reimlingen und Würzburg – und wurde dann zum Dienst an der Front eingezogen. Von Russland schrieb er: "Es fällt mir schwer, Soldat zu sein. Aber der Glaube macht mir vieles leichter. Gottvater steht am Steuer; darum hat es keine Not."
Auch er ist seit 1944 vermisst.
Von beiden Mariannhiller Brüdern wurde nie mehr etwas gehört; sie gelten, wie Tausende andere in Russland Vermisste, als gefallen. Irgendwo in den weiten Steppen Russlands harren auch sie der ewigen Auferstehung.
Abt Amandus Ferdinand Schölzig (1836 - 1900) Ein Beispiel demütiger Güte und dienender Liebe
Abt Amandus SchölzigGrößere Gegensätze in den Charakteren hätte man sich kaum vorstellen können: Franz Pfanner, der unternehmungslustige Haudegen und Tausendsassa – und sein Amtsnachfolger Abt Amandus, der sanfte, liebevolle, gütige, väterliche Seelsorger. Der eine stets zu neuen Unternehmungen bereit, immer das Modernste anstrebend, der andere zurückhaltend, auf das innere Leben bedacht, die Seele hütend.
Und doch, trotz grundverschiedener Charaktere, verstanden sich die beiden bestens. Schölzig war Pfanner nach Südafrika gefolgt. Später – Nachfolger des resignierten Klostergründers – blieb er dem Vorgänger gegenüber stets loyal verbunden. Jedesmal, wenn Abt Amandus seinen Vorgänger in Emaus-Mission besuchte, kam es zu köstlich rührenden Szenen. Die beiden Äbte gaben sich, wie bei Trappistenmönchen üblich, den Friedenskuss und knieten dann fast gleichzeitig nieder. Jeder wollte vom anderen den Segen empfangen. Dann sagte meistens Abt Franz: "Sie müssen mich zuerst segnen. Sie sind der Abt im Amte!" Doch Abt Amandus entgegnete gewöhnlich: "Nein, Sie müssen mir zuerst den Segen geben. Sie sind der ältere!" Meistens musste Abt Amandus nachgeben …
Dies vorweg, ehe wir das Porträt des zweiten Missionsabtes von Mariannhill skizzieren. Es sagt eigentlich schon recht viel über ihn aus. Vor allem über seine schon zu Lebzeiten so geschätzte vorbildliche Haltung gegenüber Mitmenschen/Mitbrüdern. Während man Abt Franz als "Sturmwind" oder "Feuerbrand" bezeichnen konnte, war Abt Amandus das "sanfte Säuseln der Luft"; Milde und Güte in Person. Kein Wunder, dass er Franz von Sales zum persönlichen Patron gewählt hatte, jenen Heiligen, dem wir die "Philothea" verdanken und der mit Nachdruck die Meinung vertrat, das persönliche Beispiel sei hundertmal wichtiger als die Predigt.
Der gelehrte Mönch aus Klosterneuburg
Schölzig wurde am 3. Mai 1836 in Jauernig/Österreichisch-Schlesien geboren. Von 1851 bis 1858 besuchte er das Humanistische Gymnasium in Olmütz – stets als Klassenprimus. 1858, also mit 22 Jahren, trat er im Chorherrenstift Klosterneuburg bei Wien ein und bereitete sich auf das Priestertum vor. Seine theologischen Jahreszeugnisse trugen allesamt das Prädikat "primus cum eminentia". Am 25. Juli 1863 empfing Pater Amandus die Priesterweihe. Viele Jahre lang wirkte er als Professor für orientalische Sprachen, als Exeget und Novizenmeister. Als Beichtvater war er sehr beliebt und gefragt. Dreißig Jahre nach seinem Klostereintritt entschloss er sich, zu einem viel strengeren Orden überzuwechseln, zu den Trappisten von Mariannhill in Südafrika. Am 20. Oktober 1888 vollzog er den Wechsel. Es war ein gewaltiger Unterschied – vom wohl etablierten Stift an der Donau zur Missionszentrale im "heidnischen" Schwarzafrika. Abt Franz nahm den 52jährigen Mönchsgelehrten sehr gerne in die Reihen der Novizen auf, übertrug ihm auch gleich von Anfang an wichtige Aufgaben. Obwohl Pater Amandus – wie alle Novizen – in einfachen (um nicht zu sagen primitiven) Unterkünften lebte und jede Art Handarbeit verrichtete, die man damals von Klosterneulingen erwartete (Zimmer fegen, Geschirr spülen, Unkraut jäten usw.) war er gleichzeitig Beichtvater für die Schwestern, Brüdermagister und sogar Novizenmeister für eine weitere Gruppe von Klosterkandidaten. Oft sah man diesen gelehrten Mönch, zart und von schwächlicher Natur, mit einer "Segeltuchschürze" umgürtet, beim Kleiderwaschen, oder mit Hacke und Schaufel draußen auf den Feldern. Ob Handarbeit, nächtliches Chorgebet oder Klosterfasten – ihm war nichts zu niedrig, nichts zu viel. Eine tiefe innere Heiterkeit spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. Pater Amandus fühlte sich wohl. Dass er so schnell nach seiner Ordensprofess (1891) zum Vertrauensmann des Konvents aufrücken sollte, war ihm gar nicht recht.
Im Februar 1893 wurde er vom Klosterrat in wichtigen Angelegenheiten nach Rom gesandt; als Administrator der Missionsabtei kehrte er nach Mariannhill zurück. (Franz Pfanner war ein Jahr zuvor seines Amtes enthoben worden und inzwischen als Abt zurückgetreten.) Zunächst weigerte sich Pater Amandus, das Amt des Abtes zu übernehmen; doch schließlich fügte er sich "im Gehorsam". Dem bescheidenen Ordensmann fiel dies außergewöhnlich schwer; sicher auch deswegen, weil er ja noch Neuling in Südafrika war – nur knappe sechs Jahre nach seinem Eintritt!
Der zweite Abt von Mariannhill
Eigentlich hätte ein anderer Nachfolger Franz Pfanners in Mariannhill werden sollen: Abt Franziskus Strunk von Oelenberg/Elsaß; ihn hatte das Generalkapitel der Trappisten (vom September 1893 in Septfons) dazu bestimmt. Doch Strunk lehnte ab. (Strunk war es ja gewesen, der die Suspendierung Pfanners mit in die Wege geleitet hatte, nach seiner Visitationsreise ins südliche Afrika!) Jetzt machte das Klosterkapitel von Mariannhill in geheimer Wahl eigene Vorschläge beim Ordensgeneral. So kam es zur Ernennung von Pater Amandus. Seine Installation als Abt fand am 24. April 1894 statt, die Abtsweihe erfolgte am nächsten Tag – durch Bischof Jolivet von Pietermaritzburg. Sein Wahlspruch lautete: "Non veni ministrari, sed ministrare." (Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.) Eine Devise, die Abt Amandus buchstäblich vorlebte. Er war der Diener aller. Für 2000 Personen hatte die Missionszentrale damals täglich zu sorgen, darunter 300 Mönche und 300 Schwestern; ferner schwarze Schulkinder, Arbeiter und Angestellte.
Abt Amandus arbeitete unermüdlich, oft ganze Nächte hindurch. Mitunter blieb sein ärmliches Strohlager unberührt; vom Schreibtisch weg ging er zum frühen Chorgebet um zwei Uhr nachts. Auf einen Sekretär, der ihn bei der umfangreichen Korrespondenz hätte entlasten können, verzichtete er. Trotz dieser erdrückenden Arbeitslast war er stets gut gelaunt, stets liebevoll, stets in rührender Sorge für alle, die ihm anvertraut waren. Seine besondere Sorge galt der inneren, der geistigen Festigung des Missionsklosters. Der treuen Einhaltung der Ordensregel gab er den Vorrang gegenüber den seelsorgerlichen Aktivitäten. In zahlreichen Unterweisungen und allsonntäglichen Kapitelsansprachen suchte er die Frömmigkeit der Mönche zu fördern. Ihm war klar, dass nur jener nach außen wirken könne, der innerlich gefestigt ist. Missionare, die ihr Gebetsleben vernachlässigen, sind letztlich ohne Erfolg.
Der weitsichtige Missionsstratege und Kirchenbauer
Manches, was Abt Franz Pfanner mit großem Schwung und persönlicher Begeisterung in Mariannhill begonnen hatte, geriet allerdings unter Abt Amandus ins Stocken. Sogar die modern eingerichtete Schnellpresse fand nicht das Interesse des neuen Abtes – jedenfalls nicht so intensiv, wie Pfanner es sich gewünscht hätte. Die Druckerei kam nach Pfanners eigenen Worten "in Abgang zu Abt Amandus' Zeiten. Wer hätte es geglaubt, dass ein so wissenschaftlich begabter Mann so wenig für die Druckerei tun würde!?" – Auch die Pfannersche Idee von ordenseigenen Papier- und Tuchfabriken kam unter Schölzig nicht zum Tragen. Und die Telefonleitung, die Pfanner 1893 auf der Zentrale hatte installieren lassen (von der Abtei zu den Werkstätten, zum Schwesternkonvent und – unterirdisch! – zur Getreidemühle und Druckerei), wurde unter Abt Amandus wieder entfernt, weil dies "mit dem Stillschweigen der Trappisten" nicht vereinbar sei.
Und doch – in der zeitlichen Entfernung näher betrachtet – muss man heute Abt Amandus zu den großen Missionaren zählen. Während seiner Amtszeit kamen nicht nur ganze Gruppen von Klosterneulingen sowie mehrere Dutzend Glocken für die Außenstationen in Natal an, er betrieb auch tatkräftig die Gründung neuer Stationen – darunter Mariazell, Telgte, Mariatrost, Clairvaux, Citeaux, Hardenberg und Marialinden. 1896 begannen obendrein Mariannhiller Mönche in Mashonaland (heute Simbabwe) zu missionieren; ein Jahr später auch in Deutsch-Ostafrika (heute Tansania). Und 1898/99 betreuten die Mönche von Mariannhill Polen (und schwarze Wanderarbeiter aus dem Zululand) in Johannesburg/Braamfontein. Zudem entsandte Schölzig Mariannhiller Schwestern (vom Kostbaren Blut) nach Ostafrika und in den Kongo (Zaire) – und zwar nicht nur zu den Mariannhiller Mönchen, sondern auch zu Spiritanern und belgischen Trappisten. Zeitweise trug er sich sogar mit dem Gedanken, in Kamerun eine Neugründung zu beginnen.
Zieht man weiter in Betracht, dass unter Abt Amandus zahlreiche große Kirchen errichtet wurden (zum Beispiel in Kevelaer, Einsiedeln, Sankt Wendelin, Sankt Michael und Lourdes), so muss man Abt Franz zustimmen, der die Amtszeit seines Nachfolgers eine "Epoche des Kirchenbaues" genannt hatte und ihn mit dem Kompliment ehrte, die neue Kirche von Lourdes sei "das schönste Gotteshaus in ganz Südafrika".
Der takt- und liebevolle Klostervorsteher
Das Ziegelhäuschen neben der Klosterkirche von Mariannhill diente Abt Amandus als "Amtssitz". Hier konnte ihn jeder besuchen; hier grüßte das Bild des heiligen Franz von Sales über der Eingangstür. Die sogenannte "Abtszelle" war räumlich klein und eng, aber von hier aus wurde das Mariannhiller Missionswerk geleitet. Hier studierte, schrieb und plante der Abt; hier verfasste er Tausende von (Bettel-)Briefen in seiner klaren, zierlichen Handschrift. Die Nachtstunden waren es, in denen er ungestört arbeiten konnte. Während des Tages belagerten Besucher sein Büro; jeden Augenblick klopfte es an seiner Tür – Patres, Brüder, Schwestern; Schwarze wie Weiße holten sich Rat und Hilfe. Es gab Hungersnöte, Dürre, Rinderpest, Aufstände – und immer wieder Probleme mit den Mönchen, die eine innere Krise mitmachten: Sollten sie weiterhin Mönche sein – oder mussten sie dem Ruf der Schwarzen folgen und aktive Missionsarbeit auf sich nehmen? Abt Amandus wurde von den einen als "rückständig" hingestellt, von den andern immer wieder aufgefordert, an den alten Klosterregeln festzuhalten. Wem konnte er es recht machen?
Seine "Schwäche" war – so Mitbrüder aus seinen eigenen Reihen – dass er "zu gut" war; er schenkte jedem Vertrauen und wurde bisweilen auch hintergangen. Trotzdem hielt er an dem Ausspruch seines Lieblingsheiligen, des Franz von Sales, fest: "Ich will lieber für zu große Güte als für zu große Härte betraft werden." Mit viel Takt und Noblesse behandelte er vor allem auch den zurückgetretenen Abt Franz Pfanner. Ihm blieb er auf sehr freundschaftliche Weise verbunden. Ähnlich eng und innig war sein Verhalten gegenüber Bischof Jolivet. Der hatte ihm einst am Tag der Abtsweihe gesagt: "Mein lieber Freund, ich wünsche und bete, dass du noch zwanzig Jahre gottgesegnet wirken und zwanzig Jahre lang neue Missionsstationen eröffnen darfst!"
Dazu ist es nicht gekommen. Der ohnehin eher kränkliche Abt übernahm sich nicht selten. Seine Gesundheit litt darunter. Die weiten Wege ins "missionarische Hinterland" waren anstrengend. Autos gab es damals noch keine; die wenigen Bahnstrecken führten kaum zu den Außenposten. So musste der Abt mit dem "Spider" (leichter Pferdewagen) vorlieb nehmen oder zu Pferd beziehungsweise zu Fuß entlegene Stationen besuchen. Die Wege waren allesamt holprig und unbequem. Dennoch, man hörte Abt Amandus nie klagen. Stattdessen sagte er immer wieder, getreu seinem Wahlspruch: "Ich bin nicht gekommen, um mich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen …"
Diese Glaubenshaltung versuchte er auch seinen Mitbrüdern und den Schwestern nahezulegen. Die bloß äußere Tätigkeit, pflegte er zu sagen, zeitigt materielle Scheinerfolge. Wir müssen erst innerlich im Glauben gefestigt sein, ehe wir andere zum Glauben bringen können. Neben dem heiligen Franz von Sales war ihm vor allem auch die heilige Mechtild ein Muster klösterlichen Lebens. Über ihr Leben und Wirken, ihre Offenbarungen und Verheißungen ließ er ein eigenes Büchlein drucken und es jedem Mariannhiller in die Hand geben.
Der heiligmäßige Ordenspriester
Abt Amandus war den Strapazen des Missionslebens nicht auf Dauer gewachsen. Nach einer größeren Visitation durch den Missionssprengel machten sich erstmals schwere Magenkrämpfe bemerkbar. Trotz strenger Diät und diverser Kuren war die Krankheit nicht mehr aufzuhalten: Magenkrebs. Auf Bitten des Arztes und der Klosterverwaltung ließ er sich in das Sanatorium nach Pietermaritzburg bringen. Die dortige Pflege durch ausgebildete Schwestern schaffte aber nur vorübergehend Linderung. Sein Freund, Bischof Jolivet, besuchte ihn täglich; er war es auch, der ihm die Sterbesakramente reichte. Am Morgen des 28. Januar 1900 rief Gott ihn zu sich. Am nächsten Tag wurde er auf dem Klosterfriedhof zu Mariannhill unter den weitausladenden Ästen eines wilden Feigenbaums beigesetzt – neun Jahre vor seinem Vorgänger Abt Franz Pfanner.
Im Nachruf seiner Abtei hieß es: "Er war ein heiligmäßiger Priester, ein aufrichtiger, nach christlicher Vollkommenheit strebender Ordensmann; als Oberer ein liebevoller, nachsichtiger Vater, der niemals etwas von einem seiner Untergebenen verlangte, wozu er sich nicht auch selbst verpflichtet hätte …"
Zusammenfassend würdigte (Jahrzehnte später) Pater Dr. Rudolf Kneipp den Verstorbenen so: "Sein Ziel war, gute Ordensleute und tüchtige Missionare zu erziehen. Darum sorgte er für die Drucklegung der Regel, bemühte sich um ein Noviziatshaus in Bayern, erstrebte gediegene theologische und asketische Ausbildung (für die jungen Kleriker) und bemühte sich vor allem um Lehrer und Katecheten für das schwarze Volk. Er konnte 1898 den ersten schwarzen Priester in Mariannhill begrüßen – und gab auch Vorschriften heraus für schwarze Mädchen, die ins Kloster gehen wollten."
Mit Abt Amandus verlor Mariannhill einen Mann, der nicht nur einen klaren Verstand hatte, sondern auch ein gütiges Herz. Es war schwierig, einen ebenbürtigen Nachfolger zu finden …
Bruder Alois Karl Schütz (1882 - 1960) Der Ziegelbrenner von Sankt Isidor
Dass er einmal eine große Ziegelei einrichten und Hunderttausende von Backsteinen und Ziegeln brennen würde – das hätte sich Bruder Alois damals, als er noch in Eidenberg bei Linz/Oberösterreich lebte, nicht im Traum einfallen lassen. Seine Heimat lag in der fruchtbaren Donau-Ebene; hier betrieb man Landwirtschaft. Aber der junge Karl (in der Taufe hatte er den Namen seines Vaters erhalten) diente zunächst als Soldat im k. u. k. Infanterie-Regiment des Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen. Und als er sich für die Afrikamission entschied (1905), dachte er wohl zunächst auch an Landwirtschaft. Die ersten Jahre im Kloster Mariannhill arbeitete er im Lagerhaus der Zentrale. Hier wurden die schweren Ochsenfuhrwerke beladen, die die Stationen im Hinterland mit lebenswichtigen Gütern versorgten. Eine harte, aber sehr wichtige Aufgabe für den jungen Klosterbruder. Dann (1910) übernahm er in Reichenau am Polelafluss die Landwirtschaft; es muss für den Landwirt aus Oberösterreich eine Freude gewesen sein, hier, in der „Kornkammer der Mariannhillermission“, wirken zu dürfen.
Nach zehn Jahren harter, aber fruchtbringender Arbeit in Reichenau erhielt Bruder Alois den Auftrag, in Sankt Isidor eine Ziegelei zu errichten. Es war eine Herausforderung besonderer Art. Aber der gewandte und vielseitig interessierte Bruder bekam auch diese neue Aufgabe schnell in den Griff. Schon nach wenigen Jahren galten seine Ziegel und Backsteine als die besten weit und breit. Sankt Isidor war zum Gütezeichen geworden.
Neben dem Ziegeleibetrieb verwaltete Bruder Alois auch die Landwirtschaft und die Mühle. Die Felder waren in bestem Zustand und die Viehställe fast immer überfüllt. Abermals ein Beweis für das Können des Bruders.
Bei aller ihm abverlangten äußeren Geschäftigkeit, blieb Bruder Alois ein regeltreuer Ordensmann; er wusste seine handwerklichen Tätigkeiten auf harmonische Weise mit Gebet und Meditation zu verbinden.
1956 – nach 36 Jahren in Sankt Isidor –, als er sich nur mehr am Gehstock fortbewegen konnte, nahm er Abschied von seiner geliebten Ziegelei und der Landwirtschaft. Aber in all seiner Hilflosigkeit und bei allen Mühen und Schmerzen, die die letzten Lebensjahre mit sich brachten, klagte er nie. Auch der Lebensabend war für ihn ein Stück Lebensaufgabe; ein weiteres Hingeführtwerden zu dem, zu dem wir alle zeitlebens unterwegs sind… Bruder Alois starb am 14. März 1960, fünf Tage nach seinem 78. Geburtstag.
Pater Dr. Gundekar Ernst Serger (1902 - 1983) In Gottes Hand geschrieben
Pater Gundekar SergerDr. Ernst Serger war schon 46 Jahre alt, als er sich entschloss, Mariannhiller zu werden. An seinem 53. Geburtstag wurde er zum Priester geweiht. Davor lagen arbeitsreiche Jahre in der Volkswirtschaft.
Pater Gundekar (Ordensname) stammte aus Gerlachsheim bei Tauberbischofsheim in Nordbaden, wo er am 17. Juli 1902 zur Welt gekommen war. Nach dem Besuch des Gymnasiums wurde er Diplom-Volkswirt, promovierte und übernahm als Büroleiter eine landwirtschaftliche Privatstelle in Magdeburg. Dann kam der Zweite Weltkrieg; er wurde Soldat und geriet in Gefangenschaft. Danach arbeitete er in einem Bergwerk und wurde selbständiger Steuerprüfer; dies blieb er bis 1949. Der Wunsch, Priester zu werden, erforderte erneutes Studium. Pater Gundekar ging es, wie alles in seinem Leben, mit großem Eifer an. Nach der Priesterweihe war er kurze Zeit Assistent im Mariannhiller Piusseminar in Würzburg, anschließend Superior im Missionshaus Reimlingen. Während dieser Zeit wurde die neue Hauskapelle errichtet; der Altbau des Hauses sowie die Werkstätten wurden modernisiert.
1964 wurde Pater Gundekar Superior im Mariannhiller Spätberufenenseminar Zaitzkofen und Pfarrverweser von Pinkofen. Der 62jährige übernahm diese neuen Aufgaben mit großer Gelassenheit und bewundernswertem Eifer. Einige Jahre später zog er sich ganz in die Pfarrseelsorge zurück, erst in Pinkofen, dann in Dünzling. Trotz mehrerer Operationen hielt er auf seinem Posten aus, bis ein Herzleiden hinzukam.
Etwa drei Jahre vor seinem Tod schrieb er sein Testament; darin heißt es: "Wenn ich zurückblicke auf die Jahre der Vorbereitung zum Priestertum, muss ich feststellen, dass es trotz meiner 46 Jahre bei Beginn des Studiums nicht zu spät war. Manchen, die viel jünger waren als ich, war es nicht vergönnt, lange zu arbeiten im Dienste des Herrn. Teils verunglückten sie auf gefährlichen Missionswegen, teils fielen sie Krankheiten zum Opfer; einige wurden aus dem Leben gerissen durch Terroranschläge. Trotz vieler Gefahren im Krieg und bei Luftangriffen, haben mich Gott und mein Schutzengel bewahrt, so dass ich das Ziel des Priestertums erreichen konnte … Voll Zuversicht gehe ich in die Zukunft; denn auch mein Name ist in die Hand Gottes geschrieben. Viel schlimmer und schwerer kann es nicht mehr kommen. Voll Vertrauen gehe ich in die kommenden Jahre. Gott wird weiter sorgen …"
Pater Gundekar starb am 24. März 1983 in Dünzling; auf dem Klosterfriedhof in Reimlingen fand er seine letzte Ruhe.
Bruder Alexius Augustin Smieja (1902 - 1982) Wenn man so als einfacher Missionsbruder…
Bruder Alexius SmiejaAls Beruf gab er Maurer an; aber er war viel mehr: Farmer, Katechet, Erzieher – und vor allem Ordensmann. Er war Brudermissionar, und er war es gerne. Denen, die sich über die Aufgaben der Brüder mokierten, las er mitunter die Leviten. Er tat es auf vornehme Weise, aber mit Nachdruck. Als Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre die Diskussion aufkam, die Brüdermissionare sollten künftig weniger Handwerker sein, mehr Katecheten und Sozialarbeiter, schrieb er einen langen Artikel im Missionsmagazin "mariannhill" und rückte einige Ansichten zurecht. Er habe nichts dagegen, dass die Brüder pastorale Dienste übernähmen, aber die übliche Katechese solle man doch besser den Schwarzen überlassen; die verstünden die Sprache und Bräuche ihrer Landsleute noch allemal besser als die weißen Missionare … Auch sei er nicht gegen Sozialarbeit, schrieb er in jenem Essay; die Missionare hätten schon immer Sozialarbeit verrichtet. Aber es sei eminent wichtig, dass auch die handwerklichen Berufe von Brüdermissionaren weiterhin ausgeübt würden. Indirekterweise wirke das Beispiel des Bruders, wenn er gut arbeite, auch auf die Schwarzen. Wörtlich schrieb er damals: "Wenn man so als einfacher Missionsbruder jahrzehntelang harte Arbeit zu verrichten hatte, ganz unter und mit dem Volk, als Pionier bei Neugründungen, als Hilfskatechet und Religionslehrer im priesterlosen Gottesdienst auf einer fernen Außenstation, da sieht man ein, wie klein und schwach der Mensch ist, wie sehr er das Gebet braucht und den Segen Gottes … Und der wird nicht so sehr durch große Worte über Sozialarbeit und äußere Geschäftigkeit erreicht, sondern am nachhaltigsten durch Opfer und Gebet."
Bruder Alex (wie ihn die Mitbrüder liebevoll nannten) war für viele jüngere Missionare ein Vorbild; sie wussten, hier sprach einer aus, was er vorlebte.
Stationen seines Lebens
Geboren wurde Bruder Alex am 18. Juli 1902 in Ober-Weichsel/Schlesien. Sein Vater war Landwirt. Nach der Volksschule half er auf dem elterlichen Bauernhof mit. Sein Vater wollte ihn auf die Landwirtschaftsschule schicken, doch der junge Augustin (Taufname) spielte damals schon mit dem Gedanken, ins Kloster zu gehen, und dort, so meinte er, brauche man keine weitere Ausbildung. "Mein erster großer Irrtum", sagte Bruder Alex schmunzelnd in späteren Jahren.
Mit 21 Jahren (1923) trat er bei den Mariannhillern ein, war bald die rechte Hand des Schaffners in Reimlingen und ging dann als Betreuer des Pferdestalles nach St. Benedikt bei Arnstein. Auf Wunsch der Ordensoberen wechselte er den Beruf und erlernte das Maurerhandwerk: 1924 wurde er nach Südafrika entsandt, legte zwei Jahre später die Ordensprofess ab und machte jetzt eine intensive Ausbildung als Maurer.
1926 fuhr er nach Rhodesien, wo er diverse Bauarbeiten auszuführen hatte. Wieder in Natal, errichtete er das kleine Seminar in Ixopo, Kirche und Konvent in Melville, ein Schwesternhaus in Himmelberg, das Krankenhaus in Centocow, die Kirche in Port Shepstone und viele andere Gebäude auf den verschiedensten Stationen.
Besonders stolz war Bruder Alex auf den Seminarbau in Ixopo; 750 000 Backsteine waren "vermauert" worden. Während des Zweiten Weltkrieges betreute Bruder Alex gleich drei Stationen, da mehrere jüngere Patres und Brüder interniert worden waren. 1946 wurde er Internatsleiter am St. Francis College in Mariannhill. Hier sorgte er für das leibliche Wohl von rund 300 Studenten. Nach fünf Jahren rief man ihn hinaus aufs Hinterland. In Assisi-Mission wurde wieder gebaut. Von dort ging's reihum auf viele andere Stationen; das "Bauteam", das er anführte, errichtete nicht nur die Mauern, sondern auch Dachstühle; es übernahm Verputzarbeiten, brachte Dachrinnen, Fenster und Türen an und installierte Wasserleitungen. Wo das Wasser fehlte, grub man Brunnen und erstellte Wassertanks. Kurzum, der Brudermissionar, der "baute", war eigentlich Mädchen für alles. Dass Bruder Alex zusätzlich noch Katechesen gab, soziale Dienste übernahm und, wo immer nötig, dem Priester zur Seite stand, war für ihn selbstverständlich.
1978 zog er sich aus Gesundheitsgründen nach Mariannhill zurück, half aber noch im Büro mit und gab auch Führungen durch das Kloster. Sein Humor und sein Gottvertrauen blieben ihm erhalten. Den jungen Mitbrüdern in der Gemeinschaft fühlte er sich besonders verbunden; und sie schätzten seine leutselige Art und seine Hilfsbereitschaft besonders hoch. Ihnen rief er noch kurz vor seinem Tod zu: "Jetzt müsst ihr weitermachen; jetzt liegt es an euch, die Frohbotschaft zu künden!"
Bruder Anton Johann Steiger (1900 - 1986) Der kleine Bruder mit dem Fahrrad
Bruder Anton SteigerDer Schweizer aus Appenzell (wo er am 26. Dezember 1900 geboren wurde) trat mit 23 Jahren bei den Mariannhiller Missionaren ein; er war gelernter Schuhmacher. Nach dem Noviziat legte er die Ordensgelübde ab (1926) und wirkte dann auf dem Klostergut Ebenrod, anschließend in der Landwirtschaft in Sankt Paul/Holland. Schließlich baten ihn seine Ordensoberen, als "Reisebruder" für die Mariannhiller Mission zu werben. Jahrzehntelang versah er diese Aufgabe mit großem Eifer. Unermüdlich warb er landauf, landab, von Ort zu Ort, vor allem in Baden-Württemberg. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad besuchte er Freunde und Förderer des Mariannhiller Missionswerkes. Wegen seiner Bescheidenheit, aber auch wegen seines freundlichen und aufgeschlossenen Wesens war er überall sehr beliebt.
Als er aus Altersgründen diese anstrengende Werbe-Arbeit nicht mehr leisten konnte, half er im Zentralbüro der Mariannhiller weiterhin mit; an die Freunde und Wohltäter, die er über so viele Jahre besucht und betreut hatte, schrieb er einen Abschiedsbrief: Alles Irdische nehme bekanntlich seinen Lauf; selbst Aufgaben, die einem übernatürlichen Ziel dienten, könnten sich diesen Gesetzen nicht entziehen. Wörtlich: "Diese Gedankengänge sind dem gläubigen Christen verständlich. Das durfte auch ich auf den vielen Werbereisen erfahren, die ich in mehreren Jahrzehnten durch Süd- und Südwestdeutschland machte. Allen Wohltätern unseres Missionswerkes gilt mein herzlicher Dank und ein Vergelt's Gott. Vom Vergelter jeder guten Tat erbitten wir besonderen Segen auch für die vielen Pfarrhäuser und Schwesternkonvente, bei denen der kleine Brudermissionar mit dem Fahrrad so viele Guttaten empfangen durfte …"
Kurz vor seiner Übersiedlung von Würzburg ins Altenpflegeheim nach Reimlingen überraschte Bruder Anton den Rektor des Hauses in Würzburg: Er legte sein restliches Taschengeld auf den Tisch und sagte: "So, das brauche ich jetzt nicht mehr!" Dann zählte er seinem Oberen die wichtigsten Daten seines Lebens auf – nicht ohne einen gewissen Humor und feiner Schlitzohrigkeit. Er wusste nur zu gut, dass diese Angaben bald für seinen Nachruf gebraucht würden.
Aus seinem "Nachlass" (es waren nur ein paar wenige lose Blätter) wurden ein paar Gebete bekannt. Sie spiegeln vielleicht mehr von dem wider, was Bruder Anton zeitlebens vorlebte, als lange Ansprachen und Aufsätze. "So Gott will", begann eines seiner Gebete. "Gottes Wille, Gottes Allmacht und Vorsehung sind mächtiger als alles irdische Tun und Wollen. Mag ein Mensch auch krank und in vielen Dingen unwissend sein, in den Augen Gottes kann er ein sehr wertvolles Werkzeug seiner Gnade sein …"
Und auf einem anderen seiner Gebetszettel hieß es: "O Gott, gib mir ein demütiges Herz und ein friedliches Alter. Bewahre mich vor Egoismus und unnützer Klage; schütze mich vor unruhigen Erinnerungen. Gib mir, Herr, die Gnade, die Prüfungen des Alters geduldig zu ertragen, auf dass mein Leben für die Hausgemeinschaft der Mariannhiller keine Last, sondern eine Erbauung sei … Herr, auf dich vertraue ich. Du bist mein Trost, meine Burg …"
Bruder Anton starb kurz vor Vollendung seines 87. Lebensjahres. Durch seinen nimmermüden Einsatz in der Heimat hatte er großen Anteil an der Verbreitung des Missionsgedankens. Seine Größe war seine Demut, seine Einfachheit, seine Bescheidenheit.
Bruder Daniel Steinbacher (1896 - 1971) Überall gern gesehen
Als fünftes von sieben Kindern erblickte er am 18. Mai 1896 in Oberlangkampfen in Tirol/Österreich das Licht der Welt. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete er auf dem väterlichen Hof. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er eingezogen und zum Kriegsdienst verpflichtet. Nach seiner Entlassung, 1918, arbeitete er in verschiedenen bäuerlichen Betrieben seiner Tiroler Heimat. Mit 35 Jahren trat er bei den Mariannhillern ein, machte das Noviziat in Holland und kehrte dann wieder nach Österreich zurück. Er war in Sankt Georgen am Längsee und in Riedegg in der Landwirtschaft tätig. Von 1945 bis 1968 war Bruder Daniel in ganz Österreich unterwegs, um für Missionsinteresse zu werben. Wo immer er hinkam, er war gern gesehen. Alle, die ihn kennenlernten, schätzten sein freundliches Wesen, seine Bescheidenheit, seine Frömmigkeit.
Als er aus Gesundheitsgründen die beschwerlichen Werbe-Reisen nicht mehr unternehmen konnte, zog er sich nach Riedegg zurück. Er litt an Herz- und Lungenbeschwerden sowie an Arteriosklerose. Nach mehrmonatigem Krankenhausaufenthalt in Linz ging er zu den Kreuzschwestern nach Gallneukirchen. Sie betreuten ihn bis zu seinem Tod. Auf dem Klosterfriedhof in Riedegg fand er seine letzte Ruhe. Die Mariannhiller Missionare und die vielen Freunde und Wohltäter der Mission, so hieß es in seinem Nachruf, haben einen großen Beter verloren; mit ihm wurde es ein wenig dunkler in der Welt …
Pater Modoald Alois Stigler (1912 - 1968) Vom Kriegsgericht zum Tod verurteilt
Pater Modoald StiglerEr sprach selten davon; aber jene, die ihn kannten, wussten, wie sehr es ihn damals getroffen hatte: die Verurteilung zum Tod, von Hitlers Henkersknechten ausgesprochen. Man hatte ihn in Verbindung gebracht mit der Verbreitung von Hirtenbriefen der katholischen Bischöfe; als sich das "Kriegsglück" gegen Hitler zu entscheiden begann, wurde Pater Modoald zur "Frontbewährung" begnadigt; nach der Untersuchung in Breslau zwang man ihn zum Kriegsdienst an der Ostfront.
Er überlebte beides, das Todesurteil und den Krieg. In Reimlingen wirkte er fortan als Lehrer, entwickelte eine rege Seelsorgstätigkeit in den Pfarreien der Umgebung und übernahm schließlich eine Spiritualsstelle bei den Mariannhiller Missionsschwestern in Diefflen an der Saar. Hier starb er im Alter von 55 Jahren. Um seinen frühen Tod trauerten nicht nur die Mariannhiller; auch in seiner Heimatgemeinde Holzheim in der Oberpfalz, wo er am 12. Mai 1912 das Licht der Welt erblickt hatte, empfand man Leid und Anteilnahme.
Pater Modoald betrachtete sich nie als Helden; in seiner witzigen, ironischen Art hatte er für Helden nichts übrig. Er nahm andere und sich selbst auf den Arm – und wusste doch im tiefsten Herzen, dass Humor nur dort sein konnte, wo der Ernst des Lebens, wo Krankheit, Leid und Schmerzen nicht verdrängt, sondern akzeptiert werden – eingerahmt in die Pläne dessen, der Herr ist über Zeit und Ewigkeit.
Bruder Majella Gerhard Stojecki (1913 - 1975) Von Breslau nach Bulawayo
Bruder Majella StojeckiBestürzung und Trauer herrschten unter den Mitbrüdern der deutschen Mariannhiller Provinz, als am 30. Oktober 1975 ein Telegramm aus Bulawayo/Rhodesien-Simbabwe in lapidarer Kürze die Nachricht brachte: "Bruder Majella gestorben. Herzinfarkt." Er befand sich gerade auf einem Arbeitsbesuch bei seinem Bruder, Pater Thaddeus, auf der Ekusileni-Mission.
Bruder Majella stammte aus Breslau/Oberschlesien (heute Polen). Nach der Volksschule und einer Buchbinderlehre trat er (1932) bei den Mariannhillern ein, legte 1935 seine Ordensprofess ab und wirkte anschließend in der Landwirtschaft sowie an der Pforte in Sankt Paul/Holland. 1941 wurde er zum Kriegsdienst verpflichtet. Im April 1945 geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung arbeitete er in der Buchbinderei in Reimlingen, bis er 1949 in das Provinzialatshaus nach Würzburg (Röntgenring) übersiedelte. Hier kümmerte er sich um die Pforte, kam mit unzähligen Freunden und Wohltätern zusammen, mühte sich als Hausmeister um das Wohl und Wehe der Gemeinschaft und half mit beim Versand von Zeitschrift und Kalender. Viele Tage und halbe Nächte verbrachte er an der "Adrema". Auch der Warenverkehr mit den Missionaren in der Dritten Welt lag in seiner Hand. Unzählige "Afrikakisten" hat er gepackt und expediert. Bei der umfangreichen Bautätigkeit der deutschen Provinz wurde immer wieder auf seine selbst erworbene Fähigkeit als Tüncher und Maler zurückgegriffen. Er leistete, wo immer man ihn einsetzte, stille und solide Arbeit.
Seine beiden Rhodesienreisen zu seinem Bruder waren letztlich Dienste an der Mission. Bruder Majella half auch in Ekusileni, wo immer Not am Mann war.
Nach einem urologischen Eingriff in einem Krankenhaus zu Bulawayo kehrte er wieder auf die Missionsstation seines Bruders zurück. Er hatte die Operation gut und ohne Komplikationen überstanden.
Am 28. Oktober unternahm er einen kurzen Spaziergang zusammen mit den Hunden der Station. Als er nach längerer Zeit nicht zurückkehrte, machte sich sein Bruder mit 20 Jugendlichen auf die Suche. Sie fanden ihn im Staub eines Buschweges; neben ihm wachte sein Lieblingshund. Wiederbelebungsversuche waren zwecklos. Ein Arzt, der sofort herbeigerufen worden war, konnte nur noch den Tod feststellen.
Bruder Nivard Georg Streicher (1854 - 1927) Ein Genie in der Kutte
Man nannte ihn den „braunen Abt von Mariannhill", ein „Genie in er Kutte". Er war Architekt, Ingenieur, Landvermesser, Farmer - und Freund/rechte Hand des Bruder Nivard Streicher und Abt Franz Pfanner unterwegsKlostergründers Abt Franz Pfanner. Ohne ihn und die vielen anderen fähigen Brüdermissionare wäre Mariannhill nicht das Zentrum der Evangelisation im südlichen Afrika geworden, als das man es heute noch bezeichnen kann. Bruder Nivard Streicher - er wurde 1854 in Erding bei München als zweites von neun Kindern geboren - erlernte nach der Volksschule das Handwerk seines Vaters: er wurde Bautischler und Zimmermann. Der erste Anstoß zum Ordensleben kam wahrscheinlich bei einer Audienz mit Papst Pius IX. in Rom. Der 19-jährige Georg erlebte es nach eigenen Worten so: „Den Stein, den ich das Glück hatte, aus den Händen des unvergesslichen Pio nono zu erhalten, habe ich noch immer, und er erinnert mich stets daran, dass der Heilige Vater mich bei der Audienz beim Ohr nahm und schüttelte, weil ich ihm auf eine Frage eine recht drollige Antwort gegeben habe. Vielleicht hat die Berührung dieser heiligen Hände das Ohr meines Herzens geöffnet, so dass ich die Stimme, die mich in den heiligen Ordensstand rief, hören und verstehen konnte." Von 1874 bis ca. 1877 leistete der junge Mann Wehrdienst im „kgl. bayerischen Infanterie-Regiment Prinz Carl von Bayern". Er besuchte die „Feldwebelschule" und wurde als Fourier ausgebildet. Wieder entlassen, eröffnete er in München eine Kunsttischlerei und half unter anderem beim Bau der Auerkirche mit. Zu dieser Zeit gewann er bei der Lotterie das Hauptlos und ließ daraufhin mit dem Geld das Dach seines Elternhauses in Erding mit Kupfer decken. 1880 trat Georg Streicher - jetzt Bruder Nivard - ins Trappistenkloster Mariastern in Bosnien/Jugoslawien ein und legte am Heiligen Abend 1882 seine Profess ab. Zwei Tage später (im gleichen Jahr) begann Prior Franz Pfanner, der Gründer von Mariastern, im fernen Südafrika die Neugründung Mariannhill bei Durban. Beide Klöster, Mariastern und Mariannhill, unterstanden Pfanner. Erst 1883 verzichtete er auf das Priorat Mariastern, erbat sich aber vom Generalkapitel der Trappisten zehn Professen dieses Klosters, um sie nach Südafrika zu holen. Bruder Nivard war einer davon. Nach einer ruhigen Seefahrt traf Bruder Nivard Mitte Juli 1883 in Durban ein. Franz Pfanner (er wurde 1885 erster Abt des Missionsklosters) erkannte sehr schnell die außergewöhnlichen Fähigkeiten des jungen Bautischlers. Er übertrug ihm große Verantwortung und machte ihn alsbald zum Chef der gesamten Bauplanung des Missionskomplexes. Die Mühle von Mariannhill war Bruder Nivards erstes großes Werk, ein imposanter Bau, in dem übrigens jahrelang auch die erste Schnellpresse Südafrikas stand. Es folgten viele andere Gebäude: Die Klosterkirche, der Brüderkonvent, sowie Kirchen, Schulen und Krankenhäuser auf verschiedenen Außenstationen. Eine wichtige Arbeit des jungen Bruders, der sich durch Selbststudium zum Architekten und Ingenieur fortbildete, war die Errichtung des „Johannesbrunnen" zur Wasserversorgung der Missionszentrale. Bruder Nivard legte einen 33 Meter langen Damm mit Stausee an, installierte eine Turbine, schloss ein Pumpwerk an und schaffte so 18 Hektoliter Wasser pro Stunde in ein 96 Meter hohes Reservoir; ein Meisterwerk für einen Selfmademan! Ein gewisser Dr. Groetschel schrieb 1887 nach einem Besuch in Mariannhill: „Dieser Bruder Nivard ist jener Trappisten-Ingenieur, der aus einem künstlich hergestellten Wasserfall des Umhlatusanflusses so viele Kräfte gezogen und zu industriellen Leistungen verwendet hat, wie die Engländer nach ihrem eigenen Geständnis in Südafrika bis heute nichts Ähnliches fertiggebracht haben." Bald war Bruder Nivard bekannter als Abt Franz. In ganz Natal und darüber hinaus bestaunte man ihn „wie ein Herrgöttlein" (Abt Gerhard Wolpert). Auch protestantische Missionare und Regierungsbeamte holten bei ihm Rat. Man rief ihn, wenn man nicht mehr weiter wusste, und bat ihn um ein gutachten. Wo immer Mühlen errichtet oder Turbinen aufgestellt wurden, der „braune Abt von Mariannhill" war als Fachmann zur Stelle. 1909 erhielt er ein Freibillett für die Natal-Eisenbahn, und zwar für Lebenszeit; eine Auszeichnung, die wohl keinem anderen Missionar vor bzw. nach ihm zuteil wurde. Im Anerkennungsschreiben des Ministers für Eisenbahnen und Häfen heißt es, Bruder Nivard erhalte diese Vergünstigung „in Anbetracht seiner wertvollen Verdienste für Land und Leute". Nach dem Tod des Missionsabtes Franz Pfanner (1909) schrieb Bruder Nivard an seinen Bruder Matthias: „Abt Franz hat sein Werk in Afrika vollendet und ruht unter dem herrlichen wilden Feigenbaum auf unserem Friedhof, und unsere Aufgabe ist es, nun ein dem großen Mann würdiges Denkmal zu errichten." Matthias Streicher, der Bildhauer und später Professor für Plastik am Polytechnikum in Aachen war, sollte das Pfanner Denkmal entwerfen, das dann von Bruder Nivard ausgeführt wurde! Bruder Nivard blieb noch viele Jahre die Seele des Bau-Teams von Mariannhill, auch unter den Nachfolgern Pfanners. Langsam aber stellten sich Krankheiten und Beschwerden ein. Schon 1896 hatte er sich auf einer Informationsreise durch das heutige Simbabwe eine schwere Malaria zugezogen. Hinzu kamen später Ruhr, Paratyphus, Rheumatismus und Ischias. Trotz alledem gab der unwahrscheinlich vielseitige und aktive Mönch nicht auf. Das „Ora et labora", das in großen Lettern über der Eingangspforte zur Missionszentrale steht, hat ihn täglich neu daran erinnert, dass zum Werken und Schuften auch das Beten gehört. Und Bruder Nivard war zeitlebens ein großer Beter gewesen. Oft sah man ihn, den Rosenkranz in der Hand, innerhalb des Klosters auf- und abgehen. Als seine körperlichen Gebrechen größer wurden, rieten ihm die Ärzte, für ein Jahr nach Europa zu gehen und sich dort pflegen und kurieren zu lassen. Nur widerstrebend folgte er ihrem Rat, von seinen Ordensoberen dazu verpflichtet! Am 12. Juli 1922 verließ er sein geliebtes Mariannhill, fast auf den Tag genau 39 Jahre nach seiner Ankunft. In Sankt Paul bei Arcen, der Niederlassung der Mariannhiller in den Niederlanden, fand der kranke Brudermissionar eine neue Heimat. Es ging ihm gar nicht gut. In einem Brief an Verwandte schrieb er, der sonst nie klagte: „Ich kann nicht schlafen und fühle mich recht elend. Schreiben geht nicht mehr ..." An eine Rückkehr nach Südafrika war nicht mehr zu denken. Bruder Nivard fühlte den Tod nahen. Am 26. Februar 1927 rief Gott ihn zu sich. Auf dem Klosterfriedhof von Sankt Paul wurde er am 1. März zu Grabe getragen. Im Nachruf hieß es, Bruder Nivard sei vom Scheitel bis zur Sohle ein Möncgh gewesen, aber gleichzeitig auch weltgewandt und blitzgescheit, wie nur wenige Mitbrüder seiner Gemeinschaft. Als Trappist hatte er begonnen. Nachdem Rom die Missionszentrale vom Orden löste (1909), wurde er Mariannhiller Missionar und blieb es bis zu seinem Tod. „Mariannhill wäre nicht geworden, was es wurde, hätte es nicht 39 Jahre einen solch fähigen Mann an maßgebender Stelle gehabt." (Pater Dietmar Seubert) Trotz aller äußerer Erfolge blieb Bruder Nivard ein bescheidener Mann. Er betete und arbeitete viel und wurde so zum Vorbild für seine Mitbrüder. Als rechte Hand Franz Pfanners und Freund der Schwarzen bleibt er in Erinnerung. Die großen Bauten seines Schaffens sind heute noch Zeugen seiner Genialität und Tatkraft: Gebete aus Stein und Mörtel.
Bruder Matthias Sutterlüty (1933 - 1983) Zeugnis tiefen Gottesvertrauens
Bruder Matthias Paul Sutterlüty
Mariannhiller Missionar
1933-1983
Geboren und aufgewachsen ist er im Bregenzer Wald in Vorarlberg. Dort hatte er auch das Müllerhandwerk erlernt. Von seinem Vater. Dann wurde er Mariannhiller Missionar und wirkte im heutigen Simbabwe. Bis er von schwarzen Mördern niedergestreckt wurde. Am helllichten Tag. Bei seiner Arbeit im Dienste der Mission
Brutaler Mord am Rande der Kalahari
Paul Sutterlüty wurde am 29. Dezember 1933 in Egg/Bregenzer Wald als achtes von zehn Kindern geboren. In der väterlichen Mühle und auf der Müllereifachschule in Wels erhielt er seine fachliche Ausbildung. Doch Mahlen und Backen und Geldverdienen waren nicht alles. Er zielte höher. Er wollte mehr – auf den Sinn des Lebens bezogen. Über das Missionsärztliche Institut und das benachbarte Piusseminar wurde er auf die Mariannhiller in Würzburg aufmerksam. Im heimatlichen Riedegg trat er in den Orden ein – und hieß jetzt Bruder Matthias. Das war Anfang der 60er Jahre. Sein Wunsch, in die Afrikamission gehen zu dürfen, erfüllte sich erst nach Jahren mühsamer Arbeit in der Provinzprokura. 1972 war´s dann soweit. Bruder Matthias reiste nach Rhodesien/Simbabwe.
Erst wirkte er auf der St. Paul´s Mission, wo er 1977 die Ermordung der Missionsärztin Dr. Hanna Decker und der Ordensfrau Schwester Ferdinanda Ploner miterlebte. Ihn hätte ums Haar ein ähnliches Schicksal getroffen, wäre ihm nicht ein afrikanischer Arbeiter gerade noch rechtzeitig zu Hilfe gekommen. Später – nach einem verlängerten Heimaturlaub – ging Bruder Matthias nach Embakwe-Mission, am gleichnamigen Fluss, in der Nähe der Kalahari-Halbwüste. Hier setzte er seine segensreiche Arbeit fort. Hier war er bei allen beliebt und geschätzt. Hier mühte er sich, das „Ora et labora“ im Alltag zu leben. Seine Briefe aus jener Zeit sind Zeugnisse tiefer Innerlichkeit. In einem Rundschreiben an seine Verwandten und Freunde in der Heimat machte er auf seine immense Arbeit aufmerksam, aber auch auf seine innere Haltung: „Ich organisiere die Werkstätten, die Reparaturen und die Bauerei. Straßenbau, Wasser- und Stromversorgung, Transport, Buchhaltung und vieles mehr halten mich auf Trab. Der Beruf eines Missionsbruders ist etwas Faszinierendes.“
Dann kam der 10. November 1983. Bruder Matthias war mit mehreren schwarzen Hilfsarbeitern am Damm des Stausees. Als er am Spätnachmittag nicht zurückkehrte, begann man zu suchen. Anderntags fand man seine Leiche. Man hatte ihn kaltblütig und brutal ermordet – mit Messerstichen und Hammerschlägen – und dann in einen verlassenen Ameisenhaufen gestopft. Wer waren die Täter? Wie viele hatten sich daran beteiligt? Warum taten sie es? Weil er Weißer war? Weil er Missionar war? – Es ist nie geklärt worden.
Bruder Matthias war sich der Lebensgefahr seit langem bewusst: „Wir bleiben, um unserer Berufung gerecht zu werden, auch wenn ein Risiko damit verbunden ist.“ Es war ein Risiko um des Gottesreiches willen, im Dienste der Menschen!
Weisheit des Herzens
„Wo Gott uns hinstellt, da wollen wir aus den uns gegebenen Umständen das Beste machen. Wenn mich die Leute fragen, wie es möglich war, innerhalb so kurzer Zeit die Embakwe-Mission wieder in Schwung zu bringen (nach der vorübergehenden Schließung zur Zeit des Bürgerkriegs), dann sage ich immer: Durch den lieben Gott, der mir immer zur rechten Zeit das Werkzeug und den Arbeitsplan aus der Hand nahm, um für ihn Zeit zu haben – in Gebet und Betrachtung.“ (Aus einem Rundbrief von Bruder Matthias Sutterlüty)
Pater Paulus Heinrich Teufel (1932 - 1984) Er zählte zu den Schüchternen und Scheuen
Pater Paulus TeufelZeitlebens tat er sich schwer, öffentlich aufzutreten; er fühlte sich unsicher und gehemmt. Dass er trotzdem Priester wurde, mit der Verpflichtung, immer wieder öffentlich aufzutreten, gehört zu seinen persönlichen Geheimnissen. Leicht ist es ihm nie gefallen, auch nicht nach 20 Jahren.
Pater Paulus, der gelegentlich auch wegen seines Nachnamens gehänselt wurde, stammte aus Hubenberg/Bayern. Nach der Volksschule besuchte er die Landwirtschafts- und Handelsschule, ehe er sich entschloss, Priester und Missionar zu werden. 1950 begann er in Reimlingen mit den Gymnasialstudien. Nach Erhalt des Abschlusszeugnisses trat er der österreichischen Mariannhillerprovinz bei, studierte in Würzburg Theologie und wurde am 11. März 1962, 30 Jahre alt, zum Priester geweiht. Ende 1964 traf er in Mariannhill/Südafrika ein, mühte sich um die Zulusprache und wirkte fortan auf verschiedenen Stationen: Hibberdene, Melville, Mhlabatshane, Clairvaux, Bulwer und Marisstella (ab 1975); auf letzterer war er besonders aktiv und beliebt. 1982 übernahm er Umsinsini. Ein Jahr später erkrankte er schwer; die Ärzte mühten sich, aber ihre Kunst reichte nicht aus. Pater Paulus starb in Durban, wohin er zur Spezialbehandlung (in ein städtisches Krankenhaus) gebracht worden war. Die Stationsschwester sagte nach seinem Tod, sie habe in den 20 Jahren ihrer Praxis noch keinen Patienten gehabt, der so ergeben und so willig alles Leiden auf sich nahm wie Pater Paulus. Noch im Sterbebett dachte er an andere, sorgte sich um ihr Wohl und Wehe. Und immer wieder dankte er den Schwestern und Pflegern des Krankenhauses, entschuldigte sich bei ihnen, weil er ihnen so viel Arbeit mache.
Öffentliches Sprechen und Predigen war ihm nie leicht gefallen. Es kostete ihn jedesmal von Neuem große Anstrengungen, seine Schüchternheit zu überwinden. Aber er kämpfte energisch dagegen – aus Liebe zu den Menschen, denen er die Frohbotschaft künden wollte. Sein Missionsauftrag gab ihm die Kraft, über den eigenen Schatten zu springen …
Pater Ludwig Maria Alfons Tremel (1889 - 1984) Fast dreißig Jahre blind
Pater Ludwig Maria TremelIm Juli 1984 feierte Pater Ludwig M. Tremel seinen 95. Geburtstag, als ältester Mariannhiller Missionar und ältester Priester in der Diözese Würzburg. Von den 95 Jahren hatte er 74 in der Ordensgemeinschaft verbracht, die letzten dreißig Jahre völlig erblindet. Drei Monate später starb er in Lohr am Main, wo er seit 1956 als Spiritual, vor allem für Jugendliche und Schwestern, tätig war. Sein Leben war reich an Arbeit, Opfer und Gebet, an menschlicher Mühe und göttlicher Gnade.
Geboren wurde Alfons (Taufname) Ludwig M. Tremel am 23. Juli 1889 in Simbach am Inn. Er besuchte das Gymnasium der Benediktiner in Metten und nahm dann in Regensburg das Theologiestudium auf. Ein Jahr danach entschloss er sich, zu den Trappisten-Missionaren nach Mariannhill/Südafrika zu gehen, wo inzwischen die moderne Missionsgemeinschaft der Mariannhiller Missionare entstanden war. In Natal setzte Tremel seine theologischen Studien fort, wurde aber dann wieder in die deutsche Heimat zurückgeschickt, um an der Universität Würzburg sein Hochschulstudium abzuschließen. Doch da kam der Erste Weltkrieg dazwischen. Frater Ludwig wurde Sanitäter. Nach zwei Jahren kehrte er heim, setzte sein Universitätsstudium fort und wurde 1917 von Bischof Schloer in Würzburg zum Priester geweiht.
In der Nachfolge Franz Pfanners
Der Neupriester übernahm jetzt diverse Aufgaben in der Heimatprovinz. Er war Präfekt, dann Rektor im Kleinen Seminar in Lohr, wurde Direktor der Spätberufenenschule in Reimlingen/Nördlingen und schließlich Provinzial der Mariannhiller in Deutschland sowie Rektor des Großen Seminars in Würzburg.
Sein Augenleiden machte es ihm in späteren Jahren unmöglich, die Ämter weiterzuführen. Schließlich erblindete er ganz, gab sich aber nicht geschlagen. Als Berater und Beichtvater schätzte man ihn allenthalben. Sein Glaube und seine Energie, sich für die Weltmission einzusetzen, blieben zeitlebens ungebrochen. Seine Schüler und späteren Mitbrüder nannten ihn bisweilen "streng"; aber nie vergaßen sie hinzuzufügen: "Ganz gleich wie streng er uns gegenüber auch war, stets forderte er auch von sich selbst, was er von uns verlangte."
Sein besonderes Anliegen: Die eigenen Mitbrüder immer wieder auf die große Gestalt des Missionsabtes Franz Pfanner aufmerksam zu machen. Die Sorge um die Evangelisation der Völker blieb sein persönliches Anliegen. In unzähligen Predigten, Aushilfen, Volksmissionen und Exerzitien warb er für die Ausbreitung des Gottesreiches auf Erden.
Bischof Paul-Werner Scheele von Würzburg überreichte dem greisen Pater zu seinem 95. Geburtstag die Liborius Wagner-Medaille als Zeichen des Dankes und der Anerkennung für sein seelsorgliches Wirken. Ministerpräsident Franz Josef Strauß ehrte den Mariannhiller Pater mit der Medaille "Patrona Bavariae" – ein sinnvolles Zeichen für den großen Marienverehrer, der Pater Ludwig immer war und bis an sein Lebensende geblieben ist. Schon bei den Trappisten hatte er sich als zweiten Ordensnamen den der Gottesmutter geben lassen. Briefe und Dokumente unterschrieb er stets mit Ludwig M. Tremel.
Das Schwerste am Blindsein
Das äußere Wirken dieses vorbildlichen Ordensmannes ist nur ein Bruchteil dessen, was er im übertragenen Sinne tat – durch sein Dasein und sein Sosein. Alle, die ihn kannten, schätzten ihn als Mann des Gebetes. Das Leitwort von Mariannhill ("Ora et labora") war auch sein persönliches Motto: Bete und arbeite!
Und Gott ersparte ihm auch nicht das Leiden. Die völlige Erblindung muss ihm anfangs sehr schwer gefallen sein. Gefragt, was denn am Blindsein am allerschwersten sei, antwortete er einmal: "Blindsein an sich ist nicht das Schwerste; schwerer ist wohl, wenn man spürt, dass man erblindet: das Blind-Werden! Bis man es innerlich annimmt – als Fügung Gottes; als Auftrag seiner göttlichen Liebe!"
Auch nach seiner Erblindung gab Pater Ludwig Exerzitien, hielt Predigten, beriet junge Menschen, die sich dem Orden anschließen wollten, blieb Seelenführer für viele Schwesternkonvente. Täglich feierte er die Eucharistie (die Texte der Muttergottesmesse kannte er auswendig). Der Rosenkranz war sein steter Begleiter.
Sein Beten war ein missionarisches. Er bezog die Anliegen der Weltmission in sein Gebet mit ein. Stets bestens informiert, auch über die Dinge "draußen" in der weiten Welt, machte er die Sorgen der Missionare zu den seinen. Er hörte Radio und Cassetten, ließ sich viel vorlesen und diktierte Briefe an Mitbrüder in den Drittweltländern. Wenn irgendwo eine wichtige Konferenz von Staatsmännern oder Bischöfen stattfand, ermunterte er seine Mitbrüder: "Jetzt müssen wir fest beten!"
Er hat es niemals bereut …
Pater Ludwig Tremel liebte vor allem Mariannhill und seine Gemeinschaften. In seinen Erinnerungen schrieb er einmal: "Ich bin seit 1911 Mitglied des Ordens und ich habe es niemals bereut … Nun bin ich alt geworden, und ich freue mich immer aufs neue, dass auch die Arbeit in der Heimat echte Missionsarbeit ist. Und so denke ich, wenn ich einmal hinüberkomme in die Ewigkeit, wird der göttliche Heiland sagen: "Auch du warst ein Missionar! Und dieses Wort wird mich mit Freude erfüllen eine ganze Ewigkeit hindurch!"
Zeichenhaft für das Leben dieses Ordensmannes war sein letzter Lebenstag und sein Tod. Den dritten Oktober 1984 hatte er am Morgen – wie jeden anderen Tag – mit der Eucharistiefeier begonnen. Nachmittags wurde er zum Beichthören in einen Schwesternkonvent gerufen. Dabei hielt der 95jährige den Klosterfrauen eine Ansprache. Während der Abendmesse in der Niederlassung der Mariannhiller in Lohr predigte er erneut, diesmal vor Schülern, feurig wie eh und je. Dann ging er zu Bett. In den Augen Gottes war sein Lebenswerk vollendet. Am Morgen des 4. Oktober, dem Fest des heiligen Franz von Assisi, fand der Direktor des Hauses Pater Ludwig tot in seinem Zimmer. Still und friedlich war er entschlafen …
Der Weg zum Leben, zur Sonne
Provinzial Pater Hildemar Warning sagte am Grab: "Wir wollen dem Verstorbenen für alles Gute danken, das er in der Nachfolge Jesu als Missionar tun durfte. Vor allem aber wollen wir nicht vergessen, Gott zu danken dafür, dass er uns Pater Ludwig so lange Jahre geschenkt hat. Wir sind durch ihn um vieles reicher geworden …" – Albert Camus schrieb einmal: "Wenn der Tod die einzige Lösung ist, befinden wir uns nicht auf dem rechten Weg. Der rechte Weg führt zum Leben, an die Sonne!" Davon war Pater Ludwig M. Tremel immer überzeugt. Sein Lebensweg war ein schmerzvoller, aber er endete im Licht und in der Sonne der göttlichen Liebe.
Bruder German Josef Vogel (1903 - 1968) Der Bäcker von Mariannhill
Seine Bäckerkunst genoss großes Ansehen, weit über die Missionszentrale hinaus. Die Kunden kamen von Pinetown, Pietermaritzburg und Durban; Schwarzen und Weißen mundete sein Brot. An Samstagen (Hochbetrieb) buk er unter anderem 200 Laib Weißbrot (Zwei-Pfünder), 180 Braunbrote (Drei-Pfünder) und 80 Vollkornbrote zu je zwei Pfund. Zusätzlich wurden an die 100 Vierpfünder für das Hochschulkolleg, 100 Laibe Brot für das Missionskrankenhaus und rund 1000 Brötchen für andere Stammkunden gebacken.
Bruder German wurde am 5. Mai 1903 in Ludwigsthal/Bayern geboren, legte 1929 seine Ordensprofess ab und arbeitete vorübergehend von Linz/Österreich und Köln aus in Sachen Missionswerbung. 1934 wurde er in die Südafrikamission entsandt. Trotz langjähriger Zuckerkrankheit stand er täglich in der Backstube. Seine Brote wurden zum Markenzeichen. Als er am 16. Mai 1968 starb, trauerten nicht nur Mitbrüder und schwarze Gläubige, sondern auch Hunderte von "Brotkunden"; sie wussten, das Brot des Bruder German war sonst nirgends zu bekommen; es war das "Geheimrezept" eines einfachen Mönches, der bei aller Liebe zum Handwerk nur selten vergaß, seinen Kunden gelegentlich "anderes Brot" zu verabreichen, wohl wissend um das Bibelwort: "Der Mensch lebt nicht vom Brot alleine …"
Bruder Kaspar Vonbun (1897 - 1962) Gütig und gut gelaunt
Bruder Kaspar VonbunEr stammte aus Bludenz in Vorarlberg; dort wurde er am 10. Dezember 1897 als 13. von 15 Kindern geboren. Der Vater war Schreiner, Zimmermann und Landwirt. Die Eltern waren einfache Leute, fromm und sparsam.
Bruder Kaspar wurde zu einem Schneider in die Lehre geschickt. 1914 legte er die Gesellenprüfung ab; 1915 zog er nach Innsbruck; 1917 erfolgte seine Einberufung zum Militärdienst. Nach dem Krieg kehrte er nach Innsbruck zurück. Später machte er vor der Innung in Köln seine Meisterprüfung im Schneiderhandwerk.
Am 24. Mai 1921, dem Todestag von Missionsabt Franz Pfanner, trat er bei den Mariannhillern ein. Die Ordensprofess erfolgte 1926. Anschließend wirkte er in Sankt Paul/Holland. Weitere Stationen seines Ordenslebens waren Würzburg, Altdorf in der Schweiz (als Werbebruder viel unterwegs), Hatfield Peverel/England (als Koch und Hausmeister) und das Missionshaus Reimlingen. Hier gingen viele junge Brüder bei ihm in die Lehre. Gleichzeitig versah er das Amt des Postulantenmeisters, ein Vertrauensposten, denn ihm oblag damit die Betreuung derer, die möglicherweise in die Ordensgemeinschaft eintreten würden. Bruder Kaspar war ein Vorbild in Sachen Fleiß, Pünktlichkeit und Genauigkeit. Jene, die bei ihm lernten, sind ihm zeitlebens zu besonderem Dank verpflichtet; er lehrte sie nicht nur das Handwerk, sondern auch Mitbrüderlichkeit und Sinn für die Aufgaben der Gemeinschaft.
Bruder Kaspar war ein sehr gütiger Mensch, und immer gut gelaunt. Sein Humor wurde von seiner Liebe zu den Menschen getragen; es war ein wohlwollender und liebevoller Humor.
Gegen Ende seines Lebens musste er Krankheit, Leid und Schmerz auf sich nehmen. Aber er blieb trotz allem ruhig und gelassen: "Auch das hat der Herrgott in mein Leben miteingeplant!", pflegte er zu sagen. Und immer noch umspielte ein frohes Lächeln seine Lippen; immer noch strahlte Frieden und Freude aus seinen Augen.
Er starb am 5. November 1962 und wurde auf dem Friedhof in Reimlingen begraben.
Pater Pius Johann Waldmüller (1932 - 1985) Mit dem Missionskreuz in der Hand
Pater Pius WaldmüllerAm Tag vor seinem Tod hatte er an einer Dekanatskonferenz in Kevelaer-Mission teilgenommen; er fühlte sich wohl wie immer. Zu Hause in Clairvaux-Mission schrieb er das Protokoll der Versammlung, um es anderntags per Post zu verschicken. Nach der Messe machte er ein paar Reparaturen auf der Station und bereitete sich auf ein Pastoralgespräch mit schwarzen Christen vor. Da wurde es ihm urplötzlich schwindelig. Seine Katechetin erkannte den Ernst der Lage und reichte ihm das Missionskreuz, das an der Wand seines Zimmers hing. Mit den Worten: "Jesus, dir lebe ich, Jesus, dir sterbe ich …" gab er wenig später seine Seele Gott zurück. Die Mariannhiller Missionare verloren mit ihm einen sehr aktiven und eifrigen Seelsorger.
Pater Pius Waldmüller stammte aus Esselberg/Bayern; er besuchte das Gymnasium in Eichstätt, später in Lohr/Main und trat nach dem Abitur (1954) bei den Mariannhillern ein. 1960 wurde er zum Priester geweiht. Ein Jahr später fuhr er nach Südafrika. Er wirkte auf verschiedenen Stationen: Ixopo, Kevelaer, Mariannhill, Umbumbulu, Bulwer, Clairvaux und Loteni. Besondere Sorgfalt widmete er der Betreuung der Kinder. Er verfasste mehrere Katechismen und viele Texte für die Sonntagsschule und wirkte mit bei der Herausgabe des neuen Zulu Gebet- und Gesangbuches. Mit Hilfe der schwarzen Christen baute er mehrere Kirchen auf entlegenen Außenstationen. In einem Bericht über Clairvaux schrieb er: "Es besteht für mich kein Zweifel, dass die Mission die gegenwärtigen Prüfungen (Priestermangel, politische Gefahren etc.) überstehen wird – als Gottes Werk …"
Bei seiner Beisetzung auf dem Klosterfriedhof von Mariannhill nahmen auch Bischof Themba und Generalsuperior Fridolin Züger teil. Offiziant am Grab war sein Kursgenosse Pater Urban Dittrich, mit dem zusammen er im Kreise der anderen Mitbrüder noch im gleichen Jahr Silberjubiläum feiern wollte; es war ihm nicht vergönnt. Gott hielt das Werk des 52jährigen für vollendet!
Bruder Leonhard Walter Weber (1896 - 1984) Fotograf und Freund der studierenden Jugend
Bruder Leonhard WeberIn Emmendingen/Baden kam er am 1. Dezember 1896 zur Welt. Als Bäcker und Konditor trat er 1921 bei den Mariannhillern ein. 1923 legte er die Ordensprofess ab und fuhr noch im gleichen Jahr nach Südafrika. Bischof Adalbero Fleischer ernannte ihn zum offiziellen "Hoffotografen" der Mariannhiller Mission im südlichen Afrika; er wurde Nachfolger des berühmten Bruder Ägidius Müller, der die Pioniertage noch unter Abt Franz Pfanner miterlebt und in vielen Bildern festgehalten hat. So hatte Bruder Leonhard gute Gelegenheit, auch die Außenstationen kennenzulernen. Tausende von Szenen hielt er auf seinen Platten fest.
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde Bruder Leonhard Präfekt am St. Francis College – ein Posten, den er bis 1961 innehatte. Die schwarzen Studenten hatten ihn sehr gerne – und er liebte es, mit ihnen zu arbeiten. Sein Einfluss auf die studierende Jugend war groß. Noch kurz vor seinem Tod zeigte er voller Stolz einen Kartengruß herum, den er von einem früheren "Zögling" erhalten hatte, jetzt Minister für Wirtschaft und Finanzen unter Robert Mugabe in Simbabwe: Dr. Bernard Chidzero. Überhaupt, die ehemaligen Schüler von Mariannhill erinnerten sich gerne an den Bruder, der sich in väterlicher Weise ihrer angenommen hatte.
Von 1960 bis 1967 betreute Bruder Leonhard den Garten und das Ackerland neben dem College. Es war für ihn eine große Freude, wenn er den Studenten frisches Obst und frische Milch anbieten konnte.
Dann zog Bruder Leonhard mit Pater Michael Frey ins neue Provinzialshaus nach Melville am Indischen Ozean. Hier kümmerte er sich um die Gäste – bis kurz vor seinem Tod. Zu seinem Begräbnis kamen viele Studenten und Lehrer des College; sie trauerten um einen väterlichen Freund.
Pater Reginald Weinmann (1889 - 1961) Der Mann mit der Bärenstimme
Pater Reginald WeinmannDie Schwarzen im südlichen Afrika liebten es von jeher, ihren Mitmenschen Spitznamen zu geben. Viele Missionare haben von ihnen solche erhalten; manche sind witzig, andere enthalten verdeckte Kritik, wieder andere haben gleich mehrere Bedeutungen.
Pater Reginald Weinmann wurde ausgiebig bedacht: die drei "Spitznamen", die er in Südafrika erhalten hatte, kennzeichneten auch seinen Charakter. Die Schwarzen nannten ihn "indoda yamadoda" (einen echten Mann), "iqhawe" (den Tapferen, den Kühnen) und "ubhodladhodla" (den Mann mit der Bärenstimme). Alle drei sagen etwas über ihn aus: er hatte eine tiefe Stimme und er war ein wagemutiger und aufrichtiger Mensch; er fürchtete sich vor nichts und niemandem.
Geboren wurde er in Schmachtenberg bei Zeil/Main – am 27. November 1889. Schon sehr früh verlor er beide Eltern und kam kurz danach ins Waisenhaus der Sternschwestern in Würzburg. Als Jugendlicher erlernte er das Schreinerhandwerk. Kurz nach der Gesellenprüfung meldete er sich bei den Trappistenmissionaren in Mariannhill. Zusammen mit dem späteren Bischof Adalbero Fleischer und mehreren anderen Brüder-Postulanten reiste er 1908 von Würzburg aus gen Süden. Am 8. Dezember des gleichen Jahres erhielt er das Ordenskleid, doch schon im kommenden Jahr wurde Mariannhill vom Ordensverband der Trappisten getrennt und Mutterhaus einer selbständigen Missionsgemeinschaft. Das brachte für den jungen Novizen eine neue Chance; auf Wunsch seiner Oberen studierte er jetzt Theologie. Am 25. Januar 1917 wurde er in Mariatrost zum Priester geweiht. Auf der gleichen Station trat er seine erste Kaplanstelle an.
Rektor, Propräfekt, Provinzial, Generalsuperior
Von 1920 bis 1922 war er Rektor in St. Michael/Natal; dann wurde er Superior in Mariannhill und Dekan des gleichnamigen Missionsbezirks. Es folgten weitere Missionsstationen: Ratschitz, Umtata und Mariazell am Fuße der Drakensberge. Er wurde Propräfekt von Umtata und Provinzial der Mariannhiller im südlichen Afrika. Auf dem Generalkapitel in Würzburg (1932) wurde er zum Generalsuperior gewählt. (25 Jahre lang hielt er diesen verantwortungsvollen Posten inne; die Kriegsereignisse zwangen dazu.)
1935 musste er Würzburg (bis dahin Sitz des Generalsuperiors) verlassen; schon zweimal war er von Nazibeamten verhaftet worden. Kurz entschlossen und in Hast packte er die wichtigsten Akten und reiste bei Nacht und Nebel in die Schweiz; so entkam er den "braunen Häschern", die erneut zuschlagen wollten. Später siedelte er nach Riedegg/Österreich über, wo inzwischen eine Niederlassung für die Mariannhiller gekauft worden war. Aber auch hier durfte er nicht lange bleiben; in der Nacht des Einmarsches der deutschen Truppen (1938) floh Pater Reginald abermals über die Grenze in die Schweiz, wiederum die wichtigsten Aktenstücke bei sich tragend. Bald folgte er der Einladung seines Freundes Kardinal Hinsley von London und schlug sein neues "Lager" in einem alten Priorat in Hatfield-Peverel bei London auf. Von hier aus konnte er auch während der Kriegsjahre die Missionare im südlichen Afrika betreuen. 1947 wurde Pater Reginald abermals zum Generalsuperior gewählt, auf zehn Jahre. Nach dieser zweiten Amtszeit erklärte er sich bereit, wieder in Südafrika zu wirken. In Park Rynie am Indischen Ozean pastorierte er mit großem Eifer. Ein Autounfall mit nachfolgendem Schlaganfall setzte seinem segensreichen Wirken ein Ende. Es war am 6. September 1961.
Alle, die ihn kannten, schätzten seine Aufrichtigkeit, seinen "gesunden Hausverstand", seinen Mut, auch unpopuläre Dinge in Angriff zu nehmen, wenn er einmal überzeugt war, dass sie vollbracht werden müssten. Pater Reginald hat die Mariannhiller Gemeinschaft in einer sehr schweren Zeit geführt. Dabei gelang es ihm, den so gefürchteten Henkern des Hitlerregimes immer wieder zu entkommen.
Bruder Pazifikus Werle (1899 - 1968) Der Buchbindermeister von Reimlingen
Er stammte aus einer kinderreichen Lehrerfamilie aus Groß-Kronau bei Königsberg. Als Buchbindergeselle trat er bei den Mariannhillern ein, 20 Jahre alt. 1921 legte er die Ordensprofess ab; ein Jahr später wurde er nach Reimlingen gerufen, wo er die restlichen 45 Jahre seines Lebens verbrachte. Mit großem Erfolg legte er die Meisterprüfung ab und übernahm die Leitung der Buchbinderei.
Mit seinem beruflichen Können verband Bruder Pazifikus eine charmante und sympathische Art, mit Menschen umzugehen. Er war stets guter Laune, hatte viel Sinn für Humor und kleine Späßchen; keine Arbeit war ihm zu lästig, keine zu viel.
Als Postulantenmeister (für junge Menschen, die sich der Ordensgemeinschaft anschließen wollten) verstand er es meisterhaft, ins Klosterleben einzuführen. Er lebte vor, was er sagen wollte. Liebe, Geduld und Einfühlungsvermögen gewannen ihm schnell das Vertrauen seiner Schüler.
Er war eben nicht nur Meister seines Faches, sondern auch ein hervorragender Erzieher und Ordensmann. Aus Liturgie und geistlicher Lesung schöpfte er immer wieder neue Kraft für den Alltag. Seinem Namen (Pazifikus = Friedensstifter) machte er alle Ehre; in seiner humorvollen Art wusste er zu vermitteln, auch in großen Schwierigkeiten und Kontroversen. Als er sein Ende nahen fühlte, bat er um die Sterbesakramente. Acht Tage später, am 1. Mai 1968, dem Fest des heiligen Josef des Arbeiters, rief ihn der Herr zu sich.
Pater Marino Johannes Willems (1936 - 1985) Der kleine Pater mit dem großen Herzen
Pater Marino WillemsEr war einer der kleinsten Mariannhiller Missionare; aber sein Herz war weit und groß. Von äußeren Umständen ließ er sich kaum bewegen, nicht, wenn es rein äußerliche Dinge waren. Der Kern des Menschen war ihm wichtiger; die Seele der Persönlichkeit. So fiel es ihm auch immer leicht, über seine eigenen "winzigen" Maße zu scherzen. Scherzen und gute Laune waren sein Gütezeichen. Als er mit 49 Jahren starb, wurde vielen seiner Mitbrüder und Hunderten von schwarzen Gläubigen erst so recht bewusst, wie sehr sie seinen Humor schätzten – und jetzt vermissten.
Pater Marino wurde am Valentinstag (14. Februar) 1936 in Wanroy/Niederlande geboren. Die Hochschulstudien machte er in Würzburg, wo er auch zum Diakon geweiht wurde. Die Priesterweihe empfing er am 12. Juni 1960 in Holland. Drei Jahre später ging er in die Rhodesienmission, wirkte zunächst in Embakwe und Regina Mundi, später in Sankt Patrick/Bulawayo. Jahrelang war er auch Mitglied des Bischofsrates und der Provinzleitung.
Er zeigte großes Interesse an allem, was seine Leute anging; an ihren Sorgen und Nöten nahm er regen Anteil. Für sie war er immer da; ihnen half er – nicht selten durch seine gute Laune. Seine Mitbrüder schätzten es vor allem, dass er immer für sie Zeit hatte. Die Unterhaltung mit ihm war immer auch ein Stück Lebensfreude. Den Niedergeschlagenen und Traurigen half er wieder auf die Beine, weniger durch gezielte Worte, mehr durch natürliche Heiterkeit.
Von heimtückischer Krankheit heimgesucht
Seit Anfang des Jahres 1984 verspürte Pater Marino starkes Kopfweh, oft verbunden mit unerklärlicher Nervosität und Ängstlichkeit. Er ging zum Arzt und ließ sich untersuchen, aber man fand nichts. Die Kopfschmerzen und die Nervosität blieben, ja sie wurden noch stärker. Schließlich baten ihn seine Oberen, er möge einen längeren Heimaturlaub antreten und sich in Holland oder Deutschland gründlich untersuchen lassen. Dies geschah, aber auch hier waren die Fachleute ratlos. Sein Wohlbefinden wechselte mitunter sehr schnell vom einen Extrem ins andere. Am meisten schien er darunter zu leiden, dass er nicht sofort in die Mission zurückkehren konnte. In einem Brief, wahrscheinlich der letzte vor seinem Tod, schrieb er unter anderem: "Wirklich, ich schäme mich, immer noch in Holland zu sein. Es gibt Tage, an denen ich mich wohl fühle und am liebsten sofort meine Koffer packte, um zu euch nach Simbabwe zurückzukehren. Doch dann kommen wieder andere Tage, die sehr schlimm sind; und dann leide ich unter schrecklichen Depressionen. Ihr wisst, ich habe als Priester vielen Menschen Mut gemacht, aber jetzt fehlt mir die Kraft, mir selber Mut zuzusprechen und Gott für diese Zeit zu danken. Gewiss, ich weiß, ich bin in Gottes Händen, aber es fällt doch schwer, diese Krankheit als seine Fügung anzunehmen. Und ich kann ja auch nicht immer hier herumlaufen und über mein Leiden klagen. So gebe ich oft vor, es gehe mir gut. Rein äußerlich sieht man es mir ja nicht an, wie krank ich bin. – Ach, wüsste ich nur, woher meine Nervosität kommt, und wie ich wieder gesund werden könnte! Mir scheint, Gott will, dass ich demütig werde. Er lässt mich im Ungewissen. Und doch will ich ihm danken für all die wunderschönen Jahre meines Lebens; für all die Gnaden in meinem Priesterleben. Wo immer ich war, Gottes Segen war bei mir. Auch mein Silberjubiläum war ein großer Segen. Wenn Gott will, werde ich bald nach Simbabwe zurückkehren. Ich sehe immer noch ein wenig Licht …"
Dazu – zur Rückkehr nach Simbabwe – kam es nicht mehr. Pater Marino starb ganz plötzlich, nachdem er kurz zuvor in ein holländisches Krankenhaus eingeliefert worden war. Gehirntumor, meinten die Ärzte nachher …
Er ging viel zu früh. Aber er wird noch lange in der Erinnerung seiner Mitbrüder und der schwarzen Christen weiterleben – als der liebenswürdige kleine Pater mit dem großen Herzen.
Bruder Jodokus Leonhard Wingens (1864 - 1959) Lourdes war seine zweite Heimat geworden
Der am 22. März 1864 in Barmen, einem kleinen Bauerndörfchen bei Aachen geborene Leonhard Wingens wollte eigentlich Priester werden. Da er infolge eines Unfalls auf Bruder Jodokus Wingens auf der Missionsstation Lourdeseinem Auge blind war, sah er aber keine gute Chance. So entschloss er sich, daheim auf dem Hof seiner Eltern zu arbeiten. Doch dann hörte er von Missionsabt Franz Pfanner, der damals überall in Deutschland Schlagzeilen machte. Kurz entschlossen, fuhr Leon whard Wingens im Jahre 1887 nach Natal und trat unter Pfanner bei den Trappistenmissionaren in Mariannhill ein. Jetzt nannte er sich Bruder Jodokus. Die Kommunität - eine stattliche Anzahl Brüder unter ihnen - wohnte noch recht einfach und bescheiden. Mit dem Bau des neuen Klosters wurde gerade begonnen.
Gegen Ende des Jahres 1887 hatte Pfanner im Griqualand eine riesige Missionsfarm (25. 000 Morgen) erworben; hier wollte er ein zweites Kloster gründen. Bruder Jodokus wurde zusammen mit einigen älteren Brüdern im Frühjahr 1889 dorthin geschickt. Sie hatten den Auftrag, die Lourdes-Mission zu beginnen. Bruder Jodokus ging nur noch ein einziges Mal nach Mariannhill zurück, um das Ordensgelübde abzulegen. Die kommenden 65 Jahre blieb er in Lourdes bis 1955, als er aus Altersgründen nicht länger dort bleiben konnte.
Auf der Neugründung gab es viel zu tun. Bruder Jodokus legte Felder an, errichtete Gebäude, installierte eine Mühle und ein Sägewerk und sorgte sich auch sonst um alles „in Haus und Hof". Als die täglichen Arbeiten mehr Regelmäßigkeit annahmen, begann er sich besonders um die schwarzen Jugendlichen zu kümmern. 35 Jahre lang unterrichtete er in der Grundschule; weitere 20 Jahre lang war er Hausvater für das Internat. Als ihm auch diese Tätigkeit nicht mehr recht möglich war, verfertigte er Stiele für Schaufeln und Hacken. Schließlich erlebte er noch, dass Lourdes-Mission Bischofssitz wurde - Mitte der 50er Jahre. Bereits 90 Jahre alt, verließ der vielseitig begabte Bruder sein geliebtes Lourdes, das ihm zur zweiten Heimat geworden war und kehrte nach Mariannhill zurück. Als er vier Jahre später starb, wer er über 95 Jahre alt und hatte 72 Jahre ununterbrochen im Dienst des Gottesreiches gestanden - ausnahmslos in Südafrika.
Pater Burkhard Max Zürrlein (1925 - 1981) Auf dem Kreuz-Weg des Lebens
Pater Burkhard ZürrleinSein Leben begann am 24. August 1925 in Rimpar, in jenem Marktflecken, der der Kirche und den Mariannhiller Missionaren so viele Berufe geschenkt hat. (Neben Bischof A. G. Schmitt, Pater Andreas Bausenwein u. a. wurden auch ein Onkel, ein Vetter und ein Bruder Pater Burgardos Mariannhiller!)
Das Gymnasialstudium machte Pater Burgardo in Lohr am Main; mit dem Zweiten Weltkrieg musste er zum Militärdienst und geriet später in französische Gefangenschaft. Im Lager bei Chartres studierte er mit Gleichgesinnten Theologie, ein Privileg für Kriegsgefangene, das der päpstliche Nuntius Roncalli (der spätere Papst Johannes XXIII.) erwirkt hatte. Nach der Entlassung (und Vollendung des Noviziats) setzt er sein Studium in Würzburg fort. 1951 wurde er zum Priester geweiht. Es folgten vier Jahre als Postulantenmeister in Reimlingen und neun Jahre als Präfekt und Lehrer im dortigen Missionsseminar. 1964 entsandten ihn die Ordensoberen nach Spanien, wo er als Erzieher, Lehrer und Hausrektor tätig war. Zeitweise war er auch Novizenmeister für die "Neulinge" von der iberischen Halbinsel.
Es muss ein schwerer Schlag für ihn gewesen sein, als ihm bewusst wurde, dass sich eine heimtückische Krankheit seiner bemächtigte: Multiple Sklerose. In unberechenbaren Schüben verlaufend, nimmt sie ihre Opfer in den Würggriff – bis zur fast totalen Inaktivität. Es war ein schweres Kreuz, ein Stück Leidensweg, der von Tag zu Tag bitterer wurde. Die kleinste Hoffnung erlosch schon im Keime. Pater Burgardo (die spanische Sprechweise von Burkhard nahm er der leichteren Aussprache wegen später an und behielt sie bei) kehrte als Invalide nach Deutschland zurück. Im Missionshaus Reimlingen verbrachte er die letzten schweren Monate seines Leidens. In den frühen Morgenstunden des 6. Oktober 1981 rief ihn Gott zu sich, ohne das geringste Anzeichen eines Todeskampfes. Er "entschlief im Herrn", buchstäblich. Die Passion seines Lebens war beendet; es war, vor allem in den letzten Jahren, ein Kreuz-Weg. Aber Pater Burgardo sah auch darin einen höheren Sinn; ein Hingeführtwerden zur Auferstehung, zu neuem und ewigem Leben.
Pater Norbert Emil Zürrlein (1934 - 1986) Warum ließ Gott es zu?
Pater Norbert ZürrleinAls der Tod des 52 Jahre alten Mariannhillers bekannt wurde, fragten Verwandte, Mitbrüder und Freunde gleicherweise: Warum dieser frühe Tod? Warum rief Gott einen Missionar zu sich, wo doch allenthalben Missionare fehlen? In Simbabwe, wo Pater Norbert seit Anfang der 60er Jahre im Einsatz war, besteht besonders großer Priestermangel. Mehrere Patres und Brüder wurden während der Bürgerkriegsunruhen ermordet; andere starben vorzeitig an heimtückischen Krankheiten. Und jetzt wieder der Tod eines Priesters in seinen besten Jahren!
"Warum lässt Gott es zu, dass einerseits ein verdienter Missionar im besten Alter stirbt, während wir andererseits immer wieder zu demselben Gott um gute Priester und Ordensleute beten?" Diese Frage stellte Pater Hildemar Warning beim Gedenkgottesdienst für Pater Norbert in seiner Heimatgemeinde Rimpar.
Aus der Heimat von Bischof Schmitt
Pater Norbert (sein Taufname war Emil) Zürrlein wurde am 7. August 1934 in Rimpar bei Würzburg geboren. 1954 trat er bei den Mariannhillern ein; am 29. Juni 1960 wurde er mit elf weiteren Mariannhiller Klerikern von Weihbischof Alfons Kempf in Würzburg zum Priester geweiht. Noch im gleichen Jahr wurde er in die Diözese Bulawayo/Simbabwe entsandt, wo sein Landsmann Bischof A. G. Schmitt (ebenfalls aus Rimpar) seit zehn Jahren dem Bistum vorstand. In die Missionsarbeit eingeführt wurde Pater Norbert in Regina Mundi und Embakwe. 1967 übernahm er die Pumula-Pfarrei Sankt Bernhard am Rande von Bulawayo. Seine Rundbriefe aus jener Zeit sprechen immer wieder von seiner Sorge um einheimische Priester und Ordensleute; er bangte um jeden einzelnen geistlichen Beruf, hoffte und betete, und ließ darum beten. Enttäuschungen und Misserfolge konnten ihn nicht entmutigen.
Pater Norbert blieb Missionar mit Leib und Seele, auch als er 1982 das Amt des Provinzials übernahm. Er betreute weiterhin die Missionspfarrei; daneben hielt er Kontakt mit seinen Mitbrüdern und kümmerte sich vor allem auch um die alten und kranken Missionare.
Obgleich seine Mission und er selber während der "Freiheitskämpfe" (1975-1980) unbehelligt blieben, von "schwarzen Tagen" blieb er nicht verschont. Bruder Matthias Sutterlüty wurde bei Embakwe ermordet aufgefunden; mit wehem Herzen fuhr Pater Norbert sofort zum Tatort. In einem Rundbrief erwähnt er auch seine Angst; es war eine schlimme Zeit für alle Missionare!
Der Mutter Sorge um ihre Kinder
Für die junge Kirche in Simbabwe setzte sich Pater Norbert ein, wo immer er wirkte. Zehn Jahre lang war er Mitglied des Bischofsrates (Domkapitel). Mit viel Fleiß und Gewissenhaftigkeit sorgte er für alle, die in Not waren; die seine Hilfe beanspruchten. Er tat es mit Sinn für die Realitäten des Lebens, aber auch mit unerschütterlichem Optimismus. Seine persönliche Frömmigkeit war mitgeprägt von der Haltung seiner Mutter, die im Alter von 46 Jahren (Pater Norbert war damals erst drei Jahre alt) auf ihrem Sterbebett gesagt hatte: "Ich habe überhaupt keine Angst vor dem Tod; ich habe nur Sorge um euch, meine Kinder; wie es mit euch weitergehen wird!" – Pfarrer Lebert/Rimpar, der Frau Zürrlein beim Sterben beistand, sagte einmal in diesem Zusammenhang: "Das war für mich einer der ergreifendsten Augenblicke in meinem langen Priesterleben – als die sterbende Mutter ihre Kinder segnete!" Neben Pater Norbert wurden zwei weitere ihrer Söhne Priester: Ernst und Albin Zürrlein, beide Geistliche der Diözese Würzburg. Auch für sie kam der Tod ihres Bruders unerwartet; wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Hatte doch Pater Norbert erst 1985 sein Silberjubiläum gefeiert und im gleichen Jahr die Simbabwe-Provinz auf dem Generalkapitel der Mariannhiller in Rom vertreten. Doch den Folgen des Schlaganfalls, den Pater Norbert erlitten hatte, waren auch die Ärzte in Bulawayo nicht gewachsen.
Der frühe Tod dieses umsichtigen und erfolgreichen Missionars hinterließ eine große Lücke.