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Predigt von Pater Arnold Schmitt beim Schulfest 2018 in Maria Veen

Schulfest Maria Veen, 2018

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, liebe Schüler!

Ich habe hier vier Gegenstände. Sie sollen mir helfen, über bestimmte Personen und ihr Leben in Papua Neuguinea zu erzählen. Und damit das mehr als nur Missionsstories sind, werde ich jede dieser Erfahrungen auf euer Leben hier in Deutschland anzuwenden versuchen.

Einige mögen nun denken, „All das in einer Predigt; das wird lang.“ Um euch diese Angst zu nehmen, beginne ich mit einem Witz: ´Eines Sonntags nach der Messe, fragt ein Junge den Priester: „Pater. Weißt du eigentlich was eine kleine Maus und eine lange Predigt gemeinsam haben?“ Der sagt: „Eine kleine Maus und eine lange Predigt? Keine Ahnung.“ Worauf der Junge sagt: „Eine kleine Maus und eine lange Predigt – beide sind für die Katz‘.“`

1. Der erste Gegenstand ist ein Stoffhund. Er erinnert mich an Hans. Hans ist etwa 10 Jahre alt. Genau weiß er es nicht. Nach dem Tod seiner Mutter heiratete sein Vater wieder und schob Hans ab zur Großmutter in ein Dorf im Hochland. Als die Großmutter starb kam er in die Stadt. Jetzt schläft Hans mal hier und mal da bei Verwandten. Er hat nie genug zu essen, aber er lernt in einer unserer Literacy Klassen Lesen, Schreiben und Rechnen.

Eines Tages kommt Hans mit einer Frau, die einen Welpen verkaufen will. Hans hat den kleinen Hund ins Herz geschlossen und sagte der Frau, der Pater wird das Hündchen bezahlen. Er kostet nur 10 Euro, aber ich weiß doch, Hans hat selber kein Zuhause. Meine Erfahrung sagt mir den Hund nicht zu kaufen. Aber dann tue ich es doch, denn ich sehe, es bedeutet dem Jungen so viel.

Der kleine Hund ist jetzt groß. Er folgt Hans. Der ist sein Herr und sein Zuhause, denn Hans teilt sein Essen mit dem Hund. Was kann uns diese Geschichte lehren, außer dass es in Papua Neuguinea viele Kinder gibt, die sich früh selbst durchschlagen müssen?

Falls ihr zuhause einen Hund habt oder eure Nachbarn, dann wisst ihr: ein Hund hat immer nur einen Herrn. Ganz egal, wie viele Leute im Haus sind und den Hund streicheln, er kennt nur einen Herrn. Wenn der ihn ruft, folgt er ihm. Er hört nur auf ihn, denn er füttert ihn.

Genauso wie der Hund, müssen wir Christen es machen. Es gibt viele Stimmen, die uns rufen; viele, die wollen, dass wir auf sie hören, ihnen nachfolgen, ihre Meinungen und Ansichten teilen. Aber als Christ hast du nur einen, den du als deinen Herrn und Meister akzeptierst, Jesus Christus, der unser Leben nährt. Und deshalb hat Peter Forsyth recht, wenn er sagt: „Die erste Pflicht jeder Seele ist nicht ihre Freiheit zu finden, sondern ihren Herrn.“

2. Diese leere Konservendose steht für „Abe“, einem Straßenjungen. Wenn man vom Markt die Straße hoch zu unserer Kirche läuft, steht da oft eine Dose. Die Straßenjungen halten das Areal sauber und Leute werfen Münzen in die Dose, manchmal aus Mitleid, manchmal aus Angst. Auch Abe war zuletzt kein netter Jung. Er war kriminell, rauchte Drogen, war gewalttätig. Ich hatte viel Ärger mit ihm, aber zuletzt waren wir ausgesöhnt. Vor Ostern kam er krank zu mir. Malaria. Ich gab ihm Geld für die Klinik. Ich wusste nicht, dass er zuvor einen Jungen neben die Dose gesetzt hatte, um auf das Geld aufzupassen. Als Abe zurückkam, saß dort auch Samuel. Abe wollte nicht mit zweien teilen, also kämpften sie. Samuel hieb Abe einen Stein an den Kopf. Ich raste mit Abe zum Krankenhaus und fand einen Arzt. Ich überlegte noch, Abe schnell zu taufen, aber dachte `das wird schon wieder´. Drei Minuten später war er tot. Elendig gestorben wie ein Hund. In der Dose waren Münzen für 3 Euro. Ich lernte daraus zwei Dinge, die ich mir auch für euch wünsche. Erstens Großzügigkeit. Auch wenn du jetzt 14 bist und deine Oma 80 und du denkst, du hast viel Zeit, das Leben ist kurz. Und am Ende gibst du einen Scheiß´ drauf wieviel Geld auf dem Konto steht oder wieviel du followers auf facebook und twitter hast. Was wir bereuen werden, ist, dass wir nicht großzügiger waren mit unserer Zeit, unserer Liebe, unserer Aufmerksamkeit, unserem Geld. Seid nicht geizig in dem worauf es ankommt, auch im Glauben.

 

Zweitens: Ich bereue, dass ich Abe nicht Notgetauft habe. Manchmal

saß er in der Messe, vielleicht um hinterher etwas zu bekommen, aber

vielleicht auch, weil er spürte da war Gott und dem war er nicht egal. Taufe wäscht frei von Sünde. Abe hätte das dringend gebraucht.

Ich lernte daraus: es ist nicht genug, Essen und Medizin zu geben. Wenn mir an jemandem liegt, will ich ihm geben, was ich als das Wichtigste kenne – eine lebendige Beziehung zu Gott. In dem Sinne, müsst auch ihr Missionare werden. Lasst eure Freunde wissen, dass ihr an Gott glaubt, der auch sie liebt und glücklich sehen will.

 

3. Das ist eine Spielzeugpistole. Sie erinnert mich an Junior Jakob, der im Gefängnis sitzt. Letztes Jahr war er 16 und stahl eine echte Pistole aus einem Polizeiauto. Die Polizei erwischte ihn, weil er alle anderen Straßenjungen von den 750 Euro zu einer Party eingeladen hat, die ihm ein reicher Geschäftsmann für die Waffe gab.

Der Geschäftsmann gab die Waffe zurück und hat der Polizei wohl eine „Spende“ gegeben. Ihm passierte gar nichts. Er saß nicht einmal eine Stunde in der Zelle, Junior bekam 12 Monate.

Unser Gefängnis ist ein sehr schlimmer Ort. 1000 Gefangene, 365 Tage im Jahr immer das selbe wenige Essen ohne Obst und Gemüse. 10% der Gefangenen haben Tuberkulose und obwohl die Jugendlichen ihren eigenen Block haben, ist es für sie ohne Beschützer nicht sicher.

 

Ich habe mich für diese Geschichte entschieden, weil sie mich neu etwas lehrte, was mir so wichtig erscheint und was ich als größtes Problem in Papua Neuguinea ansehe: Gerechtigkeit.

Wenn du viel Geld und gute Beziehungen hast, kannst du mit allem durch- und davonkommen. Bist du arm und hast wie wir sagen „keinen Namen“, d.h. keinen Einfluss, gibt es für dich keine Gerechtigkeit.

Selbst die Polizei kommt erst, wenn du ihnen Geld gibst, um Diesel für das Auto zu bezahlen oder Lunchmoney.

 

Deutschland ist kein perfektes Land. Aber man findet Gerechtigkeit, wenn man dafür kämpft. Was aber ist mit der kleinen Gerechtigkeit in eurer Klasse, Schule, Betrieb, Familie, Sportverein und Clique? Bemüht euch, gerechte Menschen zu sein. Setzt euch für Gerechtigkeit ein. Sie beschützt die Schwachen.

Und lebt so, dass ihr auch vor Gott als gerecht dasteht.

Er sieht nicht nur das Äußere, sondern unsere Herzen.

 

4. Zuletzt, ein Schulbuch und 10 Euro, Erinnerung an eine Bestechung!

Am Beginn dieses Schuljahres habe ich damit einen Lehrer bestochen.

Mein Ministrant Alex kommt aus einer Familie mit neun Kindern ohne jegliches Einkommen, denn wir haben weder Sozialhilfe noch Kindergeld. Alex lebt im Slum, so wie 90% der Einwohner in unserer Stadt.

In Klasse 7 und 8 hat er hart gearbeitet um für die High School aus-gewählt zu werden. In Papua muss man auch für die staatliche Schule Geld bezahlen und so konnte er zwei Jahre nicht zur Schule gehen, bis ich ihm in Klasse 6 half. Er gewann mein Herz, als er damals sagte, „Du brauchst mir nichts zu essen zu geben. Ich hungere nach Schule.“ Ich freute mich, als er für ein bestimmtes Gymnasium ausgewählt wurde. Er hat geweint, als man ihn dort fünfmal wegschickte, weil kein Platz sei. Dann begriffe ich, der Lehrer wollte Geld sehen. Da habe ich Bestechung begangen, damit Alex seine Chance hat.

 

Es geht aber in dieser Geschichte nicht um mich, sondern um euch!

Ich war nicht immer ein guter Schüler. Am liebsten hatte ich den letzten Schultag und einmal blieb ich sitzen, aus Faulheit.

Erst in Papua Neuguinea habe ich begriffen, was Lernen bedeutet.

Es ist ein Recht, das vielen begabten Menschen verweigert wird.

Es ist ein Geschenk, das Türen und Wege öffnet.

Es ist eine Pflicht, denn jedes Talent kommt von Gott und er wird von mir Rechenschaft fordern, wie ich seine Gaben genutzt habe.

 

Liebe Schüler, liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Ich könnte noch von anderen Menschen in Papua Neuguinea erzählen, nicht nur Arme, auch Reiche, und natürlich gibt es auch Frauen in meiner Gemeinde und Arbeit.

Aber ich dachte bei der Vorbereitung an die kleine Maus und die lange Predigt, die beide für die Katz´ sind. Und hoffentlich war das heute auch keine Kaulquappenpredigt, kleiner Kopf und nie endender Schwanz.

 

Franz von Assisi hat am Besten verstanden, was eine gute Predigt ist. Er sagte: „Verkünde immer das Evangelium, wenn nötig auch mit Worten.“

Meine Predigt wird dann gut, wenn wir leben was uns gelehrt wurde.

Am besten, du selbst wirst für andere zu einer guten Predigt, nicht durch Worte, sondern durch ein Leben, das glaubhaft von Gott spricht. Amen

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